Verkehrsprognose 2040: Deutschland bleibt Autoland

Säulendiagramm zum Individualverkeher und Locationmark

Zukunft der Mobilität in Deutschland bleibt fest in Autofahrerhand. Das zeigt die neue Verkehrsprognose 2040. Was das für Rad und Bahn bedeutet?

Damit die Mobilität von Bevölkerung und Wirtschaft auch in Zukunft ermöglicht wird und die Verkehrsinfrastruktur den zukünftigen Erfordernissen entsprechend entwickelt werden kann, muss ermittelt werden, wie viele Personen künftig mit welchen Verkehrsmitteln von wo nach wo wollen und welche Güter in welchen Mengen von wo nach wo transportiert werden sollen.

Für diese Prognose werden im Auftrag des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) im mehrjährigen Abstand Langfrist-Verkehrsprognosen erstellt. Diese sind empirische Grundlage für die Aufstellung und für die Überprüfung von Bundesverkehrswegeplänen.

Zudem nutzen auch die Länder, Regionen und Kommunen die Verkehrsprognosen des BMDV für eigene Prognosen in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich.

Ausgangslage für Verkehrsprognose 2040

Der aktuell gültige Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030 wurde vor acht Jahren unter der Regierung Merkel am 3. August 2016 vom damaligen Bundeskabinett beschlossen. Er umfasst Investitionen sowohl für Erhaltungs- bzw. Ersatzmaßnahmen als auch für Aus- und Neubauprojekte, soweit diese Schienen, Straßen sowie Wasserstraßen in Bundeszuständigkeit betreffen.

Grundlage des BVWP 2030 war die 2014 fertiggestellte Verkehrsprognose 2030 (VP 2030), welche eine unter den damals realistisch erscheinenden Randbedingungen absehbare Entwicklung der Verkehrsnachfrage ermittelt hatte.

Der BVWP als Plan der Bundesregierung findet seine gesetzliche Umsetzung in den drei Ausbaugesetzen für die Verkehrsträger "Bundesschienenwege", "Bundesfernstraßen" und "Bundeswasserstraßen.

BMDV

In den jeweiligen Anlagen finden sich dann die betreffenden Bedarfspläne, die abschließend festlegen, welche Verkehrsinfrastrukturprojekte in welcher Dringlichkeit geplant und aus dem Bundeshaushalt finanziert werden sollen.

Zentrale Punkte der Verkehrsprognose 2040

Die Verkehrsprognose 2040 will die jüngsten Entwicklungen in den Bereichen Mobilität und Logistik, aber auch die veränderten Rahmenbedingungen wie Bevölkerungswachstum, Auswirkungen der Energiewende und Folgen des Ukraine-Krieges berücksichtigen:

Bis 2040 wird der Verkehr in Deutschland zunehmen, besonders stark im Güterbereich. Im Vergleich zu 2019, dem letzten Jahr vor der Corona-Pandemie, steigt die Verkehrsleistung um rund ein Drittel – von 689 auf 905 Milliarden Tonnenkilometer. Auf der Schiene legt der Güterverkehr am stärksten zu (+35 Prozent). Der Lkw bleibt mit einem Plus von 34 Prozent das dominierende Verkehrsmittel, während Transporte per Wasserstraße zurückgehen.

Der Personenverkehr wird um rund 8 Prozent auf 1.323 Milliarden Personenkilometer in 2040 ansteigen. Auch hier wächst die Bahn am stärksten (+60 Prozent) vor dem Luftverkehr (+30 Prozent). Der Straßenverkehr geht gemessen an den Personenkilometern leicht zurück (-1 Prozent). Gemessen am Modal-Split bleiben Auto und Motorrad aber mit Abstand beliebtestes Fortbewegungsmittel in Deutschland. Zwei Drittel der Wegstrecke werden damit zurückgelegt.

Verkehrsprognose 2040

Die größten Wachstumspotenziale sieht die Prognose bei Gütern, die überwiegend auf der Straße transportiert werden. Dazu zählen die vom Onlinehandel induzierten Postsendungen (+86 Prozent), Sammelgüter (+56 Prozent) sowie industriell produzierte Nahrungs- und Genussmittel (+30 Prozent).

Zusätzlich führen Investitionen in den klimaneutralen Umbau von Wohngebäuden zu einem anwachsenden Baustellenverkehr, bei dem die Anlieferung nicht mit Binnenschiff oder Bahn erfolgen kann.

Folgt man der Verkehrsprognose 2040, bleibt das Auto weiterhin das am häufigsten genutzte Verkehrsmittel im Personenverkehr, und auch der Lkw wird im Güterverkehr dominieren. Somit wird auch in absehbarer Zukunft das Infrastrukturschwergewicht auf der Straße liegen. In dieses Bild passt auch der zehnspurige Ausbau der A5.

Wenn der Anteil der Schiene am Güterverkehr wie in der Verkehrsprognose 2040 vorhergesagt wachsen soll, muss die in den vergangenen Jahrzehnten vielfach zurückgebaute Schieneninfrastruktur jedoch schneller wieder ertüchtigt werden, als dies derzeit absehbar ist. Die Verwirklichung der Idee eines Bahn-Hochleistungsnetzes scheint unter den gegebenen Bedingungen reine Zukunftsmusik zu sein.

Fortschreibung der Fehlentwicklung der vergangenen Jahrzehnte

Nicht alle sind mit dem prognostizierten "weiter so" einverstanden. So meldet sich der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) zu Wort und kritisiert die Kleinrechnung des Radverkehrs in der aktuellen Verkehrsprognose, dabei entspricht dies den Ambitionen der FDP.

Konkret wirft der ADFC der von FDP-Minister Wissing in Auftrag gegebene Prognose vor, dass sie das Potenzial des Radverkehrs auf nur 11,8 Prozent Anteil am Gesamtverkehr im Jahre 2040 berechnet. Das sei unkundig und inkonsequent, denn es liege sogar weit unter dem Ziel, das sich die Bundesregierung mit dem Nationalen Radverkehrsplan selbst gesetzt habe. Dort würden 15 Prozent Anteil schon für 2030 angestrebt.

Bei einer optimalen Förderung des Radverkehrs und der notwendigen Verbesserung der Schnittstellen mit dem ÖPNV sei jedoch sogar eine Verdreifachung des Radverkehrs möglich, wie kürzlich eine Studie des Fraunhofer ISI gezeigt habe.

Deutschland könnte bis 2040 ein weltweit führendes Fahrradland werden, in dem die Menschen gerne und sicher fast die Hälfte der alltäglichen Wege auf dem Rad zurücklegen und dabei ein Drittel der jährlichen Verkehrsemissionen einsparen.

Der politische Wille zu einer fahrradfreundlichen Gestaltung des Verkehrs scheint jedoch in Deutschland nicht feststellbar zu sein, und die missliche Lage der deutschen Verbrennerindustrie dürfte alle Fahrradambitionen zum Scheitern verurteilen.