Ukrainische Milizen wollen "parallelen Generalstab"

Zur Stärkung der bröselnden Kampfmoral sollen Soldaten und Freiwillige mehr Geld für Kampfeinsätze erhalten

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Schwere Kämpfe finden um die Stadt Debaltseve statt, die die Separatisten ebenso einnehmen wollen wie die Region um den bereits eroberten Flughafen von Donezk, um die im Minsker Abkommen vorgesehene Demarkationslinie zu begradigen. Die ukrainischen Streitkräfte haben sich inzwischen 1,5 km vom Flughafen zurückgezogen, wie das Verteidigungsministerium meldet, weil der zerstörte, lange verteidigte Flughafen angeblich keinen strategischen Wert mehr besitzt.

Zurückgerudert ist das ukrainische Militär mit Behauptungen, dass russische Einheiten im Donbas kämpfen würden. Man habe Beweise für die Beteiligung von russischen Soldaten und Bürgern am Konflikt, sagte der Chef des Generalstabs Viktor Muzhenko gestern, aber man kämpfe nicht gegen russische Einheiten: "Wir haben Beweise über einzelne Angehörige der russischen Streitkräfte und Bürger der Russischen Föderation, die ein Teil der illegalen bewaffneten Gruppen in Kampfaktivitäten sind. Gegenwärtig führen wir keine Kampfoperationen gegen Einheiten der regulären russischen Armee aus."

Offenbar gibt es wachsenden Widerstand gegen die Rekrutierung in der Ukraine. Präsident Poroschenko hat angeordnet, dass die Eingezogenen nicht in die Kämpfe geschickt werden sollen. Um die offensichtlich bröckelnde Kampfmoral zu stärken, erhalten die Soldaten und Milizen an der Front einen Aufschlag von 1000 UAH (55 Euro) pro Tag, den sie in Kämpfen verbringen. 48.000 gibt es für einen zerstörten Panzer der Separatisten und 121.000 für ein zerstörtes Flugzeug. Das weist darauf hin, dass die Angst wächst, dass die Separatisten Flugzeuge besitzen und einsetzen könnten.

In der Rada wurde ein Gesetzentwurf von der Volksfront eingebracht, der es Kommandeuren erlauben würde, gegen untergebene Soldaten in bestimmten Fällen und während einer bestimmten Zeit die Waffe richten zu können. So sollen etwa in Kampfsituationen Soldaten unter Androhung von Gewalt zum Gehorsam gebracht werden. Auch wenn diese illegale Handlungen wie Plünderungen begehen, was nicht ganz selten zu sein scheint, soll so härter eingeschritten werden können. Auch den Alkoholkonsum will man so einschränken. Mehr als 10.000 Soldaten sollen desertiert sein. Auch die Mobilisierung trifft auf Schwierigkeiten, viele Menschen entziehen sich durch Wegzug. Für Poroschenko verläuft die Mobilisierung allerdings wie geplant, zudem hätten sich 2500 freiwillige "Patrioten" gemeldet.

Vermutlich werden an der Front bald nur noch Milizen kämpfen. Bei diesen hat sich schon lange Unmut über die militärische Führung entwickelt, der sie sich nicht mehr unterordnen wollen. Auch wenn gerne der Einfluss der rechten Nationalisten in der Ukraine kleingeredet wird, so sind sie zwar nicht direkt durch die Wahlen gestärkt worden, aber weiterhin präsent, auch in den Regierungsparteien wie der Volksfront. Und die Milizen haben tausende Mitglieder, die nun bewaffnet sind und eine reale Macht im Staat darstellen.

Das machte auch Dmitri Jarosch, der Chef des Rechten Sektors, klar, der gerade verletzt in einem Krankenhaus behandelt wird. Er sagte, er habe den Flughafen von Donezk, den seine Leute, gerne "Cyborgs" genannt, verteidigt hatten, in die Luft gesprengt, sei aber vom Militär daran gehindert worden. Er erklärte, dass es nur wenige fähige Menschen bei den Generälen gebe, so dass die Freiwilligen andere Wege finden müssten. Zudem meinte er schon mal, dass er zu einer Sitzung der Rada mit einer Granate kommen werde. Er fühle sich in der Nähe einiger Abgeordneter mit einer Waffe sicherer.

Jarosch drohte auch damit, einen "parallelen Generalstab" für die Milizen und einige Einheiten der Armee einzurichten, weil es einen Mangel an guten Generälen gebe. Wenn es in den Streitkräften keine Verbesserung gebe, dann werde man diesen parallelen Generalstab aufbauen, der mit dem Generalstab kooperieren soll, "aber seine eigenen Entscheidungen trifft". Der alternative Generalstab würde neben den Milizen auch Unterstützung von vielen Einheiten der Streitkräfte erhalten, der Aufbau finde bereits statt.

So könnte auch die Westukraine weiter zerfallen, was sich schon andeutete, als die Zentralregierung davor zurückscheute, die bewaffneten Sicherheitskräfte des Maidan, allen voran den Rechten Sektor, zu entwaffnen, und schließlich angesichts des Zustands der Streitkräfte nach Ausrufung des militärischen Vorgehens gegen die Separatisten, genannt Antiterroroperation (ATO) die Milizen legalisiert, die nicht in die Nationalgarde eintreten wollten. Dazu kommen wachsende Proteste in Kiew und anderswo gegen die Sparmaßnahmen der Regierung, die vor allem die kleinen Leute treffen.

Heute soll in Minsk wieder ein Treffen der Kontaktgruppe unter Einbeziehung der Separatisten stattfinden. Moskau dringt darauf, dass Vereinbarungen zwischen Kiew und den Separatisten ausgehandelt werden müssen. Die Separatisten legen die Latte schon einmal für einen Waffenstillstand hoch. Den soll es nur geben, wenn die Ukraine die "ökonomische Blockade" beendet, also beispielsweise wieder Renten an die Menschen in den "Volksrepubliken" überweist.

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