War's das mit den Kryptowährungen?

Seite 4: Schlussbetrachtungen

Ziehen wir ein Fazit: Die starken Kursschwankungen stellen die Funktion des Bitcoins als Wertspeicher und Inflationsschutz infrage. Zwar locken große Gewinne - das Risiko großer Verluste ist aber auch nicht unerheblich. Dass die Tweets US-amerikanischer Techno-Milliardäre den Kurs so stark beeinflussen, spricht ebenfalls nicht für dessen Stabilität.

Man könnte auch einmal darüber nachdenken, inwiefern hier eine Marktmanipulation vorliegt. Etwa in dem Sinne: Man kauft privat oder mit seiner Firma das Gut. Dann äußert man sich öffentlich positiv darüber. Dann laufen einem viele hinterher und kaufen. In die dann steigenden Kurse verkauft man vielleicht wieder mit Gewinn?

Als alternatives Zahlungsmittel kommt der Bitcoin sowieso nicht infrage: Hierfür sind die Transaktionsgebühren viel zu hoch und dauert die Erzeugung neuer Blöcke viel zu lange. Zwar gibt es dafür Lösungsvorschläge, wie etwa das auf BTC aufsetzende Lightning-Netzwerk, die aber wieder neue Probleme mit sich bringen. Kosten, Nutzen und Sicherheit muss man dabei immer mit bestehenden Zahlungsmöglichkeiten vergleichen, beispielsweise Banküberweisungen, Kartenzahlungen und Banking-Apps.

In Ländern mit instabiler Währung - etwa in Südamerika oder der Türkei - ist der Aspekt der Werterhaltung von größerer Bedeutung. Anstatt mit der heimischen Währung seine Ersparnisse zu verlieren, könnte man diese in Kryptowährungen tauschen. Dann wäre aber beispielsweise Tether (USDT) eine bessere Alternative, da diese verspricht, Investitionen eins zu eins in US-Dollar umzusetzen. Es handelt sich also um eine Art privaten digitalen US-Dollar. Dadurch kommt aber eine Zwischenebene dazu, die spätestens dann hinfällig würde, wenn die USA selbst einen digitalen US-Dollar anbieten.

Magere Bilanz

Was bleibt? Auch wenn die Schätzungen auseinanderlaufen, muss man den Bitcoin und ähnlich rechenintensive Kryptowährungen wohl als Umweltsünder bezeichnen. Wie viel Strom die Serverfarmen genau verbrauchen, hängt nicht zuletzt von der verwendeten Hardware ab und wird nicht zentral erfasst.

An manchen Orten mag man die nächste Lösung für das kryptografische Rätsel mit Öko-Strom suchen, den man gerade anders nicht verwenden kann. Insgesamt gilt hier aber das Marktprinzip: Wo der Strom am billigsten ist, rentiert sich der Betrieb am meisten. Und das schließt auch Kohlekraftwerke ein, die massenweise Kohlendioxid ausstoßen.

Ich schließe nicht aus, dass sich der Kurs des Bitcoins wieder vervielfacht. Aber ich denke, dass man es als reine Spekulation betrachten muss. Haus und Hof sollte man daher keinesfalls verwetten. Dabei haben wir noch gar nicht von Krisenszenarien gesprochen: Zwar gibt es – neben der Kryptographie – Sicherungsmechanismen, die mit der Größe des Peer-to-Peer-Netzwerks zu tun haben. Wie alle Computernetzwerke ist aber auch die Blockchain angreifbar.

Falls beispielsweise die Konflikte zwischen Großmächten wie China, Russland oder den USA weiter eskalieren, kann man nicht ausschließen, dass Geheimdienste mit immensen Rechenkapazitäten eine Kryptowährung kapern – 51-Prozent Angriff – oder zumindest lahmlegen, um nationale Interessen zu verfolgen. Wenn es in so einem Fall zu einem Abverkauf kommt - wie beispielsweise im März 2020 -, dann haben die Kleinanleger das Nachsehen: Denn wer die höchsten Transaktionsgebühren bietet, der schafft es am schnellsten in die Blockchain. Es gilt das Marktprinzip von Angebot und Nachfrage.

Daher kann ich das demokratische Image, das dem Bitcoin anhaftet, nicht nachvollziehen. Das Schürfen ist für Kleinanwender schon lange nicht mehr rentabel. Das verteilte Netzwerk bietet zwar eine gewisse Stabilität - aber im Endeffekt hat die Gruppe mit der größten Rechenkapazität das letzte Wort. Falls sich verschiedene Gruppen zu einer großen Räuberbande zusammenschließen, kann man als einzelner Nutzer wenig dagegen tun.

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