Umfragen: Union trudelt auf unter 20 Prozent

Bild: Dirk1981/ CC BY-SA 4.0

Kurz vor der Wahl - Die CDU trommelt zur Wende: "Wir brauchen jetzt ein Thema, ähnlich wie die Grünen das Klima haben"

CDU und CSU rutschen bei Forsa unter 20 Prozent. In Bayern, wo früher "40 oder gar 50 plus Prozent" als Ziel ausgegeben wurde, weisen erste Umfragen auf ein Absacken unter 30 Prozent hin.

Der Union geschieht nun, was viele voraussagten: Wie zuvor die SPD trudelt die Volkspartei CDU und ihr kleines bayerisches Geschwister kontinuierlich nach unten. Wann und wo der Fall stoppt, weiß keiner. Es bleiben nur mehr 17 Tage für das "Zukunftsteam" mit Friedrich Merz, um eine Trendwende für den Kandidaten Laschet herbeizuführen. Medienberichte protokollieren genüsslich, dass sich Ideen für einen Umkehrschub rarmachen:

"Wir brauchen jetzt ein Thema, ähnlich wie die Grünen das Klima haben", sagte Reul. Zugleich zeigte er sich überzeugt davon, "dass uns das in den nächsten Tagen gelingt".

Spiegel

Die Lage in diesem Wahlkampf kann sich sehr verändern, wie es die Cicero-Sonderausgabe zur Bundestagswahl vorführt. Dort wird auf der ersten Seite unter "Epochenwechsel" mit der Verblüffung einer jungen Wählergeneration darüber gespielt, dass die SPD "tatsächlich mal in der Lage war", einen Kanzler zu stellen.

Seit der Drucklegung des Heftes ist einiges passiert. Die angesprochene junge Generation dürfte sich, soweit sie Umfragen liest, augenblicklich nicht sehr darüber wundern, dass SPD-Kanzlerkandidat Scholz ernsthafter Favorit für das Amt ist. "Scholz profitiert eindeutig von der Schwäche der beiden anderen Kandidaten", so Forsa-Chef Manfred Güllner.

Geht es nach Güllner, so läuft der Union jetzt die Zeit davon; die Wahrscheinlichkeit einer Trendumkehr bei der Union werde von "Tag zu Tag geringer". Der Forsa-Chef sieht die Ursachen für die Wählerabwanderung, die sich in den Umfragen zeigt - neuerdings offenbar auch dabei: CDU-Wähler, die zur SPD wandern -, im Personal, allen voran beim Kandidaten Laschet.

Unfähigkeit und Korruption

Das ist der gängige Fingerzeig, den man von Umfrageinstituten auch erwartet. Sehr viel weiter und schärfer holt dazu der YouTuber Rezo aus. In seinem Video "Inkompetenz" führt er das "Scheitern und Verkacken, Respektlosigkeiten und Unwahrheiten der Bevölkerung gegenüber, das Verschwenden von Hunderten Millionen von Steuergeldern" und vieles mehr vor, das in eine für die Union in dieser Deutlichkeit ungewohnte Richtung läuft, nämlich zum Vorwurf, dass man es hier mit einer Partei zu tun hat, die in einem Sumpf aus Korruption und Unfähigkeit steckt.

Bei der CDU würden die krassen Fälle am deutlichsten auftreten, so der YouTuber zu Beginn seines Videos. Wie viele der von Cicero erwähnten "jüngeren Generation" sich von Rezos Analyse und Sprachstil angesprochen fühlen, ist unbekannt. Aber dass eine gewisse Reichweite vermutet werden kann, darauf deuten die mittlerweile über fünf Millionen Aufrufe des Videos. Gegenüber den hart aufgetischten Argumenten wie auch den ausgebreiteten "Fails", z.B. Massentierhaltung, Autobahnmaut und Digitalisierung, hat man aus den Reihen der Union keine gleichwertige Gegenrede vernommen.

Keinen Minister zum Vorzeigen

Vielleicht weil es ihr nicht möglich ist, vielleicht aber auch, weil man derartigen Vorwürfen, auch wenn sie dokumentiert werden können, nichts Substantielles entgegensetzen kann, außer den Verweis, dass die Dinge den Umständen entsprechend so liefen und so laufen mussten ("weiter so"), wenn man als sich Partei versteht, die sich hauptsächlich an Unternehmerinteressen orientiert und sich von ihnen abhängig macht?

Rezo nennt die Unions-Minister Julia Klöckner, Andreas Scheuer als besonders pro-aktive Kräfte hinter besonders auffälligen Skandalen. Er ist damit nicht der einzige. Selbst aus einem eher konservativen Milieu war zuletzt in sozialen Netzwerken die Klage zu lesen, dass die CDU/CSU nicht nur keinen guten Kanzlerkandidaten stellen kann, der vom Bonus seiner Vorgängerin profitieren könnte. Fast schwerer wiege, dass sie auch keine Ministerin und keinen Minister präsentieren kann, mit der oder dem man im Wahlkampf punkten könnte.

"Für Rot-Grün reicht es hinten und vorne nicht"

Indessen rechnet man im unternehmerfreundlichen Lager aus, dass es für Rot-Grün "hinten und vorne" nicht reicht. "399 Sitze braucht man laut Forsa zur Kanzler-Werdung. Rot-Grün schafft derzeit nur 366 Sitze", so Gabor Steingart, der dem noch eins draufsetzt:

Einem rot-grün-roten Bündnis fehlt nicht nur die wirtschafts- und finanzpolitische Vernunft, sondern auch die gesellschaftliche Akzeptanz. Mit 418 Mandaten ließe sich eine solche Regierung bilden, aber keine stabile.

Gabor Steingart

Ob das der CDU/CSU neue Ideen für den Wahlkampf eingibt - außer es noch einmal mit der Angst vor RRG zu versuchen?