Warum die Bitcoin-Apokalypse ausbleibt

Seite 2: Der Preis einer Bitcoin-Transaktion

Zudem führt der Autor einige Beispiele an, die zeigen sollen, wie viel Strom eine einzige Bitcoin-Transaktion verbraucht. Diese Beispiele sind nicht haltbar, da hier der Energieverbrauch für die Transaktion und der Energieverbrauch für die Sicherheit des Netzwerks verwechselt werden.

Die Energie wird für die Sicherheit des Netzes verwendet, nicht für die Transaktionen. Das möchte ich folgendermaßen veranschaulichen.

Stellen wir uns ein virtuelles Fort Knox vor, in dem alle Bitcoins der Welt in individuellen Schließfächern liegen.

Ein virtueller Angestellter lebt im virtuellen Fort Knox und transferiert auf Wunsch der Besitzer Bitcoins aus dem eigenen Schließfach in das Schließfach eines anderen Besitzers. Das sind die Transaktionen. Sie sind sehr preiswert und verbrauchen kaum Energie.

Um die Einlagen aller Beteiligter zu schützen, also auch derer, die seit zehn Jahren gar keine Transaktion vollzogen haben, wird um das Fort herum nun aber eine ganze Armee stationiert. Diese Armee verhindert, dass in das Fort eingebrochen wird und die Bitcoins gestohlen werden.

Die Armee verbraucht dabei jede Menge Energie. Je höher der Wert der gesamten Einlagen im Fort ist, desto attraktiver ist ein Angriff, desto mehr muss die Armee aufgerüstet werden, desto mehr Energie verbraucht sie.

Die Energie fließt also nicht in die Transaktionen, sondern in die Sicherheit. Auch steigt der Energieverbrauch des Netzwerks nicht, wenn die Anzahl der Transaktionen steigt. Das führt lediglich dazu, dass die einzelne Transaktion entweder teurer wird oder ihre Ausführung länger dauert.

Gründe für den hohen Energieverbrauch

Als Gründe für den hohen Stromverbrauch führt der Autor einerseits das Proof-of-Work System der Bitcoin-Blockchain und andererseits ihre enorme Größe "gemessen in Gigabyte" sowie das Wachstum der Bitcoin-Blockchain an.

Auch diese These ist sachlich falsch. Der Stromverbrauch des Bitcoin-Netzwerks steht in keinem Zusammenhang mit der Größe der Blockchain. Eine große Festplatte im Dauerbetrieb verbraucht etwa elf Watt, mithin rund 100 kWh pro Jahr.

Wenn man sehr optimistisch annimmt, dass es eine Million Betreiber des Netzwerks gibt, würde das einen Stromverbrauch von 100 GWh pro Jahr und damit etwa 0,1 Prozent des vom Autor angegebenen Stromverbrauchs des Bitcoin-Netzwerks ausmachen.

Die Größe der Bitcoin-Blockchain liegt derzeit bei ca. 350 GB. Das ist wesentlich weniger als auf eine Festplatte mit einem Terabyte passt, die im Fachhandel für rund 40 Euro zu haben ist.

Diese Festplatte würde die Bitcoin-Blockchain trotz ihres Wachstums auch noch in 20 Jahren aufnehmen können. Es ist also nicht damit zu rechnen, dass das Wachstum der Bitcoin-Blockchain in den nächsten 20 Jahren irgendeine Auswirkung auf den Energieverbrauch haben wird.

Tatsächlich wird die Energie fast komplett durch den Proof-of-Work Mechanismus verbraucht. Allerdings stimmt weder die Behauptung, dass der Proof-of-Work Mechanismus "Verschlüsselungsaufgaben" übernimmt, noch dass er die "Anonymität" des Bitcoins sicherstellt.

Falsch ist auch Kreiß' Behauptung: "Die Rechenoperationen werden im Laufe der Zeit allerdings immer komplizierter, sodass trotz steigender Rechnerleistungen und effizienter werdender Rechner die Rechenoperationen immer aufwändiger, länger und damit stromintensiver werden".

Der Proof-of-Work-Mechanismus von Bitcoin

Das Bitcoin-Netzwerk wird von sogenannten Minern betrieben. Jedermann kann ohne Anmeldung, Formalitäten ober Gebühren jederzeit Miner werden.

Dazu benötigt es einen Computer, eine Festplatte, einen Internetanschluss und eine kostenlos im Internet zugängliche Software, den Bitcoin-Client. Wird der Bitcoin-Client gestartet, kopiert er sich als erstes die komplette Bitcoin-Blockchain aus dem Internet.

Jeder Miner sammelt über den Bitcoin-Client die Transaktionswünsche der Bitcoin-Besitzer ein und fertigt daraus einen Block. Einer der frisch gefertigten Blöcke wird dann der offizielle nächste Block und wird an die bestehende Blockchain angehängt.

Alle Miner bekommen eine Kopie des offiziellen Blocks und hängen sie an ihre Kopie der Blockchain an.

Für diese Arbeit werden die Miner durch ein lukratives Versprechen motiviert: Wer den nächsten offiziellen Block erschaffen darf, erhält auch eine gewisse Menge an neu erschaffenen Bitcoins. Derzeit sind das 6,25 BTC, was einem Gegenwert von aktuell 162.000 Euro entspricht.

Alle streben also danach, als Miner den jeweils nächsten Block schreiben zu dürfen. Die Auswahl des Glücklichen erfolgt bei Bitcoin über den Proof-of-Work Mechanismus.

Hat ein Miner seinen Block fertiggestellt, bekommt er eine Zusatzaufgabe: Er muss mit seinem Block eine sogenannte Hash-Operation ausführen. Dabei wird aus dem Block eine Prüfsumme errechnet.

Das Bitcoin-Netzwerk erwartet nun, dass diese Prüfsumme eine bestimmte Anzahl von führenden Nullen aufweist. Das wird beim Block des Miners mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht der Fall sein.

Es ist mathematisch unmöglich, den Block so zu vorauszuplanen, dass die Anforderung erfüllt wird. Der Miner muss nun also zufällige Zahlen, sogenannte Nonces, an seinen Block anhängen, mit dem Block dann immer wieder die Hash-Operation durchführen und schauen, ob irgendwann die Anforderung erfüllt ist.

Die Anforderung, hier ist von "Difficulty" die Rede, liegt derzeit so hoch, dass durchschnittlich etwa 14 Billionen Hash-Operationen durchgeführt werden müssen, um auf ein akzeptiertes Ergebnis zu kommen.

Jeder Miner kann seine persönlichen Chancen steigern, indem er mehr Mining-Hardware anschafft und damit mehr Hash-Operationen pro Sekunde durchführen kann.

Hat ein Miner als erster eine Nonce gefunden, die eine akzeptable Prüfsumme errechnet, verkündet er dies den anderen Minern. Diese prüfen mit lediglich einer Hash-Operation nach, ob das Ergebnis stimmt. Zugleich verifizieren sie die Konsistenz des vorgeschlagenen Blocks.

Wenn beides ordnungsgemäß ist und über 50 Prozent der Miner dies bestätigen, wird der neue Block von allen an ihre Kopie der Blockchain angehängt, der Gewinner erhält seine Belohnung und das Spiel startet erneut.

Dieser zunächst eher sinnlos anmutende Mechanismus hat zwei entscheidende Wirkungen:

Ein Angreifer kann nie voraussagen, welcher Miner den nächsten Block scheiben wird. Daher ist ein Angriff von außen auf das Netzwerk erstens aussichtslos.

Zudem hat der Gewinner für die Schaffung des Blocks ernsthaft investiert: Rechner, Strom, Billionen von Fehlversuchen. Die Belohnung erhält er aber nur, wenn sein Block korrekt ist. Ein fehlerhafter oder betrügerische Block bringt keine Belohnung und die Investition darin, überhaupt einen vorschlagen zu dürfen, wäre vergebens gewesen. Angriffe von innen lohnen sich also zweitens nicht.

Proof-of-Work trägt auf diese Weise entscheidend zur Sicherheit des Bitcoin-Netzwerks bei. Das Problem ist, dass die ungeheure Anzahl von Hash-Operationen, die parallel von tausenden Minern durchgeführt werden, enorm viel Strom verbrauchen.

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