Warum ist der Mobilfunkempfang in deutschen Zügen so schlecht?
Ein Versprechen der Bahn bleibt unerfüllt. Mobiles Internet im Zug ist oft langsam und verärgert die Fahrgäste. Warum die Technik an ihre Grenzen stößt.
Die Deutsche Bahn meldete schon im vergangenen Jahr den nahezu flächendeckenden Ausbau des Mobilfunknetzes entlang der Zugstrecken. Nach Aussagen der Deutsche Telekom und der Deutschen Bahn wird auf 97 Prozent der Hauptverkehrsstrecken der Funkstandard LTE mit einer Übertragung von 200 Megabit pro Sekunde zur Verfügung gestellt.
In Tunneln sowie Naturschutzgebieten kann die Verbindung jedoch mangels Ausbaumöglichkeiten auch heute noch schlecht sein, weil dort beispielsweise keine Baugenehmigungen für neue Sendemasten erteilt werden, die nicht schon zum Bestand aus der Zeit der Trassenplanung stammen. Und dann gibt es wieder Beschwerden über das schlechte Internet im ICE.
Die Frequenzproblematik
Um möglichst viel Mobilfunkkapazität an einer Bahnstrecke zu errichten, sind die Netzbetreiber auf ersteigerte Frequenzen angewiesen. Und da kommt jetzt die Physik ins Spiel. So können Sendeanlagen mit Frequenzen um 700, 800 und 900 MHz deutlich größere Entfernungen abdecken als solche mit Frequenzen um 1.800 oder 2.100 MHz.
Das ist besonders bei den Schnellfahrstrecken bedeutsam. Denn die Zahl der Übergaben zwischen Sendemasten auf der Strecke wird geringer. Bei Überlandstrecken und Geschwindigkeiten von 250 km/h müsste bei Reichweite von zwei Kilometern ein Smartphone alle 28 Sekunden einen anderen Sendemast nutzen.
Die Frequenzen im Bereich um 700 MHz wurden erst im Zuge der Umstellung auf digitales Fernsehen freigegeben. Vorher wurden sie vom terrestrischen Fernsehen genutzt. Sie stehen erst seit 2019 für den Mobilfunk zur Verfügung. Sie werden jedoch nur von neueren Smartphones unterstützt und kommen heute meist für 5G zum Einsatz.
Lediglich die Frequenzen um 800 MHz sind bundesweit im Einsatz. Ein Sendemast mit Frequenzen um 800 MHz kann einen Umkreis von etwa 10 Kilometern versorgen. Bei 1.800 MHz geht man noch von sechs Kilometern Reichweite aus, bei 2.600 MHz nochmals weniger.
Gut ausgebaute Mobilfunknetze entlang der Bahnstrecke sind übrigens auch die Voraussetzung für ein gutes und schnelles kostenloses WLAN im Zug, denn diese Systeme nutzen dieselben Mobilfunknetze für die Anbindung.
Bahnfunk blockiert Frequenzen
Eigentlich hätten inzwischen auch die für die Versorgung der Fläche wichtigen Frequenzen um 900 MHz für entlang der Bahnstrecken zum Einsatz kommen sollen. Dieser Plan ist jedoch gescheitert, denn die Frequenzen für das 900-MHz-Band liegen nah an den des Zugfunks GSM-R.
Ohne GSM-R darf kein Zug das Netz der DB Netz nutzen. Die Zeit für die Umstellung des Bahnfunks auf gehärtete digitale Systeme war offensichtlich zu kurz, weil nicht nur Züge der Deutschen Bahn davon betroffen sind, sondern auch ausländische Garnituren, darunter auch Leasingfahrzeuge. Offensichtlich zählen dazu auch ausländische Personenschnellzüge, die bisher nicht umgerüstet sind, ohne die jedoch der Fernverkehr in Deutschland nicht gesichert werden kann.
Mehr als 1.000 Fahrzeuge sollen zuletzt noch ohne die notwendige Umrüstung unterwegs gewesen sein. Darunter sollen sich auch Fahrzeuge befinden, welche kurzfristig reaktiviert wurden, um die Energieversorgung im Winter zu sichern. Die berühmten Kohlezüge haben ja inzwischen Vorfahrt vor den ICE.
Je schneller der Zug, desto langsamer das Internet
Wenn man nicht auf die von GSM-R gebotene Sicherheit verzichten will, bedeutet die aktuelle Situation für die Bahnreisenden im Klartext: Die Handynetze von Telekom, Vodafone und O2 müssen bis auf Weiteres auf dem Level bleiben, der die Fahrgäste ärgert.
Mit den Repeatern, die in den dafür eingerichteten Waggons inzwischen verbaut wurden, wurde zumindest in diesen Fahrzeugen das Problem der Dämpfung der Funkwellen durch den Fahrzeugaufbau gelöst, bevor man alle metallbedampften Fenster austauschen konnte.
Der Einsatz der noch in größerem Umfang verfügbaren höheren Frequenzen um 1.800 oder 2.100 MHz ist insbesondere auf den Schnellfahrstrecken nicht besonders sinnvoll. Zudem fehlt für diese Frequenzen die notwendige Infrastruktur in Form von Sendemasten und Festnetzanbindung.
Taschenspielertricks bei der Kapazität
Der Tatsache, dass die versprochenen Kapazitäten für den einzelnen Mobilfunknutzer nicht den Realitäten entsprechen, haben die Anbieter mit der Angabe "bis zu" Rechnung getragen. Mobilfunknutzer müssen sich die technisch verfügbaren Kapazitäten immer teilen.
Nicht selten fällt es im Zug schwer, sich ins Internet einzuloggen, wenn viele Passagiere das Internet gleichzeitig nutzen wollen. Mit mehreren Videostreamern im Waggon kommt es dann bald zu ruckelnden Filmen.
Zwar hatten Telekom und Vodafone den Ausbau der Mobilfunknetze an der Bahn bis 2025 bzw. 2026 versprochen und sogar eine Datenübertragung von 200 MBit/s für jeden Fahrgast versprochen. Sie scheiterten bei der Umsetzung jedoch an der Technik.
Technisch machbar sind lediglich 200 MBit/s Gesamtkapazität, die sich dann auf die einzelnen Nutzer verteilen. Je länger die Züge werden und je mehr Nutzer somit über den jeweils gleichen Sendemast geführt werden, desto enger wird es für den Einzelnen.
Letztlich bleibt aufgrund der physikalischen Rahmenbedingungen nur die Wahl, weitere Frequenzen für den Mobilfunk freizuräumen und damit andere Angebote im Äther zu streichen. Dazu werden mit Sicherheit die Radiosender im UKW-Bereich sowie die öffentlich-rechtlichen Sender auf DVB-T2 zählen, für die lediglich die Rundfunkgebühren fällig sind.
Für den Empfang dieser Sender werden künftig weitere Kosten anfallen, welche mit der technischen Qualität der übertragenen Sendungen steigen werden.