Verkehr verursacht fast ein Viertel der weltweiten CO2-Emissionen

Seite 2: Atomstrom statt Kohle

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Die britische Energieministerin Amber Rudd hat am 18. November den Kohleausstieg ihres Landes verkündet. Ab 2023 sollte die Kohleverbrennung heruntergefahren werden, bis 2025 alle Kohlekraftwerke stillgelegt werden. Damit wäre Großbritannien eines der ersten Industrieländer, das die Kohle komplett aus dem Energiesystem herausnehmen würde.

So überraschend und innovativ diese Ankündigung zunächst klingt, enthält Rudds Rede zur Neuausrichtung der britischen Energiepolitik jede Menge Brisantes. Denn an Stelle der Kohlekraftwerke ist keineswegs der Ausbau der erneuerbaren Energien geplant, sondern vor allem die Stromerzeugung aus Gas und Atomkraft.

Um die Abhängigkeit von Gasimporten zu reduzieren, will die Regierung die Schiefergasgewinnung fördern. 30 % des Stroms sollen zudem in Zukunft aus Atomkraftwerken kommen, neben Hinkley Point sollen neue AKW in Wylfa und Moorside gebaut werden. Gerade in Bezug auf die geplanten Atomkraftwerke liest sich der Anfang von Rudds Rede als reiner Hohn: "Wir wollen ein konsumentenbasiertes, auf Wettbewerb ausgerichtetes Energiesystem, das die Energiesicherheit in den Mittelpunkt stellt, und Familien wie Firmen versorgt. Wir wollen einen bis 2025 einen wettbewerbsbasierten Strommarkt, möglichst ohne Regierungsinterventionen, umsetzen."

Reaktoren von Hinkley Point A. Bild: Adrian Boliston /CC-BY-SA-2.0

Der AKW-Neubau Hinkley Point C ist nun das genaue Gegenteil von einem wettbewerbsbasierten Modell der Stromerzeugung, vielmehr wurden mit den Kraftwerbsbetreibern schon vor dem Bau Festpreise für den Strom ausgehandelt, die mehr als dem Doppelten des derzeitigen Börsenpreises entsprechen. Die EU-Kommission hat der Subvention zugestimmt. Der Guardian berichtete außerdem über eine Abfindung, die die britische Regierung den Betreibern EDF und der chinesischen Regierung zahlen müsse, falls das AKW nicht die vollen 35 Jahre am Netz bleiben sollte. Und auch bei der Entsorgung von radioaktiven Abfällen verspricht die Regierung einzuspringen, falls die Kosten eine bestimmte Schwelle überschreiten.

Die erneuerbaren Energien erwähnte Rudd bis auf die Offshore-Windenergie in ihrer Rede nicht einmal und letztere nur unter dem Aspekt, dass sie zu kostspielig sei. "Wir werden die Offshore-Windkraft nicht zu jedem Preis unterstützen." 10 GW neue Offshore-Windparks sollen ab 2016 ausgeschrieben werden, würden aber nur gebaut, wenn sie sich als kostendeckend erwiesen. Bereits im Sommer hat die britische Regierung die Solarförderung drastisch reduziert.

Die Kosten für die Entsorgung des Atommülls bleiben auch in Deutschland weiter Thema. In einer öffentlichen Anhörung des Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Energie wurde der Gesetzentwurf zur Haftung der Atomkraftwerksbetreiber am Montag kontrovers diskutiert. Ein Teil der Sachverständigen hält den Entwurf für verfassungswidrig, es liege ein ungerechtfertigter Eingriff in die Eigentumsfreiheit vor. Ein anderer Teil der Experten sieht die Finanzierung von Rückbau und Entsorgung noch immer nicht gesichert. Das Prinzip der Nachhaftung greife nicht mehr bei Insolvenz der Mutterkonzerne.

Atomkraftwerke und staatliche Subventionen sind ein Dauerbrenner, der gerade wieder in Ungarn aktuell ist. Die ungarische Regierung plant, den AKW-Standort Paks um zwei weitere Reaktoren zu erweitern. Da es sich um eine Investition des staatlichen Energiekonzerns handelt, prüft die Europäische Kommission nun, "ob ein privater Investor das Projekt zu vergleichbaren Bedingungen finanziert hätte oder ob Ungarns Investition eine staatliche Beihilfe darstellt". Unabhängig davon hat die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet, weil die Regierung den Bau der Reaktoren ohne transparentes Vergabeverfahren in Auftrag gegeben habe.

Soweit der Blick in die europäische Realpolitik kurz vor dem Pariser Klimagipfel. Allein die Herbststürme sorgten am vergangenen Mittwoch mit einem neuen Windstromrekord für positive Nachrichten. Die Einspeisung habe bei 32.600 Megawatt gelegen, berichtet der Netzbetreiber TenneT. Das Übertragungsnetz sei dabei aber auch an seine Grenzen gestoßen und bis zu 300 Megawatt abgeregelt worden.