Venezuela: Zweitagewoche für den öffentlichen Dienst

Guri-Wasserkraftwerk. Bild: Fadi. Lizenz: CC BY-SA 2.0

Die Opposition macht macht die Regierung für die Stromknappheit verantwortlich - die schiebt die Schuld auf El Niño

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Aristobulo Isturiz, der stellvertretende Präsident von Venezuela, verkündete gestern in einer Fernsehansprache die Zweitagewoche für den öffentlichen Dienst. Die wird allerdings nicht deshalb eingeführt, weil die dort beschäftigten Beamten so wenig zu tun haben oder weil die öffentlichen Kassen des Landes nicht wissen, wie sie ihr Geld ausgeben sollen, sondern wegen der aktuell herrschenden Stromknappheit, die dazu führte, dass es in der Hälfte des Landes täglich mehrere Stunden lang keine Elektrizität gibt - außer, man hat einen privaten Generator oder eine Solaranlage.

Bis auf weiteres arbeiten die Behörden in Venezuela deshalb nur noch Montags und Dienstags. Außerhalb dieser beiden Arbeitstage gibt es nur einen Notdienst. Lehrer müssen von Montag bis Donnerstag arbeiten - am Freitag werden sie zusammen mit ihren Schülern in ein verlängertes Wochenende geschickt. Für Verwaltungsbeamte gilt diese Wochenendregelung bereits seit vier Wochen, außerdem wurde ihre tägliche Arbeitszeit Anfang April auf sechs Stunden gesenkt.

Diese Maßnahmen sollen dafür sorgen, dass weniger Klimaanlagen laufen und weniger Strom verbraucht wird. Ob das klappt, hängt davon ab, wie die Beamten und Schüler ihre zusätzliche Freizeit verbringen: Am Strand - oder zuhause, vor der Spielkonsole, mit eingeschalteter Klimaanlage.

Guri-Wasserkraftwerk. Bild: Fadi. Lizenz: CC BY-SA 2.0

Schon in den letzten Jahren kam es in Venezuela immer wieder zu Stromknappheit: Vor sechs Jahren wurde der Strom dort jeden zweiten Tag bis zu vier Stunden abgeschaltet (vgl. Venezuela muss den Strom rationieren). 2011 versuchte die Regierung, den Stromverbrauch durch Preisdiskriminierung zu senken: Haushalte und Unternehmen, die ihren Verbrauch um mindestens zehn Prozent verringerten, bekamen ihren Strom billiger. Finanzieren mussten diesen Rabatt Verbraucher, die die Sparquote nicht erreichten.

Trotzdem kam es 2013 erneut zu einem großen Stromausfall, der Teile der Hauptstadt Caracas lahmlegte. Im letzten Frühjahr schickte das Land seine Beamten dann um 13 Uhr nach Hause (vgl. Energiesparfrei).

Opposition sammelt Unterschriften für Amtsenthebung

Das Wahlbündnis Mesa de la Unidad Democrática (MUD), das seit Dezember über eine Parlamentsmehrheit in der Präsidialrepublik verfügt, sieht die Ursache der sich wiederholenden Stromknappheit vor allem darin, dass die seit 1998 herrschenden Chavisten zu wenig Geld in die 2007 verstaatlichte Infrastruktur steckten. Die besteht vor allem aus Wasserkraftwerken, die bei niedrigem Wasserstand nur wenig oder keinen Strom liefern. Die Regierung das Staatspräsidenten Nicolás Maduro von der chavistischen Partido Socialista Unido de Venezuela (PSUV) macht deshalb das Klimaphänomen El Niño verantwortlich.

Die neuen Stromausfälle treffen ein Land, das in einer tiefen Rezession steckt: Im Januar rief die Regierung angesichts eines um zehn Prozent gesunkenen Bruttoinlandsprodukts und der mit gut 140 Prozent weltweit höchsten Inflationsrate den "Wirtschaftsnotstand" aus.

Ein Grund dafür ist der stark gesunkene Preis für Öl - dem Rohstoff, mit dem 96 Prozent der Staatseinnahmen und vier Fünftel der Exporterlöse erzielt werden. Die Chavisten schafften es in mittlerweile 18 Jahren Regierungszeit nicht, die ehemalige Welser-Kolonie aus der fast totalen Abhängigkeit vom Ölpreis zu befreien und andere konkurrenzfähige Wirtschaftszweige zu entwickeln.

Die MUD sammelt deshalb Unterschriften für ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Staatspräsidenten. Nach ihren eigenen Angaben haben dafür bereits mehrere zehntausend Bürger unterschrieben. Bis Ende Mai müssen es mindestens 196.000 sein, damit in einem zweiten Schritt vier Millionen Unterschriften für das eigentliche Amtsenthebungs-Volksbegehren gesammelt werden können.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.