Waffengeschäfte

Ungeachtet der Spannungen zwischen Indien und Pakistan können die beiden Länder weiter Waffen einkaufen - Lieferanten sind die Großmächte

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"In allerhöchstem Grad alarmierend" nannte das schwedische Friedensforschungsinstituts Sipri den Konflikt zwischen Indien und Pakistan, die wegen Kaschmir am Rande eines Krieges stehen. Beiden Atommächte seien nicht in Abkommen zur nuklearen Rüstungskontrolle eingebunden, außerdem hätten beide widerspiegelnde Doktrinen zum Einsatz ihrer Nuklearwaffen. Pakistan sehe seine Nuklearwaffen als "Schutzschirm für die Unterstützung grenzüberschreitender subversiver Aktivitäten im indischen Teil von Kaschmir", Indien habe Atomwaffen als "Schutzschirm für die Bestrafung dieser Aktivitäten".

Ungeachtet des Konflikts um Kaschmir versorgen Russland, China, die USA und europäische Staaten Indien und Pakistan seit Jahren mit Waffen, verdienen auf diese Weise an der Dauerkrise im Süden Asiens und sichern sich ihre Einflusszonen. So ist Russland indischen Angaben zufolge mit 76 Prozent größter Lieferant für Indien und hat seit 1998 ein Abkommen über militärische Zusammenarbeit mit Indien. Zweitgrößter Lieferant ist Frankreich mit 18 Prozent, das seit 1999 ein Verteidigungsabkommen mit Indien hat.

Die Hauslieferanten von Pakistan sind China und die USA. Die Kampfflugzeuge im pakistanischen Arsenal stammen vor allem aus China. Die USA unterstützen Pakistan wegen des Krieges in Afghanistan. Solche Allianzen schließen aber Lieferungen an die Gegenseite nicht aus. Mitte April verkauften die USA acht Radarsysteme des Typs AN/TPQ-37 Firefinder im Wert von 146 Mio. Dollar an Indien. Das gleiche System hatten die USA bereits 1996 an Pakistan und 1992 an Indien geliefert. Russland, der indische Hauslieferant, hat ebenfalls schon an Pakistan verkauft. Französische Mirage-Flugzeuge finden sich ebenso auf pakistanischer wie auf indischer Seite.

Die Gefahr eines atomaren Krieges hat bisher nicht dazu geführt, dass irgendein Land ein Waffenembargo gegen Indien und Pakistan verhängen würde. Im Gegenteil: Die größten Waffenproduzenten der Welt rüsten weiter beide Seite auf und schmieden ihre Allianzen. In Schweden und Großbritannien wird zwar über ein Embargo diskutiert, bisher aber halten die jeweiligen Regierungen an den Waffenverkäufen fest. Schweden beliefert sowohl Indien als auch Pakistan mit Material. Aktuell steht der Verkauf von Haubitzen an Indien an. Um das Geschäft im Wert von 2,2 Mrd. Euro konkurrieren außerdem die israelische Soltam Systems und Denel aus Süd-Afrika.

In der schwedischen Regierung wurden Stimmen laut, das Waffengeschäft wegen der angespannten Lage in Kashmir zu verhindern. Der Hersteller Bofors argumentiert dagegen, das Geschäft sei nur die Fortsetzung eines alten aus dem Jahre 1986, eine neue Lizenz sei also nicht nötig. Diese Argumentation wird bisher akzeptiert. Rüstungsexporte gelten in Schweden als notwendig, um die eigene Waffenproduktion aufrecht zu erhalten. Denn mit der Existenz einer eigenen Waffenproduktion steht und fällt die schwedische Neutralität.

In Großbritannien wird ein Embargo gefordert, seit bekannt wurde, dass Indien Jaguar-Bomber aus englischer Lizenzproduktion mit israelischer Hilfe zu Trägerwaffen für Atombomben umgerüstet hat (Nutzt Indien britische Bomber für Atomwaffen?). Durch ein Embargo, für das sich auch die britische Handelsministerin Patricia Hewitt einsetzte, wäre aber der Verkauf von Hawk-Trainingsflugzeugen an Indien verhindert worden. Blair schritt ein und rettete das Geschäft. Großbritannien müsse wählen, ob es "Friedensstifter oder Waffenhändler" sein wolle, kommentierte das britische Oberhaus-Mitglied Lord Redesdale. "Wir sollten nicht die Moral eines Drogenhändlers an den Tag legen und den Standpunkt vertreten, dass andere liefern, wenn wir es nicht tun", äußerte sich Roger Berry von der Labour-Partei.

70 Parlamentsabgeordnete aller Parteien haben inzwischen einen Antrag unterschrieben, in dem sie den Stopp einer Lieferung der Hawk-Flugzeuge an Indien fordern. Bisher ergebnislos: Die British Aerospace Systems (BAe), die die Flugzeuge nach Indien verkaufen will, gehört zu den Sponsoren der Labour-Partei, wie jüngst der Independent aufdeckte. Demnach hat die Labour-Regierung von Tony Blair seit 1997 mehr als 12 Mio. Pfund von Rüstungsunternehmen für Regierungsprojekte und politische Veranstaltungen angenommen. Auch einzelne Labour-Abgeordnete haben Gelder bekommen. Von einer "institutionalisierten Verbindung" spricht Richard Bingley von der "Campaign Against the Arms Trade": "Kein Wunder, dass die Regierung es so schwierig findet, ein Waffenembargo über Indien und Pakistan zu verhängen, wenn sie von Rüstungsunternehmen Zuwendungen bekommt und Anteile an diesen hält."