Vorentscheidung; Biden ist Nominierung kaum mehr zu nehmen

Sanders verliert Arizona, Illinois und Florida klar und Finanzminister Mnuchin will zur Bekämpfung der Corona-Wirtschaftskrise Helikoptergeld abwerfen

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2016 verlor Bernie Sanders die Vorwahl gegen Hillary Clinton im bevölkerungs- und delegiertenreichen Florida mit 33,3 Prozent Stimmenanteil. 2020 schnitt er dort gegen Joseph Biden noch viel schlechter ab und landete bei nur mehr 22,84 Prozent. Statt neun Bezirken gewann er nur mehr einen einzigen.

Im Rust-Belt-Bundesstaat Illinois, den Sanders 2016 mit 48,61 nur ganz knapp gegen Hillary Clinton verloren hatte, unterlag er 2020 mit 36,1 Prozent deutlich. Auf eine Mehrheit kam er dort lediglich im Bezirk der University of Illinois in Urbana-Champaign. Und in Arizona, wo Sanders vor vier Jahren mit 41,39 Prozent unterlag, erreichte er gestern nur mehr 30,4 Prozent.

Biden gibt sich bereits als Sieger

Biden hat nun mit 18 zu fünf gewonnenen Bundesstaaten und 1.174 zu 861 Delegierten sehr viel bessere Chancen als Sanders, auf die für eine absolute Mehrheit beim Nominierungsparteitag nötigen 1.991 zu kommen. Ihm reicht dafür in den ausstehenden Vorwahlen eine Minderheit von 47 Prozent der Stimmen, während Sanders dort nun mit 61 Prozent gewinnen müsste.

Ob er angesichts dieser Situation bald aus dem Rennen aussteigt, ließ er gestern Nacht offen. Sein Gegner Biden gab sich in seiner wegen der Covid-19-Krise in seinem Haus gehaltenen Ansprache schon ganz als Präsidentschaftskandidat und versicherte den Wählern, er und Sanders hätten eine "gemeinsame Vision" für Amerika und lediglich in "taktischen" Fragen unterschiedliche Ansichten.

Außerdem ging Biden in seiner Ansprache auf die Covid-19-Krise ein. Hier lobte Biden – schon ganz staatsväterlich - Ärzte und Krankenschwestern und appellierte an die Bürger, sich verantwortungsbewusst zu verhalten. Seit gestern ist die Zahl der Todesopfer dieser Seuche in den USA mit nun 108 dreistellig. Bei der Zahl der Infizierten geht die auf Medizin spezialisierte Johns-Hopkins-Universität in Baltimore von über 6.400 aus.

Corona-Einfluss

Die Vorwahl in Ohio, die gestern eigentlich ebenfalls stattfinden hätte sollen, war wegen der Seuchenansteckungsgefahr kurzfristig abgesagt worden (vgl. Covid-19: Vorwahlen in Ohio, Georgia, Louisiana und Kentucky abgesagt). Die Epidemie dürfte aber auch auf die weiteren Vorwahlen und den Präsidentschaftswahlkampf großen Einfluss haben, wenn sie nicht unerwartet abebbt oder durch ein noch größeres Ereignis an Aufmerksamkeit verliert.

Nicht nur, weil mit Joseph Biden (78), Bernie Sanders (77) und Donald Trump (73) drei zentrale Akteure in einem Alter sind, in dem das Sterberisiko bei einer Ansteckung mit dem Virus deutlich erhöht ist, sondern auch weil die wirtschaftlichen Auswirkungen der Seuche sehr viele Amerikaner sehr hart treffen und vorher werbetaugliche Wirtschaftszahlen schnell in katastrophale verwandeln können.

500 Milliarden Dollar mehr als im Konjunkturprogramm nach der Finanzkrise 2008

Um dem entgegenzuwirken hat Donald Trumps Finanzminister Steven Mnuchin dem Senat gestern vorgeschlagen, ein 850 Milliarden Dollar schweres Hilfspaket auf 1,2 Billionen Dollar aufzustocken. "Die Amerikaner", so Mnuchin dazu, bräuchten nämlich "jetzt Cash". Das wolle ihnen der Präsident "jetzt geben". Und wenn er "jetzt" sage, dann meine er "innerhalb der nächsten zwei Wochen".

500 Milliarden Dollar des Hilfspakets sollen dabei in ein so genanntes "Helikoptergeld" fließen, auf das Mnuchin nach alle Amerikaner außer die Millionäre Anspruch hätten. Arbeitskräfte im Gaststättengewerbe, die wegen der Schließung ihrer Betriebe arbeitslos wurden, könnten mit dem dafür vorgesehenen Scheck in Höhe von 1000 Dollar ihre Rechnungen bezahlen, auch wenn sie nicht über Ersparnisse verfügen. Und Amerikaner, die Ersparnisse und Jobs haben, sollen damit den Konsum ankurbeln, was in Quarantänezeiten vor allem Online-Anbieter wie Amazon freuen dürfte (vgl. Coronavirus: Amazon schreibt 100.000 Stellen aus).

300 Milliarden Dollar des Hilfspakets sind für kleinere Unternehmen reserviert, deren Einnahmen krisenbedingt wegbrachen. 50 Milliarden Dollar sollen Fluggesellschaften abrufen dürfen. Der Rest ist für Maßnahmen wie Steuerstundungen vorgesehen.

Dem republikanischen Senatsfraktionsgeschäftsführer John Thune zufolge gibt es in seiner Partei "großes Interesse" an Mnuchins Plan. Ob auch die Demokraten zustimmen werden, ist noch offen. Ihre Repräsentantenhausabgeordneten wollen wegen der Covid-19-Epidemie nicht fristgerecht zum 23. März in das Kapitol zurückkehren. Deshalb wirft man den Demokraten aus den Reihen der GOP vor, weitere Hilfen zu verzögern, weil sie fürchten, dass sie für den Amtsinhaber bei der Präsidentschaftswahl im November werbend wirken (vgl. Covid-19: Arzneien für die Wirtschaft).