Ukrainischer Kommandeur räumt "Pattsituation" ein: Was nun?
Seite 2: Unterstützung in USA nimmt ab
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Im US-Medium Responsible Statecraft analysierte David Sacks letzte Woche, welche dieser Befürchtungen sich bewahrheitet haben: Die maximalistischen Kriegsziele der Ukraine sind unrealistisch. Der lange Krieg hat Selenskyjs Armee dezimiert. Kiews Wehrpflichtpolitik wird immer drakonischer. Die Moral im Lande bricht zusammen. Und die Korruption in der Regierung verbreitet sich zunehmend.
Die sich verändernde Dynamik im Land und auf dem Schlachtfeld geht einher mit der nachlassenden Unterstützung durch die wichtigsten internationalen Geberländer der Ukraine. Im Artikel konzentriert sich Shuster in erster Linie auf Washington, wo die Abneigung gegen die Finanzierung Kiews – vor allem seitens der Republikaner im Kongress – in den letzten Monaten stetig zugenommen hat und sich der Schwerpunkt mit dem Ausbruch des Krieges im Nahen Osten schnell von Europa weg verlagert hat.
Die neue Strategie der Biden-Regierung, die die Unterstützung Kiews als gut für die US-amerikanische Wirtschaft darzustellen und die nächste Tranche der Hilfe mit einer Reihe anderer politischer Prioritäten zu kombinieren, zeigt, dass die Kriegsbemühungen der Ukraine nicht mehr die gleiche politische Kraft haben wie früher.
Auch die öffentliche Meinung in den Vereinigten Staaten hat sich tendenziell von der Hilfe für die Ukraine abgewendet.
"Die öffentliche Unterstützung für die Hilfe an die Ukraine ist in den USA seit Monaten rückläufig, und Selenskyjs Besuch hat nichts dazu beigetragen, sie wiederzubeleben", heißt es in dem Time-Artikel.
Laut einer Reuters-Umfrage, die kurz nach Selenskyjs Abreise [von einem Besuch in Washington im September] durchgeführt wurde, wollen 41 Prozent der US-Amerikaner, dass der US-Kongress mehr Waffen an Kiew liefert, gegenüber 65 Prozent im Juni, als die Ukraine eine große Gegenoffensive startete.
Wie Anatol Lieven vom Quincy Institute bereits vor über einem Jahr argumentierte:
Jede Friedensinitiative wird von den Vereinigten Staaten ausgehen müssen. (...) Die Fähigkeit der ukrainischen Regierung zu verhandeln, wird durch die (verständliche) Wut über die russische Invasion und die russischen Gräueltaten, durch den Druck der ukrainischen Hardliner, vor allem im Militär, und mehr und mehr auch durch die eigene Rhetorik der Regierung beeinträchtigt, die die Ukraine auf Ziele (wie die Rückgewinnung der Krim) festlegt, die nur durch einen totalen militärischen Sieg über Russland erreicht werden könnten.
Selenskyjs Zögern, eine diplomatische Lösung mit der Invasionsmacht anzustreben, ist verständlich und wird sich ohne die Unterstützung Washingtons nur schwer ändern lassen. Die vom Magazin Time dargelegten, immer deutlicher werdenden Realitäten des Krieges könnten die Biden-Regierung jedoch dazu veranlassen.
Der Artikel erscheint in Kooperation mit dem US-Magazin Responsible Statecraft und findet sich dort im englischen Original. Übersetzung: David Goeßmann.