Vitaminsegen oder Agrarwüste

Seite 3: Verhärtete Fronten zwischen "bio" und "konventionell"

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Die politische Tragweite des Malser Pestizid-Verbotes lässt sich auch aus einem Brief des BUND herauslesen - als Antwort auf Vorwürfe von Landeshauptmann Kompatscher. Es geht um die Frage, ob die Gemeinde überhaupt befugt war, über ein Pestizid-Verbot zu entscheiden.

Kompatscher ist der Ansicht, dass nur die EU bzw. die Landesregierung über den Einsatz von Pestiziden zu befinden habe. Der BUND hingegen erklärt, dass gerade das EU-Recht als Grundlage kommunaler Entscheidungen dient. Die Gemeinden seien dazu verpflichtet, die Gesundheit ihrer Einwohner zu schützen.

Das Gerangel um Zuständigkeiten spiegelt wohl auch die Angst der Südtiroler Politiker wieder, das Malser Beispiel könnte Schule machen und den industriellen Apfelanbau in der ganzen Region gefährden. Wie sehr sich konventionelle Bauern vom Pestizidverbot bedroht fühlen, zeigt auch ein Angriff auf die Bio-Apfelbäume von Ägidius Wellenzohn, der inmitten intensiver Obstplantagen zwei Hektar Bio-Obst bewirtschaftet.

Anfang September 2017 fielen 500 Bäume einer Glyphosat-Zwangsbehandlung zum Opfer. Täter: unbekannt. Der Schaden durch den Ernte-Totalausfalls lag bei 5.000 €. Die Äpfel waren nicht mehr als Bio-Ware zu vermarkten - für den langjährigen Biobetrieb ein harter Rückschlag.

Ein Wechsel zum chemiefreien Anbau ist längst überfällig

Bisher bewirtschafteten nur knapp zwei Prozent aller Südtiroler Apfelbauern ihre Plantagen ökologisch. Viele entwickelten sich aus konventionellen Betrieben heraus, meist mit Tierhaltung. So wie der Betrieb von Hansjörg Oberdörfer, der von Milchviehhaltung zunächst auf intensiven Obstbau umstellte - bis Probleme mit Krankheiten und Schädlingen auftraten. In Folge dessen stellte er seinen Hof auf "bio" um.

Heute kultiviert er, weit weg vom intensiven Obstbau, Brennesseln, Melisse, Minze, Zitronenverbene, Ringel- und Kornblumen und sogar Edelweiß. Die Kräuter werden von Unternehmen aus Deutschland, Italien und Österreich zu Tees, Kosmetika und Naturheilmitteln verarbeitet. Und die legen großen Wert auf pestizidfreie Ware in bester Bio-Qualität.

Wie auch immer der Fall Mals ausgeht, er brachte ein Grundsatzdiskussion in Gang, die sicher politische Veränderungen nach sich ziehen wird, glaubt Alexander Agethle. Auf seinem traditionsreichen Hof hält der Milchbauer die bedrohte Rasse Original Braunvieh.

Die Milch verarbeitet er zu Käse in der hofeigenen Käserei, die er über Gutscheine finanziert, so genannte Käseaktien. Damit trägt er seinen Teil zur lokalen Wertschöpfung bei. Die Gewinne der Intensivbewirtschaftung werden privatisiert, die Schäden hingegen sozialisiert, kritisiert der Biobauer.

Einen Paradigmenwechsel hin zur giftreien Nahrungsherstellung sei deshalb absolut notwendig - nicht nur im Obstanbau, sondern in der gesamten Landwirtschaft.

Filmtipp: Das Wunder von Mals