"Volksrepubliken" Donezk und Lugansk: Friedensversprechungen und rauer Alltag
Seite 3: Putin will Ausgabe von russischen Pässen auf den gesamten Donbass ausweiten
- "Volksrepubliken" Donezk und Lugansk: Friedensversprechungen und rauer Alltag
- Eine Frau aus Donezk erzählt: Ich höre die Schüsse in der Innenstadt
- Putin will Ausgabe von russischen Pässen auf den gesamten Donbass ausweiten
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Nur drei Tage nach der ukrainischen Präsidentschaftswahl, aus denen Selenski als Sieger hervorging, hatte der russische Präsident einen Erlass unterschrieben, nachdem Bürger der "Volksrepubliken" in einem "vereinfachten Verfahren" die russische Staatsbürgerschaft beantragen können. Die Menschen in den "Volksrepubliken" waren froh. Darauf hatten sie lange gewartet. Die westliche Presse war erzürnt. Putin gebe Selenski keine Chance für seinen Start als Präsidenten, hieß es.
Am 17. Juli legte der russische Präsident nach. Er unterschrieb einen Erlass, nachdem auch die Bürger, die auf dem von der Ukraine kontrollierten Territorium der Gebiete Donezk und Lugansk leben, einen russischen Pass beantragen können. Ihre ukrainische Staatsbürgerschaft brauchen die Antragssteller dafür nicht aufgeben.
Die Behörden mahlen langsam
Die Ausgabe von russischen Pässen scheint vor allem ein propagandistisches Instrument von Putin zu sein. Denn die Mühlen der russischen Bürokratie mahlen langsam. Die Menschen müssen oft mehrere Tage vor den zuständigen Ämtern Schlange stehen. Immerhin kann man sich beim Einwohnermeldeamt in Donezk seit dem 1. Juli auch elektronisch einen Termin holen.
Bisher liegen den russischen Behörden 12.000 Pass-Anträge aus den "Volksrepubliken" vor. Aber nur etwas mehr als 2.000 Bürger aus den Volksrepubliken hatten bis Anfang Juli ihren beantragten russischen Pass bekommen.
Man kann Putin schwerlich vorwerfen, dass er es sich mit seiner Entscheidung, Pässe auszugeben, leicht gemacht hat. Denn der Großteil Bürger der "Volksrepubliken" hoffte schon in der Hochphase des Krieges 2014/15, dass Russland die "Volksrepubliken unter seine Obhut nimmt. Diesen Eindruck zumindest gewann der Autor dieser Zeilen bei mehreren Besuchen in der "Volksrepublik Donezk".
Dass Putin gerade jetzt die Ausgabe von Pässen forciert, hat wohl damit zu tun, dass Präsident Selenski keinerlei Anzeichen macht, Gespräche mit den Führungen der "Volksrepubliken" - wie im Minsker Abkommen vorgesehen - aufzunehmen, dass die Beschießungen der "Volksrepubliken" durch die ukrainische Armee zunehmen und dass das Unverständnis über die harte Haltung Kiews gegenüber den "Volksrepubliken" in Teilen der westlichen Öffentlichkeit zunimmt.
Putin hatte die Ausgabe von russischen Pässen mit der humanitären Situation in den "Volksrepubliken" begründet. Im Dezember 2014 hatte die Ukraine die Zahlung aller Sozialleistungen an die Bevölkerung der "Volksrepubliken" eingestellt. Russland versorgte die Menschen in den "Volksrepubliken" mit humanitärer Hilfe und übernahm offenbar auch die Rentenzahlungen. Ein russischer Pass erleichtert den Bewohnern der "Volksrepubliken" die Arbeitsaufnahme, ein Studium oder einen Krankenhausbesuch in Russland.
Das Außenministerium von Kanada erklärte, man werde keine Bürger der "Volksrepubliken" mit russischen Pässen einreisen lassen. Scharfer Protest zur Ausgabe von russischen Pässen an Bürger der "Volksrepubliken" kam auch von Seiten der Vertreter der EU. Doch Menschen aus den "Volksrepubliken" zu identifizieren, wird nicht einfach sein. Das russische Innenministerium erklärte, in die Pässe für die Bürger der "Volksrepubliken" würden weder "der frühere Wohnort im Ausland" noch "die frühere Staatsbürgerschaft" eingetragen.
Flüchtlinge bekommen in Russland nur ein zeitlich begrenztes Aufenthaltsrecht
Im Jahr 2016 befanden sich nach Angaben der russischen Migrationsbehörde 1,1 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine in Russland. Die überwiegende Zahl der Flüchtlinge bekamen in Russland nur ein auf drei Monate begrenztes Aufenthaltsrecht und wurde nicht als Flüchtlinge anerkannt. In der Ukraine gab es 2016 900.000 Flüchtlinge aus den umkämpften Gebieten Donezk und Lugansk.
Es sind nicht nur die ständigen militärischen Spannungen, welche die Menschen aus der Konfliktzone flüchten lässt. Es ist auch die instabile wirtschaftliche Situation im Kriegsgebiet, welche die Menschen zur - wenn manchmal auch nur zeitweisen - Umsiedlung in die Zentral-Ukraine, in die EU oder nach Russland zwingt.
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