Warum Frankreich in Westafrika die Kontrolle entgleitet

Seite 2: Informationskrieg und antikoloniale Ressentiments?

Die Organisatoren der Proteste in Burkina Faso kritisieren, die französischen Streitkräfte würden nichts dafür unternehmen, um die Terroristen zu stoppen. Roland Bayala, Sprecher der Koalition afrikanischer Patrioten in Burkina Faso, nannte sie sogar "Komplizen der Terroristen" und hielt, auf scheinbar gängige Gerüchte in den sozialen Medien verweisend, sogar die Möglichkeit offen, dass Waffen von der ehemaligen Kolonialmacht an die Islamisten gingen.

Auch Demonstrierende hätten wohl gegenüber dem Sender Voice of America die Franzosen verdächtigt, dschihadistische Milizen mit Waffen auszustatten.

Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian sprach gegenüber dem Fernsehkanal LCI von "Manipulatoren", die antifranzösischen Gefühle anstacheln würden und von "Meinungsführern die an einem Informationskrieg beteiligt sind".

Ob Russland dahintersteckt, was mit dieser Phrase gern angedeutet wird, ist allerdings unklar. Eine direkte Verbindung bestreitet Bayala, räumt jedoch eine Nähe zu der Bewegung Yerewolo in Mali ein, die Demonstrationen für den Abzug der Franzosen organisiert und die Einladung der russischen Söldnertruppe Wagner begrüßte.

Schon in den Demonstrationen gegen den korrupten malischen Präsidenten Ibrahim Boubacar Keïta (IBK) im Sommer 2020 vernahm man auf Schildern und Rufen "France degage" – "Frankreich, hau ab"!

Damals endeten die wochenlang andauernden Demonstrationen mit einem Coup des Militärs. Die Junta betonte damals, wie wichtig die Zusammenarbeit mit den internationalen Militärs im Kampf gegen die islamistischen bewaffneten Gruppen sei.

Die Organisatoren der Straßenbewegung M5-RFP wurden hingegen nicht in die Institutionen oder in den Dialog zur Zukunft Malis mit einbezogen, und stellten die Legitimität der Putschregierung bald in Zweifel.

Abhängige Militär-Regenten

Nachdem 50 französische Gefallene und der (eigentlich noch geringe) Medienrummel um die Bombardierung in Bounti die Unterstützung für den Einsatz in der französischen Bevölkerung erheblich geschmälert hatten und Rekordzahlen der Opfer durch dschihadistische (und Staats-) Gewalt in diesem Jahr auch die antifranzösischen Gefühle in den Sahel-Staaten befeuerten, kündigte Macron im Juli 2021 das Ende der Antiterrormission Barkhane an.

Französische Soldaten und Beamte werden dann zwar noch über die UN-Mission Minusma, die europäischen Ausbildungsmissionen EUTM und Eucap, die europäische Spezialkräfte-Mission Task Force Takuba und unterstützend bei der G5-Sahel, einem Sicherheitsbündnis der Sahelstaaten, sowie fest stationiert im Tschad, vor Ort sein.

Doch der Rückzug eines großen Teiles der rund 5.000 französischen Soldaten aus dem Sahel ist damit angekündigt.

Für die de facto regierenden Militärs in Bamako (und anderswo) sind solche Ankündigungen unwillkommen, da die besonders gut ausgestatteten europäischen Soldaten auch Teil ihres Machtnexus gegen die Aufständischen aus den Provinzen bilden.

Somit ist nicht verwunderlich, dass dies mit der Ankündigung der Einladung der russischen Söldnertruppe Wagner gekontert wurde. Teile der Bevölkerung scheinen russische Söldner sogar gegenüber der Anwesenheit von Soldaten der ehemaligen Kolonialmacht zu bevorzugen – auch wenn diese, wie die ARD anzumerken weiß, auch Rohstoffgarantien für solche Unterstützung fordern.