Warten auf die Agrarwende

Seite 3: EU-Agrarreformen – bisher keine echten Verbesserungen

Als der EU-Agrarkommissar vor fünf Jahren seine Vision für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) nach 2020 präsentierte, sollte ein ergebnisorientiertes System die Ziele für eine bessere Agrarpolitik effizienter umsetzen. Trotz des European Green Deal mit seinen ambitionierten Zielen sind wir heute davon weiter entfernt denn je.

Nicht nur haben Verhandlungen auf EU-Ebene den Kommissionsentwurf weiter abgeschwächt. Auch bei der Umsetzung in Deutschland wäre mehr drin gewesen. Leider bleibt der deutsche GAP-Strategieplan hinter den Erfordernissen deutlich zurück, kritisiert Lavinia Roveran, Koordinatorin Naturschutz und Agrarpolitik beim Deutschen Naturschutzring (DNR).

Etwa ein Drittel des gesamten EU-Budgets fließt in die Landwirtschaft. Hier sind die Ziele klar definiert:

  • Reduktion des Pestizideinsatzes um 50 Prozent bis 2030
  • Ausbau des Ökolandbaus auf 30 Prozent bis 2030
  • Bereitstellung von zehn Prozent Rückzugsflächen für die Artenvielfalt
  • Reduzierung der Nährstoffverluste um mindestens 50 Prozent
  • Reduzierung des Düngemitteleinsatzes um 20 Prozent usw.

Darüber hinaus müssen die Folgen von Artensterben, Klimakrise, Ukraine-Kriegs sowie Energie- und Ernährungskrise mit der GAP angegangen werden. Bereits vor der letzten Bundestagswahl arbeitete das damalige BMEL an einen Strategieplan und verabschiedete erste Gesetze zur Umsetzung der GAP. Leider wurde der Strategieentwurf vom neuen Ministerium nicht nachgebessert. Die Kritik aus Brüssel folgte prompt: In ihrem Observation Letter vom Mai 2022 zeigte die EU-Kommission Mängel beim Umweltschutz und der Umsetzung der Biodiversitäts- und Farm-to-Fork-Strategie auf.

Konkret fordert die EU-Kommission Deutschland dazu auf, die Standards des "guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustands" anzupassen, die Ziele des prioritären Aktionsrahmens für die Natura-2000-Umsetzung sollen stärker zu berücksichtigen und die Öko-Regelungen zum Beispiel im Hinblick auf "carbon farming" und Wasserqualität zu überprüfen. Nährstoffverluste müssen deutlich verringert und vielfältige Landschaftselemente gefördert werden.

Bislang ungenutztes Potenzial gibt es zudem in Sachen lokaler Lebensmittelerzeugung sowie lokaler Strukturen in der Lebensmittelkette. Im Hinblick auf Nährstoffbelastung und Eutrophierung im Grundwasser und den Oberflächengewässern muss der Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln deutlich verringert werden. Um Treibhausgasemissionen zu senken, sollen Moore geschützt werden.

Eine der wenigen positiven Anforderungen in der GAP wurde in diesem Jahr noch weiter abgeschwächt, kritisiert der DNR. So war ab 2023 ein verpflichtender Mindestanteil nicht produktiver Flächen wie zum Beispiel Brachen von vier Prozent für Betriebe vorgesehen. Um die Artenvielfalt zu schützen und zu erhalten werden nachgewiesenermaßen mindestens zehn Prozent dieser Flächen vorgesehen.

Doch im Ergebnis der Debatte rund um die Ernährungssicherheit wurden die Regeln zur verpflichtenden Stilllegung und für Fruchtfolgen im Jahr 2023 ausgesetzt. Landwirte sollen nun einzelbetrieblich entscheiden, ob sie das umsetzen oder nicht. Wer diese Möglichkeiten nutzt, verliert an anderer Stelle Förderung. Auf den Flächen dürfen nur Getreide (außer Mais), Sonnenblumen und Hülsenfrüchte (außer Soja) angebaut werden. Einmalig ausgesetzt werden auch die Regeln zum Fruchtwechsel. So können Landwirte im kommenden zum Beispiel Weizen nach Weizen anbauen.

Um die Ernährung zu sichern böten sich andere Möglichkeiten: So werden hierzulande auf 60 Prozent der Agrarfläche Futtermittel angebaut. Würden Tierbestände konsequent reduziert, entstünden zusätzliche Flächen für eine produktivere Nahrungsmittelerzeugung.