Waffen und Gold

Ein ungewöhnlicher, aber relativ krisenfester Anlagemix

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Am letzten Donnerstag pumpte die Europäische Zentralbank (EZB) 94,80 Milliarden Euro in den Geldmarkt, am Freitag 61,05 Milliarden Euro und am gestrigen Montag noch einmal 47,66 Milliarden Euro. Auch die US-Notenbank, die kanadische, die australische und die japanische Notenbank beteiligten sich an der "Hilfsaktion", die es in diesem Ausmaß seit dem September 2001 nicht mehr gab. Und je mehr Geld die Notenbanken in den Markt pumpen, desto mehr stiegen die Hinweise darauf, dass es sich um eine "echte Krise" handeln könnte.

Laut Süddeutscher Zeitung räumten Manager in "vertraulichen Gesprächen" ein, dass die Krise "noch gravierender" sei, als in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Die von Saudi-Kapital kontrollierte Citigroup verlor laut Financial Times seit Beginn der Krise über 700 Millionen Dollar. Auch der amerikanische Immobilienfinanzierer HomeBanc beantragte mittlerweile Gläubigerschutz - potentiell auch zu Lasten der Kunden von Commerzbank und Deutscher Bank.

Die Instrumente, die Wirtschaftswissenschaftler in den vergangenen Jahren als zeitgemäße Bewertungs- und Kontrollinstrumente angepriesen hatten, stellen sich nun als geradezu lächerlich nutzlos heraus: So wurden beispielsweise 87 Prozent der amerikanischen Subprime-Immobilienkredite der Skandalbank WestLB mit "AA" oder höher bewertet.

Da Kredite über viele Ecken zerstückelt und weitergereicht wurden, hat kaum eine Bank mehr einen Überblick über die eigentlichen Risiken. Durch das Ausmaß dieses "Kreditkarussells" bzw. dieser "Risikotransferkette" ist weitgehend "unklar, wer am Ende das Ausfallrisiko trägt". Die Postbank musste einräumen, "dass sie indirekt mit bis zu 600 Millionen Euro zusätzlich am US-Immobilienmarkt engagiert sein könnte." Nun erst soll analysiert werden, was davon "subprime" ist.

Nicht nur Fonds, auch traditionelle Festgeld- und Sparkonten sind in Zeiten einer drohenden Bankenkrise keineswegs risikofrei. Selbst wenn eine Bank in ausreichender Hohe durch einen Einlagesicherungsfonds gedeckt scheint, so bietet dieser in Wirklichkeit keinen Rechtsanspruch, sondern nur ein vages Versprechen auf Zahlung. Früher konnten sich Anleger, denen all das zu riskant war, den Sparkassen und den Landesbanken zuwenden, für die ihre öffentlich-rechtlichen Träger einstehen mussten. Doch nach einer Wettbewerbsbeschwerde der Bankenvereinigung der Europäischen Union kam es 2001 zur "Verständigung über Anstaltslast und Gewährträgerhaftung betreffend Landesbanken und Sparkassen" - beziehungsweise im Klartext zur Abschaffung der beiden Institute zu Ungunsten der Kunden.

Gold

Eine relativ bankenunabhängige Alternative ist Gold. Auch deshalb gilt das Edelmetall als klassische Krisenanlage. Trotzdem stieg der Preis für die Unze (31,10 Gramm) seit dem Ausbruch der Krise am 16. Juli nur um ein knappes Prozent. Peter Schiff, Chef des US-Brokers Euro Pacific Capital, bezeichnete den niedrigen Anstieg gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg als "Rätsel", da ihm zufolge "eigentlich ideale Bedingungen für Gold" herrschten. Schiff zufolge kann das nur daran liegen, dass den Anlegern die Krise noch relativ gleichgültig ist - was sich allerdings schnell ändern kann. Ob tatsächlich Staatsanleihen das Gold als Krisenanlage abgelöst haben, wie Ron Goodis vom US-Broker Equidex meint, das kommt wohl auch auf den Staat und das Ausmaß der Krise an: Zwar gibt es auf Gold keine Zinsen, aber auch nicht die Möglichkeit von Verlusten, wie vor einigen Jahren mit argentinischen Staatsanleihen.

Allerdings kann natürlich auch der Goldpreis sinken. Sogar in schlechten Zeiten. Aber zwei wichtige Punkte sprechen gegen solch ein Sinken des Tauschwerts in der Krise: Edelmetalle sind die älteste allgemein verbreitete abstrakte Wertform. Gold und Silber sind nicht nur Anlageberatern ein Begriff, sondern auch sehr einfachen Menschen. Sie kommen in Märchen und Mythen vor und vermitteln auch kulturell bedingt ein Gefühl materieller Sicherheit. Da sich der Tauschwert in Krisenzeiten nicht nur aus der Knappheit seines Gutes, sondern nach psychologischen Effekten bestimmt, sind Edelmetalle die Währung, die für diese psychologischen Effekte am empfänglichsten sind. Und die psychologischen Effekte sind wiederum der wichtigste Effekt, der zu Knappheit führt: Wenn jeder an Gold als abstrakte Wertform glaubt, und es ansammelt, dann wird es knapper und sein Tauschwert steigt.

Zu beachten ist außerdem, dass sich auch bei Edelmetallen grundsätzlich weiter das Problem der Abhängigkeit von Banken stellt: Im Falle einer Insolvenz kann es dem Anleger bei Edelmetallanlagen ebenfalls passieren, dass er feststellen muss, dass er das vermeintliche Edelmetall nur auf dem Papier besaß. Schuld daran sind die "Geschäftsbedingungen" der Banken, die teilweise durch versteckte einseitige Änderungen mit der Werbepost ins Haus flattern und dem Kunden Risiken aufbürden. Diesen Risiken kann der Anleger durch ständigen Wechsel der Bank jedoch nur bedingt entgehen. Denn abgesehen von den finanziellen und zeitlichen Transaktionskosten, die ihm dadurch entstehen, glich und gleicht sich das Geschäftsgebaren der Banken zunehmend zum Nachteil der Verbraucher an: Hier wirkt durch die Informationsasymmetrie der aus der Volkswirtschaftslehre bekannte "Zitroneneffekt", der effektiven Wettbewerb und ein Aussortieren dieser Geschäftspraktiken über den Markt verhinderte.

Es ist nämlich durchaus einfacher, die ökonomisch richtige Wahl zwischen Lebensmitteln zu treffen, deren Qualität und Preis relativ leicht überprüfbar ist, als hochkomplexe Nutzungsbedingungen. Der einzelne Verbraucher müsste in das Durchsehen und Verstehen soviel Aufwand stecken, wie eine ganze Gruppe von Unternehmensanwälten, die die Geschäftsbedingungen für Millionen von Verbrauchern verwendet. Das lohnt sich nicht und deshalb kann keine Auslese der schwarzen Schafe über den Markt stattfinden.1

Amerikaner haben hier eine Option, die deutschen Anlegern nur bedingt offen steht: Ein Anlagemix aus Edelmetallen und Waffen. Wohlgemerkt - nicht Waffenaktien, sondern Waffen, mit denen sie ihre zuhause angehäuften Edelmetalle schützen können. Deutschland hat schärfere Waffengesetze als die USA, die keinen schnellen Umstieg auf diesen Anlagemix erlauben. Hier muss man erst einem Sportverein beitreten.