Union Busting bei Gorillas geht weiter

Streikaktion bei Gorillas im vergangenen Sommer. Foto: FAU Berlin / CC-BY-4.0

Der Lieferdienst Gorillas stemmt sich noch immer gegen die Wahl eines Betriebsrats und greift dafür tief in die Trickkiste

Der Essenslieferdienst Gorillas verspricht bessere Arbeitsbedingungen für seine Beschäftigten – gegen den neu gewählten Betriebsrat geht das Management allerdings per Gericht vor. "Nach unserer Rechtsauffassung war die Betriebsratswahl aufgrund diverser schwerwiegender Fehler unwirksam", bestätigte eine Sprecherin kürzlich gegenüber dem Magazin "Gründerszene". Das Unternehmen beruft sich dabei darauf, dass bei der Wahl nicht klar gewesen sei, für welchen Betrieb gewählt werden solle. Nun wolle man nur für alle Beteiligten Klarheit schaffen und fechte deshalb die Wahl an.

Dieses Vorgehen ist durchschaubar und hat offensichtlich das Ziel, die Betriebsratswahl im Nachhinein noch zu vereiteln. Der Rechtsanwalt Martin Bechert, der viele Gorillas-Fahrer vertritt und die Gründung des Betriebsrats begleitet, schreibt: Das Management habe zum 1. Oktober das operative Geschäft in eine extra Gesellschaft ausgelagert und den Wahlvorstand zunächst nicht unterrichtet.

Ausgelagerte Mitarbeiter

Das Unternehmen hat in den vergangenen Wochen seine Struktur verändert: Zunächst wurden die Fahrer und alle anderen Mitarbeiter aus den Warenlagern in eine eigene Gesellschaft ausgelagert, in die Gorillas Operations GmbH & Co KG. Die Angestellten aus der Firmenzentrale verbleiben in der Gorillas Technologies GmbH, die aber in eine Holding mit Sitz in den Niederlanden umgewandelt werden soll.

Eine solche Firmenkonstruktion wird von Gewerkschaften immer wieder kritisiert, da mit ihr das deutsche Mitbestimmungsrecht ausgehebelt wird. Darüber hinaus wurde ein Franchisemodell installiert, in dem einzelne Warenlager, sogenannte Dark Stores, in GmbHs umorganisiert werden. Bechert berichtete von weiteren Knüppeln, die dem Wahlvorstand vom Unternehmen zwischen die Beine geworfen wurden – obwohl immer wieder öffentlich bekundet wurde, das Unternehmen wolle den Wahlvorstand unterstützen.

Bei einer ganzen Reihe von Mitarbeitern sei dem Wahlvorstand zum Beispiel nicht mitgeteilt worden, welches Geschlecht die Beschäftigten haben. Bei den leitenden Angestellten sei nicht erklärt worden, "welche Funktionen und Befugnisse sich hinter den fantasievollen Jobtiteln eigentlich verbergen". Ein Mitglied des Wahlvorstandes hätte sogar bei dessen Tagung einen Anruf von der Firmenleitung bekommen, bei dem eine Frau erklärte: Er sei gefeuert.

Bessere Ausstattung versprochen

Anfang Dezember hatte das Unternehmen dann erklärt, die Arbeitsbedingungen der Fahrer verbessern zu wollen. Noch bevor die neue Bundesregierung den Mindestlohn auf zwölf Euro anhebt, soll dieser Stundenlohn für sie gelten – und zwar ab Januar 2022. Den Fahrern wurde auch eine bessere Ausstattung versprochen: neue Winterjacken, Handschuhe, Powerbanks, Sicherheitsbrillen und Nackenwärmer. So die offizielle Verlautbarung des Unternehmens, was am Ende den Beschäftigten wirklich zur Verfügung stehen wird, muss sich noch zeigen.

Die Arbeitsbedingungen bei den Lieferdiensten hat nun auch die Europäische Kommission auf den Plan gerufen. Sie will Ordnung in das Dickicht aus hunderten Urteilen nationaler Gerichte bringen. Dabei geht es der EU-Kommission auch um die Frage, wer bei einem Plattformbetreiber angestellt und wer selbstständig ist.

"Plattform-Arbeiter verdienen das gleiche Maß an Schutz wie jeder andere in der Europäischen Union", erklärte der Vizepräsident der EU-Kommission, Valdis Dombrovksis. Er präsentierte einige Regeln, anhand derer künftig über den Status als Arbeitnehmer entschieden werden soll. Zu den Kriterien gehört unter anderem, ob die Arbeit elektronisch überwacht wird; ob es verbindliche Regeln für das Erscheinungsbild oder das Verhalten gegenüber den Kunden gibt; und ob die Plattform ihren Beschäftigten die Wahl bei der Arbeitszeit und der Ablehnung von Aufgaben lässt.

Es war nicht anders zu erwarten: Die Lieferdienste zeigten sich alles andere als begeistert von den Plänen der EU-Kommission.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.