Vom Rechtspopulismus zum Rechtsterrorismus

Formiert sich in und um die AfD ein rechtsterroristisches Netzwerk?

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Neue Enthüllungen zeichnen ein alarmierendes Bild der extremistischen Rechten in und um die AfD. Nach langem Schweigen und Abwiegelungsversuchen seitens der Parteiführung ist es nun publik geworden, dass mehrere AfD-Mitglieder in rechtsterroristischen Strukturen verwickelt gewesen sind. Wie weit die Verstrickungen der AfD in den sich formierenden Rechtsterror reichen, kann aber noch nicht abgeschätzt werden.

Vor Kurzem meldete der Spiegel, dass der Komplize des mutmaßlichen Rechtsterroristen und Bundeswehrsoldaten Franco A. ein AfD-Mitglied ist. Der Oberleutnant wurde im April 2017 verhaftet, da er gemeinsam mit zwei Gesinnungsgenossen Anschläge auf Politiker und Prominente plante, die er Islamisten in die Schuhe schieben wollte. Hierzu hat Franco A. sich unter falscher Identität als Asylbewerber registrieren lassen.

Der AfD-Mann Maximilian T., dessen Verhaftung als mutmaßlicher Komplize schon im Frühsommer 2017 erfolgte, war ebenso wie der Hauptbeschuldigte Franco A. im Jägerbataillon 291 im französischen Illkirch stationiert. Der AfDler Maximilian T. war gemeinsam mit Franco A. daran beteiligt, eine Waffe auf dem Wiener Flughafen zu verstecken. Überdies hat einer eine Todesliste mit dem Titel "Politik und Medien" erstellt.

Bislang leugnete die AfD-Führung rundweg jegliche Beteiligung ihrer Mitglieder an den zunehmenden rechtsterroristischen Umtrieben in der Bundesrepublik. Nachdem die Parteiführung eine Parteimitgliedschaft der Mitglieder der mutmaßlichen Bundeswehr-Terrorzelle im Mai noch abstritt, sah sich nun ein Pressesprecher der AfD gezwungen, die Parteizugehörigkeit von Maximilian T. zu bestätigen.

AfD-Politiker will das das "rot-grüne Geschmeiß auf das Schafott" schicken

Inzwischen ist die AfD in einen zweiten Skandal um rechtsterroristische Strukturen in Mecklenburg-Vorpommern verwickelt. Der stellvertretende Fraktionschef der AfD im Schweriner Landtag, Holger Arppe, musste nach der Veröffentlichung seiner Chatprotokolle seinen Posten räumen und die Fraktion der AfD verlassen. Neben der Äußerung kinderpornographischer Gewaltfantasien, die offensichtlich charakteristisch für die extreme Rechte sind, ist Arppes politische Haltung hochbrisant.

Der AfD-Politiker sprach sich dafür aus, Gewalt gegen politische Gegner anzuwenden - in einer Rhetorik, die der menschenverachtenden Sprache der NSDAP gleicht. Er wolle "das rot-grüne Geschmeiß auf das Schafott" schicken, und die Gegner der Neuen Rechten in Deutschland "an die Wand stellen", hiernach in "eine Grube" schmeißen und "Löschkalk obendrauf streuen". Damit will Arppe letztendlich das Vorgehen der deutschen Polizeibataillone beim Vernichtungskrieg in der Sowjetunion imitieren.

Zugleich geht aus den Chatprotokollen hervor, dass die AfD-Größe Arppe Kontakte zu den mutmaßlichen Rechtsterroristen hatte, gegen die sich jüngst Razzien des Bundeskriminalamtes in Rostock und dem Landkreis Ludwigslust-Parchim richteten. Auch in Mecklenburg-Vorpommern sollten von den Verdächtigen Anschläge und Attentate geplant und Todeslisten angelegt worden sein. Über den Kommunalpolitiker und Anwalt Jan Hendrik H., der neben einem Polizeibeamten im Zentrum der Terrorermittlungen steht, hatte sich Arppe 2015 bereits zustimmend geäußert:

Typ würde perfekt in unsere Reihen passen. Er hasst die Linken, hat einen gut gefüllten Waffenschrank in der Garage und lebt unter dem Motto: Wenn die Linken irgendwann völlig verrückt spielen, bin ich vorbereitet.

Arppe

Endzeitszenarien und Vorbereitungen für Bürgerkriegszustände

Bei einem Treffen haben Arppe und H. letztendlich die Möglichkeiten terroristischer Aktionen und eines gewaltsamen Umsturzes in der Bundesrepublik ausgelotet. Hierbei habe H. dem AfD-Politiker versichert, dass es eine "Menge Leute" geben würde, die "zu allem entschlossen" seien, sollte es in Deutschland "wirklich auf eine rote Diktatur hinauslaufen. Allerdings wären zur Verteidigung des Grundstücks von H. "mindestens 30 Leute" notwendig. Überdies geht aus den Chatprotokollen hervor, dass enge Kontakte zwischen der AfD und der rechtsextremen "Identitären Bewegung" bestehen.

Alarmierend ist vor allem, dass es sich hier wahrscheinlich nicht um isolierte Vorfälle, sondern um Teile eines rechten Terrornetzwerks handelt, das eventuell bis in die Bundeswehr und die Polizeikräfte reicht. Die Razzien des BKA in Mecklenburg-Vorpommern erfolgten nach Hinweisen, die sich aus den Ermittlungen gegen Franco A. und seine mutmaßlichen Terrorhelfer ergaben, wie die Tageszeitung die Welt berichtete. Ein ehemaliger Soldat, der bei den Ermittlungen gegen die Bundeswehr-Terrorzelle verhört worden sei, solle die "Hinweise auf eine Gruppe von ausländerfeindlichen und bewaffneten Rechtsextremisten geliefert haben", die sich auf den "Bürgerkrieg" in Norddeutschland vorbereiteten. Es gab also offensichtlich Kontakte zwischen den mutmaßlichen Terrorzellen in Mecklenburg-Vorpommer und in Illkirch.

Das rechtsextreme Milieu will offenbar im Fall einer Krise mittels Massenmord und Terror eine faschistische Diktatur zu errichten. Inzwischen gibt es eine Bezeichnung für dieses terroristische Milieu, erläuterte Die Welt: "Die Ermittler bezeichnen die Verdächtigen als sogenannte Prepper, die sich auf Endzeitszenarien oder Bürgerkriegszustände vorbereiten." Abgeleitet ist dieser Begriff vom Englischen "to prepare" - sich auf etwas vorbereiten. Ursprünglich hat sich dieser Strang des Rechtsextremismus in den USA in Gestalt der dortigen militanten Milizbewegung herausgebildet.

Alexander Gauland: "Das hat nichts mit uns zu tun"

Die Führung der AfD distanzierte sich umgehend von Arppe. Alexander Gauland, gegen den ein Verfahren wegen Volksverhetzung läuft, nachdem er die Integrationsbeauftrage Aydan Özoğuz über Anatolien "entsorgt" sehen wollte, erklärte bei einem Parteitreffen am Kyffhäuserdenkmal: "Das hat nichts mit uns zu tun."

Indes ist es gerade die Strategie der permanenten rassistischen und ausländerfeindlichen Provokationen, die von der AfD verfolgt wird, die dem Rechtsterrorismus dem Boden bereitet. Durch Gewaltphantasien und Putschträume heize das radikale Umfeld der AfD den Rechtsterrorismus an, warnte Focus unter verweis aus das BKA bereits 2016. Die Partei schaffe ein "Klima der Angst", das Anschläge befördere.

Der Anstieg rechter Gewalttaten, der mit dem Aufstieg der AfD einhergeht, hat in der offiziellen Statistik 2016 einen neuen historischen Höchststand erreicht. Die Zahl stieg um 35 Prozent auf 22 960 Straftaten an, mehr als doppelt so viele, wie die der Linken zugerechneten 9605 Straftaten.

Hinzu kommt die Tendenz der Polizeibehörden und der Justiz, die rechte Gewalt zu verharmlosen oder zu vertuschen, sodass viele rechte Gewaltdelikte nicht in der offiziellen Statistik auftauchen, wie die Süddeutsche Zeitung berichtete. Die Zahl der Todesopfer rechter Gewalt wird beispielsweise vom BKA mit 75 Opfern seit der Wiedervereinigung angegeben, während die in rechten Kreisen verhasste Amadeu-Antonio-Stiftung für denselben Zeitraum 178 Getötete gezählt hat.

Inzwischen scheinen die rechtsterroristischen Tendenzen auch direkt in der Partei zuzunehmen, wie die jüngsten Enthüllungen nahelegen. Die braune Bewegung treibt immer weiter ins terroristische Extrem. Was auf die Bundesrepublik da noch zukommen dürfte, zeigen Äußerungen des AfD-Bundestagskandidaten und Richters Jens Maier, der sich als Terroristenversteher outete: Anders Breivik, der dutzende Jugendliche in Norwegen bei einem Amoklauf ermordete, sei "aus Verzweiflung heraus zum Massenmörder geworden", erklärte der Richter am Landgericht Dresden im vergangenen April.