Ungleichheit und Volksgesundheit: Es ist mehr Prävention nötig

Seite 2: Lebensstilbedingte chronische Krankheiten weltweit verbreitet

Aus Publikationen der WHO aus 2010 ergibt sich, dass diese auch NCD genannte Krankheitsgruppe mittlerweile weltweit für ca. 63 Prozent und in den wohlhabenden Ländern für bis zu 90 Prozent aller Todesfälle verantwortlich zu machen ist.16

In einer Veröffentlichung in Vorbereitung auf die 2011 in New York durchgeführte globale wissenschaftliche UN-Konferenz über die Bedeutung der NCD kamen die Autoren zu dem Ergebnis, dass fast 70 Prozent der Todesfälle in Ländern mit hohem Einkommen auf Risikofaktoren zurückgehen, die mit dem tödlichen Quartett zusammenhängen17:

  1. Rauchen (18 Prozent der TF)
  2. Bluthochdruck (17 Prozent)
  3. Fehlernährung mit Adipositas (8 Prozent)
  4. Bewegungsmangel (8 Prozent)
  5. Blutzuckererhöhung (7,0 Prozent)
  6. Cholesterinerhöhung (6 Prozent)
  7. Wenig Obst und Gemüse (2,5 Prozent)
  8. Luftverschmutzung (2,5 Prozent )
  9. Alkoholmissbrauch (2 Prozent)
  10. Berufliche Risiken (1 Prozent)

In einer Reihe von Ländern mit mittlerem Einkommen, den so genannten Schwellenländern, hat sich inzwischen eine vergleichbare Situation entwickelt.

Weltweit sind eine größere Zahl von prospektiven Studien über den Zusammenhang von Lebensstilfaktoren einerseits und Morbidität und Mortalität chronischer Krankheiten andererseits veröffentlicht worden, die alle gezeigt haben, dass ein gesunder Lebensstil ein hohes Potenzial zur Prävention chronischer Krankheiten aufweist.18

Eine der überzeugendsten Untersuchungen wurde 2009 auf der Basis der Potsdamer Daten der europäischen Epic-Studie an mehr als 23.000 Teilnehmern im Alter von 35 bis 65 Jahren durchgeführt.19

Ziel dieser Studie war die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen vier gesundheitsförderlichen lebensstilbedingten Schutzfaktoren (Nie-Rauchen, BMI kleiner als 30 kg/m2, regelmäßige körperliche Aktivität von mindestens 3,5 Std. pro Woche und eine gesunde Ernährung, d.h., viel Obst und Gemüse, Vollkornprodukte und wenig Fleisch) und dem Auftreten von Diabetes mellitus Typ 2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall und Krebskrankheiten. Die vier Schutzfaktoren wurden zu einem Index von 0 bis 4 aufsummiert.

In der Beobachtungszeit von etwa 8 Jahren verminderte sich das Erkrankungsrisiko kontinuierlich und drastisch in Abhängigkeit der Anzahl der festgestellten Schutzfaktoren. Teilnehmer mit vier günstigen Faktoren wiesen ein um 78 Prozent geringeres Risiko für die Entwicklung der genannten chronischen Krankheiten auf!

Und ganz aktuell ist in der Schweizer Onlinezeitung Infosperber ein Artikel der Medizin-Journalistin und Ärztin Martina Frei erschienen, in dem gezeigt wird, wie Frauen fast zehn gesunde Lebensjahre mehr herausholen können.20

Der Beitrag berichtet über eine große britische Studie, die untersucht hat, welchen Unterschied es bei Frauen und Männern macht, ob jemand gesund lebt oder nicht.21 Studienteilnehmende, die in acht Punkten sehr gut abschnitten, lebten demnach deutlich mehr Jahre ohne Herzinfarkt, Schlaganfall, Demenz oder Diabetes als Vergleichspersonen, die ein eher ungesundes Leben führten.

Die acht Faktoren sind:

  1. genügend Bewegung (idealerweise mindestens 150 Minuten pro Woche),
  2. keinen Tabak, kein Nikotin,
  3. genügend Schlaf (sieben bis neun Stunden pro Nacht),
  4. ein gesunder Body-Mass-Index, d. h., keine Adipositas,
  5. normaler Blutdruck,
  6. gute Blutzuckerwerte,
  7. gute Cholesterinwerte und
  8. eine gesunde Ernährung im Sinne der "Dash-Diät".

Bei Letzterer handelt es sich streng genommen nicht um eine klassische Diät, sondern um eine Ernährungsumstellung auf eine fett- und cholesterinarme und salzreduzierte Ernährung mit einem hohen Anteil an Obst und Gemüse und wenig rotem Fleisch, die für die Prävention von chronischen Herzerkrankungen wie der KHK entwickelt wurde.

Gesunde Frauen im Alter von 50 Jahren, die bei diesen acht Faktoren maximal punkteten, hatten gemäß der Studie durchschnittlich noch 33,6 weitere Lebensjahre ohne Herz-Kreislaufkrankheiten, Diabetes, Demenz oder Krebs vor sich. 9,4 Jahre weniger waren es bei den Frauen, die von den acht Faktoren nur wenig beherzigten.

Gesunde 50-jährige Männer konnten mit gesunder Lebensweise im Sinn dieser acht Faktoren statistisch noch 28,4 weitere, gesunde Lebensjahre herausholen. 21,5 gesunde Lebensjahre waren es hingegen, wenn sie gemäß den erwähnten Faktoren ungesund lebten.

Das Fazit der Studie, die in "Jama Internal Medicine" veröffentlicht wurde22: Eine gesunde Lebensweise ist bei beiden Geschlechtern mit einem rund fünf bis sechs Jahre längeren Leben verknüpft. Vor allem aber erhöht sie den Anteil der gesund verbrachten Lebensjahre und vermindert die Jahre, in denen Krebs, Herz-Gefäßkrankheiten, Demenz oder Diabetes die Lebensqualität reduzieren.

Somit besteht heute kein ernstzunehmender Zweifel mehr daran, dass es mit Hilfe eines gesundheitsförderlichen Lebensstils gelingen kann, die oben genannten chronischen Krankheiten, die vor allem mit dem tödlichen Quartett zusammenhängen, weitgehend zu vermeiden.

Durch Lebensstiländerungen wie der Beendigung des Rauchens, einer fett- und energiearmen Ernährung, mit der man Übergewicht vermeiden bzw. abbauen kann, und einer regelmäßigen körperlichen Aktivität lassen sich wahrscheinlich mindestens die Hälfte aller Todesfälle aufgrund der oben genannten chronischen Krankheiten vermeiden.23

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