Warum das 50-Milliarden-Geschenk an die Industrie Murks ist

Seite 2: Sollten die Subventionen nicht besser nachhaltige Selbstversorgung fördern?

Auch der Staat langt übrigens bei den Privatkunden über die Mehrwertsteuer ganz gut hin. Diese liegt derzeit um knapp 2,4 Cent pro Kilowattstunde höher als noch 2021. Bei einem geschätzten Jahresverbrauch von 120 Milliarden Kilowattstunden (2021 betrug der Verbrauch 126,8 Milliarden Kilowattstunden, dürfte aber inzwischen wegen des hohen Preises etwas zurückgegangen sein) wären das immerhin Mehreinnahmen von rund 2,5 Milliarden Euro.

Aber zurück zum Börsenstrompreis. An der Leipziger Börse konnte man in den letzten Tagen Geld verdienen, wenn man Strom verbraucht hat. Dem Vernehmen nach sollen daher zu Pfingsten in Augsburg auch tagsüber die Straßen beleuchtet gewesen sein. Der Grund war die hohe Solarstromerzeugung bei gleichzeitig niedriger Nachfrage aufgrund der Feiertage.

Aber das ist natürlich nicht die Regel und spricht vor allem dafür, dass mehr und schneller in diverse Speichertechnologien investiert werden muss. Unter anderem sollte die über hohe Gaspreise jammernde Chemieindustrie Elektrolyseanlagen anschaffen, um sich ihren Wasserstoff selbst zu erzeugen. Dafür wären die Angebotsspitzen bei Solar- und im Winter auch beim Windstrom bestens geeignet.

Wasserstoff braucht die Chemieindustrie als Grundstoff und gewinnt ihn bisher, indem sie Erdgas zerlegt und dabei jede Menge CO2 freisetzt. Außerdem könnte sie den Wasserstoff bei Bedarf auch in ihren Gaskraftwerken einsetzen, wenn sie diese dafür ein bisschen umrüsten würde.

Die deutsche Industrie – insbesondere die Chemieindustrie – produziert nämlich im erheblichen Umfang ihren eigenen Strom, und zwar zumeist in Gaskraftwerken. 35,7 Milliarden Kilowattstunden waren es nach den Daten des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme 2021.

Man muss wohl davon ausgehen, dass diese industriellen Selbstversorger ebenfalls die Hand aufhalten werden, wenn demnächst der Industriestrom subventioniert werden sollte. Und was ist dann mit der zunehmenden Zahl von Industriebetrieben, die sich Solaranlagen auf die Fabrikdächer für den Eigenbedarf montieren?

Sollte man statt neuer Subventionen – neuer, denn der Industriestrom ist auch bisher schon auf vielfältige Weise begünstigt – nicht lieber diese solare Selbstversorgung fördern? Vielleicht auch den Einsatz von Elektrolyseuren für die Selbstversorgung mit Wasserstoff?

Oder will man die Industrie tatsächlich dafür belohnen, dass sie aufgrund des Schielens auf den schnellen Gewinn seit vielen Jahren nur zögerlich die gewaltigen Einsparpotenziale nutzt, die sie beim Energieverbrauch hat?

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