Viele Tote durch spanische Blockade der Flüchtlingsrettungsboote
Erwartet wurde, dass die sozialdemokratische Regierung Spaniens eine humanitäre Flüchtlingspolitik betreiben würde, aber auch die Open Arms und Aita Mari beweisen das genaue Gegenteil
Spanische Hilfsorganisationen wie Proactiva Open Arms sind entsetzt über die Tatsache, dass die spanische Regierung mit fadenscheinigen Argumenten das Auslaufen von Rettungsschiffen blockiert. Schon seit dem 18. Januar wird verhindert, dass die Open Arms aus Barcelona wieder in See stechen kann, um vor der Küste Libyens ertrinkende Menschen aus dem Wasser zu ziehen. Open Arms hat auf Twitter einen Zähler laufen und kritisiert an, dass seit der spanischen Blockade nun schon 240 Menschen ertrunken seien. "Wie wenig zählen gestrandete Leben aus fernen Ländern für die, die in ihren Büros täglich Todesurteile unterzeichnen", twitterte Open Arms am Samstag.
Real dürfte die Zahl noch deutlich höher ausfallen, schließlich verhindern spanische Behörden seit dem 18. Januar auch, dass die baskische Aita Mari sich vor die Küste Libyens begeben kann. Wie im Fall der Open Arms, führen die Behörden auch bei Aita Mari an, das Schiff sei nicht für die Beförderung vieler Menschen ausgestattet. Die Open Arms, ein umgebauter Schlepper, sei nur zur Beförderung von maximal 18 Personen ausgerüstet. Allerdings hatte das Schiff mehr als 300 Menschen an Bord, als es nach dem letzten Rettungseinsatz Ende Dezember nach einer Odyssee in Algeciras einlief.
Mit der gleichen Begründung wird auch der Aita Mari weiter nicht erlaubt, endlich den Dienst aufzunehmen, für den das ehemalige Schiff zum Fang von Thunfisch umgebaut wurde. Am 18. sei der Antrag abgewiesen worden und nun wartet die Humanitäre Seenotrettung (SMH) auf die Entscheidung über den Einspruch. Die SMH steht als Nichtregierungsorganisation hinter der Aita Mari. Für den SMH-Sprecher Daniel Rivas verbirgt sich, wie im Fall der Proactiva Open Arms, hinter scheinbar technischen Begründungen der Hafenbehörden, die dem Infrastrukturministerium in Madrid unterstehen, eine politische Entscheidung.
"Die Begründung basiert auf einer falschen Auslegung der Lage", erklärt Rivas gegenüber Telepolis. Denn behauptet wird, die Aita Mari dürfe nur 20 Personen transportieren. "Bei einer Besatzung von 15 bis 16 Personen dürften wir demnach nur 4-5 Schiffbrüchige aufnehmen." Das widerspreche dem Seerecht, dass Menschen in Seenot so schnell wie möglich und mit allen möglichen Mitteln zu helfen sei. Man müsse sich diese Begründung einfach im Fall eines Ozeankreuzers vorstellen. "Dürfen Boote dann auch nur so viele Menschen aufnehmen, die sie auch transportieren dürfen?"
Die Besatzung der Aita Mari, die alle schon als Seenotretter unterwegs waren, ist sich mit den Kollegen von Open Arms einig. Der Kapitän Marco Martínez, der selbst schon auf der Open Arms rausgefahren ist, weist darauf hin, wer die neue Politik im Umgang mit Flüchtlingen und Einwanderer beklatscht. "Wenn eine Regierung einer Sozialistischen Arbeiterpartei von einem Faschisten wie Salvini gelobt wird, dann stimmt irgendetwas nicht."
Tatsächlich lobt nicht nur der italienische Innenminister Matteo Salvini längst den neuen Umgang Spaniens mit den Rettungsschiffen. Das europäische Aushängeschild für Fremdenfeindlichkeit verweigert selbst immer wieder Rettungsschiffen, italienische Häfen anzulaufen. Ende Dezember, im Fall der Open Arms, hatte er getwittert. "Mission erfüllt! #GeschlosseneHäfen".
Beifall bekommt Spanien aber nicht nur von Salvini, sondern auch die AfD aus Deutschland hatte den sozialdemokratischen Regierungschef Pedro Sánchez schon für den Umgang mit Flüchtlingen und Einwandern gelobt, als der erstmals sehr deutlich einen klaren Schwenk machte, dass es zu keinem "humaneren" Umgang kommen werde, den Sánchez noch vor der Machtübernahme im vergangenen Juni versprochen hatte. So kam es im August zu "heißen Rückführungen" von mehr als 100 Menschen aus der spanischen Enklave Ceuta nach Marokko. Dabei hatte Sánchez persönlich versprochen, dass er die heißen Rückführungen abstellen werde.
Die Hoffnung, die einige in Europa auf die spanischen Sozialdemokraten nach der öffentlichkeitswirksamen Aufnahme der Aquarius gesetzt hatten, war aber ohnehin unbegründet. Telepolis hatte schon prophezeit, dass auch Sánchez auf Abschottung setzen werde. Dass er es dann allerdings fast noch bunter treibt als die ehemaligen ultrakonservativen Vorgänger, ist dann vielleicht doch erstaunlich.
Diese hatten sich nicht getraut, massenhaft die Menschen wieder hinter die Grenzzäune nach Ceuta zu verfrachten, ohne ihre Anliegen real zu prüfen. Auch wurde es erst jetzt unter den Sozialdemokraten mit fadenscheinigen Begründungen verhindert, dass sich Rettungsschiffe aus dem spanischen Staat an der Seenotrettung im Mittelmeer beteiligen können, womit die Todesurteile für Menschen gefällt werden, wie Open Arms geschrieben hat. Aus dem Hafen von Pasaia (bei Donostia-San Sebastian) hat sich Aita Mari am Samstag in Richtung Santurzi bei Bilbao aufgemacht. Das Ziel sei, so der Sprecher Rivas, sich langsam näher an den Einsatzort zu begeben. Denn die Hoffnung, dass der Widerspruch erfolgreich ist, haben die Seenotretter nicht aufgeben. Dazu soll in verschiedenen Häfen darauf aufmerksam gemacht werden,