Wagenknecht-Partei in spe: Was wird aus der Fraktion Die Linke?

Die Linke-Vorsitzenden Martin Schirdewan und Janine Wissler wünschen sich in der Fraktion Nachrücker aus den eigenen Reihen. Foto: Steffen Prößdorf / CC-BY-SA-4.0

Ex-Mitglieder der Partei in deren Bundestagsfraktion bleiben – bis zur Gründung der neuen Partei. Es geht auch um Stiftungsgelder. So sieht es rechtllich aus.

Seit dem Parteiaustritt von Sarah Wagenknecht und neun weiteren Bundestagsabgeordneten steht für Die Linke der Fraktionsstatus auf dem Spiel, ist aber noch nicht verloren – zumindest für den Rest das Jahres nicht. Kritisch wird es erst dann zwangsläufig, wenn auf den Austritt und die Gründung eines Vereins tatsächlich die Neugründung einer Partei folgt.

Ein Stichtag dafür wurde bei der Vorstellung des Vereins "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW) am Montag zwar noch nicht genannt. Die neue Partei soll allerdings im Januar 2024 gegründet werden und schon bei der Europawahl im Juni antreten, so der BSW-Geschäftsführer Lukas Schön.

Wenn Sahra Wagenknecht und die ihr gefolgten Abgeordneten bis dahin nicht die Fraktion verlassen oder ausgeschlossen werden, bleibt auch der Fraktionsstatus bis zu diesem Zeitpunkt erhalten.

Fraktionsmitgleider dürfen nicht parteipolitisch konkurrieren

Spätestens mit der Gründung einer neuen Partei geht es aber einerseits um Konkurrenz im linken Lager und das Werben um die schwindende Wählerschaft. Dann können Ex-Mitglieder der Linken, die in die neue Partei eintreten, nicht mehr Mitglieder der "alten" Bundestagsfraktion sein.

Die Voraussetzungen für den Fraktionsstatus regeln die Vorgaben von § 10 Absatz 1 Satz 1 der Geschäftsordnung des Bundestages.

Dort ist festgelegt: Fraktionen bestehen aus "mindestens fünf von Hundert der Mitglieder des Bundestages, die derselben Partei oder solchen Parteien angehören, die aufgrund gleichgerichteter politischer Ziele in keinem Land miteinander im Wettbewerb stehen". Die gleichzeitige Zugehörigkeit zu einer konkurrierenden Partei und zur Fraktion Die Linke ist damit ausgeschlossen.

Weniger Redezeit, weniger Geld

Der Verlust des Fraktionsstatus wiederum hätte weitreichende Folgen: Im Parlament stünde der Partei weniger Redezeit zur Verfügung und damit weniger Einflussmöglichkeiten. Zudem würde Die Linke weniger Geld erhalten und hätte damit ebenfalls weniger Spielräume.

Ein Ausschlussverfahren gegen Fraktionsmitglieder, die sich zum BSW bekannt haben und ihre Mandate nicht abgeben wollen, dürfte deshalb auch nicht im Sinne der verbleibenden Linke-Mitglieder sein. Den Aufforderungen, die Mandate abzugeben und Mitglieder ihrer Ex-Partei nachrücken zu lassen, werden Sahra Wagenknecht und Co. aller Voraussicht nach nicht folgen.

Die Fraktion die Linke mit ihren 38 Mitgliedern würde im aktuellen 20. Bundestag schon beim Ausschluss von zwei Mitgliedern den Fraktionsstatus verlieren. Beim Ausschluss von zwei oder mehr Mitgliedern müssten auch die verbleibenden Abgeordneten der Partei Die Linke auf ihren Fraktionsstatus verzichten.

Diese parlamentarischen Rechte würden wegfallen

Damit fiele auch der "Löwenanteil" ihrer parlamentarischen Rechte weg, denn nur Fraktionsangehörigen stehen in diesem Umfang Fragerechte, das Zitierrecht, Initiativrechte und das Recht, Gesetzesänderungen zu beantragen oder den Vermittlungsausschuss einzuberufen, zu.

Fraktionslose können sich zwar zu Gruppen zusammenschließen, haben als solche aber nur die abgeschwächten Fraktionsrechte – das Zitierrecht beispielsweise nicht. Denn faktisch ist der Bundestag auf Fraktionen ausgerichtet, nicht auf Fraktionslose oder Gruppen.

Gnadenfrist für Rosa-Luxemburg-Stiftung

Auf die Finanzierung der parteinahen Rosa-Luxemburg-Stiftung hätte die Fraktionsauflösung im Bundestag aber wohl zunächst keine direkte Auswirkung. Denn eine Stiftung wird grundsätzlich dann gefördert, wenn "die Abgeordneten der einer politischen Stiftung jeweils nahestehenden Partei in der mindestens dritten aufeinanderfolgenden Legislaturperiode in Fraktionsstärke in den Deutschen Bundestag eingezogen sind".

Die Stiftungsförderung wird gerade neu geregelt, dies dürfte aber der RLS nicht zum Nachteil gereichen: Bei einer politischen Stiftung, die bereits über mindestens zwei aufeinander folgende Legislaturperioden gefördert wurde, soll es nach den Vorschriften im aktuellen Gesetzentwurf unschädlich sein, wenn die nahestehende Partei für die Dauer einer Legislaturperiode nicht im Deutschen Bundestag vertreten ist.

Die Rosa-Luxemburg-Stiftung dürfte demnach zumindest diese Legislaturperiode auch im Fall einer Fraktionsauflösung überstehen.