Waffen für Israel-Offensive: Wer liefert was, welche Staaten sind ausgestiegen?
Trotz IGH-Anordnung zu "plausiblem" Genozid droht israelische Rafah-Invasion. Ägypten bereitet sich auf Vertreibung vor. Wer liefert die Waffen, wer nicht mehr?
Viele Regierungen weltweit haben den Druck auf Israel verstärkt, die Pläne für eine Bodenoffensive in Rafah aufzugeben. Es würde einen Exodus aus der Stadt im südlichen Gazastreifen zur Folge haben.
Das Gebiet ist die letzte verbleibende "sichere Zone". Dort hält sich nun mehr als die Hälfte der Bevölkerung der Enklave auf.
Leere Mahnungen aus Deutschland
Während Israel Luftangriffe und den Artilleriebeschuss erhöhte, haben Australien, Kanada und Neuseeland in einer gemeinsamen Erklärung zu einer "sofortigen" humanitären Waffenruhe aufgerufen. Sie warnen vor den "verheerende" Auswirkungen der Operation.
Spanien und Irland fordern die Europäische Kommission auf, dringend zu prüfen, ob Israel seinen Menschenrechtsverpflichtungen im Gazastreifen nachkommt. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hielt sich gestern in Jerusalem auf.
Dort betonte sie erneut Israels Selbstverteidigungsrecht, mahnte jedoch, das Völkerrecht zu achten. Die Menschen in Rafah müssten ausreichend geschützt werden. (Wobei die deutsche Regierung weiter Waffen an Israel liefert, siehe unten, und Israel vor dem Internationalen Gerichtshof gegen die Genozid-Klage Südafrikas unterstützt.)
Sollte die israelische Armee unter diesen Bedingungen eine Offensive auf Rafah starten, wäre dies eine humanitäre Katastrophe mit Ansage. Die Menschen benötigen sichere Orte und sichere Korridore, um nicht noch weiter ins Kreuzfeuer zu geraten.
Forderung nach Stopp von Waffenexporten nach Israel
Die Frage ist allerdings: Sichere Korridore, wohin? Im Gazastreifen gibt es keine sicheren Orte mehr, wie UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths und andere klarstellen.
Währenddessen baut Ägypten nach Medieninformationen in der Sinai-Wüste in Nachbarschaft zum Rafah-Übergang nach Gaza eine Zeltstadt auf, um mögliche fliehende Palästinenser bei einer israelischen Invasion aufnehmen zu können. Es soll sich laut anonymer Quellen aus dem ägyptischen Sicherheitsapparat um vorsorgliche Maßnahmen handeln.
Kairo hatte eine Evakuierung von Palästinensern aus dem Gazastreifen als völlig inakzeptabel bezeichnet, wie andere arabische Staaten auch, und gedroht, den Friedensvertrag mit Israel aufzukündigen. Griffiths sagte, dass eine Vertreibung von Gaza-Bewohnern aus ihrer Heimat "eine Art ägyptischer Albtraum" sei.
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Unterdessen werden die Stimmen lauter, die von den Unterstützerstaaten Israels fordern, ihre Waffenexporte nach Israel zu stoppen. Bemerkenswert ist dabei eine Reaktion aus der EU.
Borrell Richtung Biden: Weniger Waffen, bitte
Am Montag sagte der außenpolitische Chef der Europäischen Union, Josep Borrell, dass, wenn US-Präsident Joe Biden meine, Israels Reaktion auf die Hamas-Angriffe sei "übertrieben", dann müssten dem auch Taten folgen.
Wenn Sie glauben, dass zu viele Menschen getötet werden, sollten Sie vielleicht weniger Waffen liefern, um zu verhindern, dass so viele Menschen getötet werden.
Laut der Waffenexport-Datenbank des Stockholmer Internationalen Friedensforschungsinstituts stammen 68 Prozent der israelischen Waffenimporte zwischen 2013 und 2022 aus den USA.
Der US-Senat hat in dieser Woche zudem einen Gesetzentwurf zur Unterstützung des israelischen Krieges gegen den Gazastreifen in Höhe von 14 Milliarden Dollar verabschiedet.
USA und Deutschland: Die Hauptlieferanten von Waffen
Schon vor Beginn des Krieges im Oktober letzten Jahres haben die USA Israel jährlich Waffen in Höhe von drei Milliarden Dollar bereitgestellt. Auch viele andere Länder unterstützen Israel mit Waffenlieferungen.
Die Genehmigungen für deutsche Rüstungsexporte nach Israel haben sich im letzten Jahr im Vergleich zum Vorjahr fast verzehnfacht, meldet Reuters.
Bis zum 2. November 2023 hat die deutsche Regierung den Export von Rüstungsgütern im Wert von fast 303 Millionen Euro nach Israel genehmigt. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2022 wurden Rüstungsexporte im Wert von 32 Millionen Euro genehmigt.
Die Mehrzahl der Einzelausfuhrgenehmigungen – 185 von 218 – wurde nach dem Angriff auf Israel am 7. Oktober erteilt. Die Bundesregierung unter Kanzler Olaf Scholz (SPD) erwägt außerdem die Lieferung von rund 10.000 Schuss 120-Millimeter-Präzisionsmunition an Israel.
U-Boote, Motoren für Kampffahrzeuge, Korvetten made in Germany
Dem Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts (Sipri) zufolge stammt die überwiegende Mehrheit – 99 Prozent – der israelischen Waffenimporte zwischen 2018 und 2022 aus den USA (79 Prozent) und Deutschland (20 Prozent).
Laut der Organisation hat Deutschland danach u.a. mehr als 1.000 Panzermotoren nach Israel geliefert hat. Auch werden Dieselmotoren aus deutscher Produktion in dem in Israel hergestellten Eitan-Kampffahrzeug verwendet, wie Euronews meldet.
"Nach unseren Schätzungen sind einige von ihnen wahrscheinlich bereit für den Einsatz in Gaza", sagte Sipri-Forscher Zain Hussain gegenüber dem Nachrichtenportal.
Deutschland hat, so Sipri, in den letzten zehn Jahren auch U-Boote der Dolphin-Klasse (je Stück rund eine Milliarde Euro, sie können mit Atomwaffen bestückt werden) und Korvetten der Sa'ar-Klasse für die israelische Marine geliefert – und teilweise mit Steuergeldern finanziert –, während sie mit israelischen Waffen und Raketen ausgestattet werden.
Deutsche Waffen im Gaza-Krieg
Von den Schiffen, so Hussain, "seien einige in Nutzung [und] wurden wahrscheinlich für den Beschuss von Zielen im Gazastreifen verwendet."
Die Organisation Campaign Against the Arms Trade (CAAT) erklärte, dass es aufgrund undurchsichtiger Lizenzvereinbarungen jedoch schwierig sei, genau zu bestimmen, was nach Israel transferiert wird.
Auch Großbritannien hat mit umgerechnet rund 550 Millionen Euro an Militärexporten an Israel im letzten Jahr zu Israels Krieg in Gaza beigetragen.
In Kanada, Australien oder Frankreich, die nur eine geringe Rolle bei Waffenexporten nach Israel spielen, ist der Druck hoch, diese komplett einzustellen. In einigen Staaten ist das bereits im Gang.
Hier die Staaten, die bei Militärexporten aussteigen
In den Niederlanden gab ein Gericht der Regierung am Montag eine Woche Zeit, um alle Exporte von Teilen für den F-35-Kampfjet zu blockieren, den Israel zur Bombardierung des Gazastreifens einsetzt.
In Belgien erklärte eine Regionalregierung, sie habe am 6. Februar zwei Lizenzen für die Ausfuhr von Schießpulver nach Israel ausgesetzt. In Japan hat der Konzern Itochu angekündigt, seine Partnerschaft mit dem israelischen Waffenhersteller Elbit Systems einzustellen.
Die Regierung in Italien und Spanien erklärten, dass man alle Waffenlieferungen seit Januar eingestellt habe.
Komplizenschaft mit Völkermord droht
Ein Beweggrund dafür ist sicherlich auch die provisorische Anordnung des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag, dass Israel in Gaza "nachvollziehbar" Genozid begehe und verlangt, dass man alles unternehme, um Handlungen zu unterbinden, die einen Völkermord forcieren.
Darauf hat sich zum Beispiel die Regionalregierung in Spanien bei ihrer Entscheidung berufen. Denn Waffenlieferungen können im Zuge von Gerichtsurteilen als Komplizenschaft beim Völkermord und Bruch von internationalem Recht angesehen werden.