Von Homers Ilias zu Homer Simpson

Douglas Adams stellt in der Berliner Kulturbrauerei sein Internetprojekt h2g2 vor

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Die Zukunft. Immer wieder gerne in den düstersten Farben an die Wand gemalt – und doch hält sie nur selten, was sich ganze Generationen von Futurologen und sonstigen Bedenkenträgern von ihr befürchten. Das galt für das Big-Brother-Jahr von 1984 (lange vor RTL II), und war auch jüngst beim Jahr-2000-Problem nicht anders. Stattdessen hat sich die Zukunft gänzlich unbemerkt, quasi durch die Hintertür der weltweiten Modems, in unsere Computer eingeschlichen. Und buchstabiert sich seither so: I-N-T-E-R-N-E-T.

"Ist das nicht komisch, dass noch vor zehn Jahren kein Mensch geahnt hat, wie sehr das Internet unsere Welt revolutionieren würde?", fragt Douglas Adams, der britische Kult-Autor der "Per Anhalter durch die Galaxis"-Serie. Die Angst vor neuen Technologien hält er sowieso für eine Altersfrage: "Den unter 35-Jährigen gelingt es meist noch, daraus eine Karriere zu machen, während die über 35-Jährigen eine geradezu biologische Angst vor Veränderungen entwickeln", sagte der im kalifornischen Santa Barbara lebende Autor am Montag Abend auf einer Veranstaltung in der Kulturbrauerei, die live ins Internet übertragen wurde.

Obwohl der Anlass, die Präsentation seines Internet-Projektes www.h2g2.com, eher nüchterner Natur war, musste an die erste Veranstaltung gleich noch eine zweite rangehängt werden, weil der Andrang so groß war. Seit dem "Hitchhiker"-Erfolg hat Adams nicht nur ein treues Publikum, sondern gilt auch als der Reiseführer-Experte unter den Sciencefiction-Autoren. Mit h2g2 hat er nun so eine Art Gegenentwurf zu seinem intergalaktischen Guide entworfen – ein Online-Handbuch für den Planeten Erde, an dem sich jeder beteiligen kann und soll. Je mehr Surfer, desto mehr Informationen, desto besser. Herausgekommen ist eine Plattform zwischen Spaß und Ernst, mit Infos von Homers "Ilias" bis zu Homer Simpson.

Der Auftritt von Adams war jedoch keine reine Werbeveranstaltung, sondern ein frei gehaltener Vortrag zwischen Vorlesung und Stand-Up-Comedy. In 90 Minuten erklärte er seinen Zuhörern die (Internet-)Welt. Er zitierte Aristoteles ("der hat ja sogar schon die Erfindung der Schrift für Teufelei gehalten") genauso wie seine fünfjährige Tochter: "Für die besteht die leidige Handy-Diskussion nur in der Frage, ob sie ein Telefon benutzt, dass man in die Wand stecken muss, oder eins, dass sie überall hin mitnehmen kann. Und jetzt raten Sie mal, was sie praktischer findet?"

Douglas Adams, so viel ist klar, glaubt an das Gute in der Technik. Das Internet ist für ihn die Chance, sich von unnötigen Hierarchien zu befreien. Das Netz sei grunddemokratisch. "Damit sind wir in der Lage, unsere Zukunft selbst in die Hand zu nehmen." Zum Beispiel via h2g2, denn das sei ein "interaktiver und kollaborativer Ratgeber für alle, die Informationen zu einem bestimmten Thema brauchen". Egal, ob es um die Zubereitung eines Yorkshire-Puddings oder um Tipps für das Pariser Nachtleben gehe. Angst vor der Zukunft sei jedenfalls nicht angebracht. Und außerdem: "Die beste Möglichkeit, die Zukunft vorherzusagen, ist, sie einfach selber zu erfinden."

Der Auftritt von Douglas Adams ist noch bis zum 25. Mai als Video-Stream zu sehen.