"Urlaub in Kurdistan"?

Seite 5: Ein Besuch im Camp "Al-Hol - Kann der IS wieder "auferstehen"?

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Von al-Hasaka aus machten wir uns, Kim und ich, auf den Weg nach Al-Hol. Al-Hol ist eine kleine Stadt- im Gouvernement Al-Hasaka, im Nordosten Syriens, wo sich auch das Flüchtlingslager "al-Hol" befindet.

Wenn Rami Abdul Rahman, Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) in Großbritannien, über Al-Hol" redet, spricht er von einem "zweiten islamischen Staat al-Hol". Denn in diesem Camp leben viele Angehörige und Familienmitglieder der IS-Kämpfer aber auch andere Flüchtlinge, die mit dem IS sympathisieren.

"Wenn sich alle Insassen, die sich dort befinden zusammenschließen und die Sicherheitsposten der von Kurden angeführten SDF angreifen würden, könnten sie sich selbst befreien und sehr einfach in die Türkei gelangen", sagte Abdul Rahman bei einer gemeinsamen Pressekonferenz von der SOHR und der GfbV in Berlin im März 2019.

Im Jahre 2011 gelangten tausende Dschihadisten aus aller Welt über die Türkei nach Syrien, um einen "heiligen islamischen Krieg" zu führen. Erdogan könnte sie wieder über die Türkei passieren lassen, so wie er damals auch diese Leute aus Deutschland und Europa nach Syrien passieren ließ. Erdogan könnte Deutschland und Europa mit diesen Dschihadisten genauso erpressen, wie er es mit den syrischen und anderen Flüchtlingen macht. Das ist eine große Gefahr sowohl für die Menschen vor Ort als auch für die Menschen in Deutschland und in Europa.

IS-Anhänger warten auf eine "Aufnahme" in ihren Ursprungsländern, Al-Hol-Camp, 15. April 2019. Foto: Kamal Sido

Als ich mit Rami Abdul Rahman Mitte März dieses Jahres in Berlin war und Gespräche mit Politikern führte, forderten wir unter anderem die deutsche Bundesregierung dazu auf, "ihre Leute" aus Syrien zurückzuholen. Damit meine ich deutsche Staatsbürger, die wahrscheinlich legal mit deutschen Pässen über die Türkei nach Syrien gegangen sind, gekämpft und sich wahrscheinlich an Kriegsverbrechen, wie an den Yeziden, beteiligt haben.

Diese Leute müssen zurückgeholt werden und wenn genug Beweise vorhanden sind, vor Gericht gestellt werden. Das gilt auch für Frankreich und andere Staaten. Es kann nicht sein, dass man diese Leute nach Syrien gehen lässt, aber nicht wiederhaben will.

Wie bereits erwähnt wurde, glauben viele Menschen in Syrien, dass dieser "Dschihad-Tourismus" Teil eines großen "Plans" war, der unter den Augen der Behörden in den NATO-Staaten gelaufen ist. Nach UN-Angaben sollen mindesten 40.000 Islamisten aus 110 Ländern, vor allem über die Türkei nach Syrien und den Irak gegangen sein, um für "die Sache des Islams" zu kämpfen.

In der syrischen Provinz Idlib befinden sich unter den Augen des türkischen Militärs nach verschiedenen Schätzungen immer noch 15.000 bis 30.000 ausländische Dschihadisten. Wer für diesen Dschihad-Tourismus verantwortlich ist, kann ich nicht genau sagen.

Ein Untersuchsuchungsausschuss zum Beispiel im Deutschen Bundestag oder im Europäischen Parlament könnte herausfinden, ob diese Behauptungen Hand und Fuß haben oder nur "Verschwörungstheorien" sind. In jedem Fall dürfen Deutschland und andere NATO-Staaten die syrischen Kurden bei der Bewältigung dieser Frage nicht im Stich lassen.