Wagner-Gruppe in Niger: Kalter Krieg in der Sahel-Zone

Seite 2: Die russische Erzählung

Russische Akteure beteuern, die afrikanischen Länder bei ihrer Emanzipation von den (ehemaligen) westlichen Kolonialherren zu unterstützen und eine Partnerschaft "auf Augenhöhe" zu etablieren.

So zitiert die russische Nachrichtenagentur Tass den Experten Salif Sidibe mit der Ansicht, dass die Franzosen und US-Amerikaner mit der Invasion Libyens 2011 und dem Sturz Muammar Gaddafis den Grundstein für "das Chaos" in der Sahelzone gelegt hätten. Zudem begleite Frankreich mit einem gewissen Wohlwollen das Vorgehen der Tuareg-Milizen und schüre so antifranzösische Gefühle. Diese äußerten sich zuletzt in Form von Brandstiftung vor der Botschaft in Niger.

Einen weiteren Experten lässt Tass behaupten, dass Russland keine Absichten hege, sich in politische Prozesse einzumischen und der Putsch weder von den Straßenprotesten noch vom Militär ausgegangen sei, welches sich den Putschisten erst später anschloss.

Das beteuerte auch Wagner-Führer Prigoschin, als er Ende Juli den "Aufstand gegen die Kolonisatoren" öffentlich begrüßte.

Russische Medien können sich bei ihrer Einschätzung sogar auf das Weiße Haus berufen, welches am vergangenen Dienstag keine Anzeichen für eine russische Einflussnahme feststellen konnte.

Gestärkt wurde die russische Erzählung auch von Cameron Hudson vom US-amerikanischen Thinktank Center for Strategic and International Studies (CSIS), als er erklärte, das Versagen von diplomatischen und finanziellen Bemühungen sei "ein erschreckendes Zeugnis für das westliche Modell des Aufbaus von Demokratie". Genau dieses Modell hatte auch Martin Sonneborn als neokolonial beschrieben.