VW-Sparmaßnahmen sind laut CDU-Chef Merz ein "wirtschaftspolitischer Weckruf"
Merz sieht Weckruf für die Regierung. Deutschland verliert an Wettbewerbsfähigkeit. Droht nun eine Welle von Werksschließungen in der Autoindustrie?
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat die verschärften Sparpläne von Volkswagen (VW) als "wirtschaftspolitischen Weckruf" für die Bundesregierung bezeichnet. "Deutschland ist nicht mehr wettbewerbsfähig genug", kritisierte Merz auf einer CDU-Veranstaltung in Osnabrück.
Nicht nur die Autoindustrie, sondern auch die Chemie und der Maschinenbau seien in Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig genug. Dafür machte er hauptsächlich die politischen Rahmenbedingungen verantwortlich.
VW sei vom Vorstand zum "Sanierungsfall" erklärt worden, sagte Merz laut Deutscher Presse-Agentur (dpa). Das habe der Bundesregierung endgültig gezeigt, wo Deutschland stehe. Es gehe nicht um eine konjunkturelle Frage des Weltmarkts.
Zuvor hatte Volkswagen mitgeteilt, dass die Kernmarke VW im Rahmen eines Sparprogramms Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr ausschließt. Damit verabschiedet sich der Konzern von seiner bisherigen Tradition und riskiert eine Konfrontation mit den Gewerkschaften.
VW-Sparmaßnahmen spiegeln Krise der europäischen Autoindustrie wider
Experten gehen davon aus, dass die Maßnahmen von VW den Startschuss für eine breitere Bereinigung in der krisengeschüttelten europäischen Automobilindustrie geben werden. Europa hat Schwierigkeiten, mit chinesischen Konkurrenten und Tesla bei Elektroautos mitzuhalten.
Mehr als 30 Fabriken von Herstellern wie VW, Stellantis und Renault werden wegen sinkender Verkaufszahlen auf einem Niveau betrieben, das Analysten laut Bloomberg für unrentabel halten. Dazu gehört auch das Stammwerk von VW in Wolfsburg.
Anders als in den USA hatte die Autoindustrie in Europa nach der Finanzkrise weiter auf hochpreisige Werke gesetzt. Die massiven Investitionen für den Umstieg auf Elektroautos, der Wegfall billiger russischer Energie und die schwindenden Aussichten in China bedeuten das Ende dieser Ära.
Stellantis meldete für das erste Halbjahr 2024 einen Gewinneinbruch um fast die Hälfte, und bei Renault wird angesichts der Flaute bei Elektroautos über eine europaweite Zusammenlegung von Vermögenswerten nachgedacht.
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VW-Sparmaßnahmen erhöhen Druck auf Belegschaft und Politik
VW-Chef Oliver Blume erhöht mit den geplanten Kürzungen den Druck auf Betriebsrat und Politik. Die oberste VW-Arbeitnehmervertreterin Daniela Cavallo kündigte Widerstand an. Sie werde nicht zulassen, dass Volkswagen den Standort Deutschland ausverkaufe.
Der SPD-Wirtschaftsexperte Bernd Westphal zeigte sich "zutiefst besorgt". Werksschließungen und Stellenabbau seien angesichts der Herausforderungen keine überzeugende Strategie. Die Kürzungen seien ein weiterer Schlag für die stagnierende deutsche Wirtschaft und gefährdeten die Existenzgrundlage vieler Kommunen.
Das bedroht die Existenz zehntausender Arbeitnehmer in Europa, wie Maurizio Sabatino. Der Belgier mit italienischen Wurzeln hat den Aufstieg und Fall des VW-Werks in Brüssel miterlebt. "Wir waren die Pioniere bei der Produktion von Elektroautos in Europa", sagt Sabatino laut Bloomberg. "Aber es ist zu einem Desaster geworden."
VW-Chef Blume sieht dennoch keine Alternative zu einem aggressiveren Vorgehen. Der Standort Deutschland verliere weiter an Wettbewerbsfähigkeit, so Blume.