Warum 2025 wohl das Entscheidungsjahr für die Ukraine wird
Die Ukraine verliert in Kursk an Boden. Die westliche Unterstützung wird ungewisser, Trump will den Krieg schnell beenden. Was passiert, wenn Putin auf Zeit spielt?
Die Ukraine steht nach Einschätzung von US-Experten vor dem Verlust der im Spätsommer überraschend eroberten Gebiete in der russischen Region Kursk. Die aktuellen Entwicklungen auf dem Schlachtfeld und die ungewisse Versorgungslage mit Waffen und Munition durch die westlichen Verbündeten bringen die ukrainischen Streitkräfte zunehmend in Bedrängnis, schreibt die US-Agentur Bloomberg.
Bedrohliche Lage in Kursk
In Kursk soll die Ukraine bereits die Hälfte des eroberten Territoriums wieder verloren haben. US-Offiziellen zufolge könnte Kiew bis zum Frühjahr die restlichen Gebiete ebenfalls aufgeben müssen. Rund 12.000 nordkoreanische Soldaten verstärken dort die russischen Truppen.
Moskau dürfte in den nächsten Monaten seine Anstrengungen intensivieren, um die Ukrainer endgültig aus Kursk zu vertreiben. Diese hätten dann nur noch die Wahl zwischen Rückzug oder der Gefahr einer Einkesselung.
Schwindende Verhandlungsmasse
Der drohende Verlust von Kursk wäre ein herber Rückschlag für die Ukraine. Kiew hatte gehofft, die eroberten Gebiete als Faustpfand für eventuelle Waffenstillstandsverhandlungen nutzen zu können. Doch die Zeit drängt: Der künftige US-Präsident Donald Trump will den Krieg schnell beenden, doch angesichts der komplizierten Forderungen beider Seiten könnte es Monate dauern, bis es zu einer Einigung kommt.
Russland als aktuell überlegene Partei auf dem Schlachtfeld könnte daher versuchen, Gespräche hinauszuzögern, um vorher noch so viel Terrain wie möglich zurückzugewinnen, so die Einschätzung von Bloomberg.
Militärisch durchaus ein Erfolg
Doch auch wenn sie Kursk wieder aufgeben muss, hat die Ukraine mit ihrer Gegenoffensive bereits viel erreicht. Sie konnte die russischen Streitkräfte schwächen und ihnen hohe Verluste zufügen. Der Schockeffekt der Invasion auf eigenem Territorium dürfte bei Moskau lange nachwirken – und die Erkenntnis, dass Russlands Grenze keineswegs unverwundbar ist.
Aus militärischer Sicht wäre ein taktischer Rückzug durchaus sinnvoll, um hohe Verluste zu vermeiden. Dafür müsste der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj jedoch bald den entsprechenden Befehl geben.
Russland rückt im Osten vor
An der Ostfront können die russischen Verbände derweil weiter in Richtung der strategisch wichtigen Stadt Pokrowsk vorrücken. Sie dient der Ukraine als Logistik-Drehkreuz.
Während die Ukrainer ihre Verteidigung wohl noch eine Weile aufrechterhalten können, scheint es nur eine Frage der Zeit, bis die Russen den Ort einkesseln. Dann müssten sich die Verteidiger zurückziehen oder ergeben.
Trumps Amtsübernahme als Zäsur?
Der künftige US-Präsident Trump hatte den Einsatz von US-Langstreckenraketen auf russischem Boden als großen Fehler bezeichnet. Es bleibt abzuwarten, ob er die bisherige umfassende Unterstützung für Kiew fortsetzen wird.
Trump will ein schnelles Kriegsende, während sein Vorgänger Joe Biden die Lieferung von rund 500 ATACMS-Raketen mit fast 200 Kilometer Reichweite genehmigt hatte. Die Ukraine hat diese Waffen bereits eingesetzt, verfügt aber wohl nur noch über wenige Exemplare. Auch Großbritannien hat kaum noch Langstreckenraketen auf Lager, schätzt die US-Tageszeitung New York Times.
Wie steht Putin zum Friedensplan des Trump-Teams
Laut Analysten des US-amerikanischen Institute for the Study of War (ISW) hat der russische Präsident Wladimir Putin einen vom Übergangsteam des gewählten US-Präsidenten Donald Trump ausgearbeiteten Friedensplan für die Ukraine abgelehnt.
Der Plan sah vor, einen Nato-Beitritt der Ukraine um mindestens zehn Jahre zu verschieben, um den Krieg zu beenden. Für die These des ISW gab es jedoch weder aus Washington noch aus Moskau eine Bestätigung.
Putins Forderungen bleiben bestehen
Putin betonte am 26. Dezember, dass es keine Rolle spiele, ob die Ukraine "heute, morgen oder in 10 Jahren" der Nato beitrete. Laut ISW reiht sich diese Aussage in eine Serie weiterer Kommentare ein, in denen Putin seine Kompromisslosigkeit bezüglich seiner Ende 2021 und Anfang 2022 gestellten Forderungen untermauert. Dazu zählen:
- Die Ukraine soll ein permanent neutraler Staat bleiben und niemals NATO-Mitglied werden.
- Die Größe des ukrainischen Militärs soll stark eingeschränkt werden.
- Die derzeitige ukrainische Regierung soll abgesetzt werden.
Nordkoreanischer Soldat von ukrainischen Truppen gefangen genommen
Der südkoreanische Nachrichtendienst NIS hat am Freitag bestätigt, dass ukrainische Truppen einen verwundeten nordkoreanischen Soldaten gefangen genommen haben, der an der Seite russischer Streitkräfte kämpfte. Dies geht aus einem Bericht der Nachrichtenagentur Yonhap hervor.
Bestätigung nach Online-Bericht
Die Bestätigung erfolgte, nachdem am 26. Dezember online über die Gefangennahme eines nordkoreanischen Soldaten in der russischen Oblast Kursk berichtet worden war. Dort führen ukrainische Kräfte derzeit Operationen durch.
Auf Telegram tauchte ein Foto auf, das den offenbar verletzten Soldaten zeigt. Details zu seinem Zustand und Status sind noch nicht bekannt.
Nordkoreaner kämpfen für Russland
Laut Angaben des südkoreanischen Abgeordneten Lee Seong-kweun vom 19. Dezember sind in der Oblast Kursk bereits 100 nordkoreanische Soldaten, die auf russischer Seite kämpften, getötet und rund 1.000 weitere verwundet worden. Das Pentagon rechnet mit steigenden Opferzahlen unter den dort eingesetzten Nordkoreanern.
Der südkoreanische Militärgeheimdienst berichtet zudem, dass Pjöngjang offenbar zusätzliche Truppen und Ausrüstung wie Kamikazedrohnen zur Unterstützung Moskaus entsendet. Schätzungen von Präsident Wolodymyr Selenskyj vom 24. Dezember gehen sogar von über 3.000 getöteten oder verwundeten Nordkoreanern in Kursk aus. Allerdings stützen sich diese Angaben bislang fast nur auf ukrainische oder westliche Quellen.