Was Doge für die Welt – und auch Deutschland bedeutet

Seite 2: Nicht nur Gegner

Dass es in der politischen Szene der Bundesrepublik nicht nur Gegner des US-amerikanischen Doge-Vorstoßes gibt, bewies prominent Telekom-Chef Timotheus Höttges.

Auf der weltgrößten Branchenmesse MWC in Barcelona hielt Höttges eine entsprechende Keynote-Rede. In Europa würden rund 270 verschiedene Behörden den Markt zu Tode regulieren. Laut Handelsblatt läuft das Geschäft in den USA reibungsloser und einfacher, so Höttges.

Worum geht es Höttges? Hinter dem "Europa braucht einen Doge" steckt Kalkül.

Der Deutschen Telekom als privatisiertem ehemaligen Staatsunternehmen geht es nach eigenen Angaben wirtschaftlich "sehr gut". Was jedoch vor allem am starken US-Geschäft liegt. Im Jahr 2024 konnte der Konzern seinen Umsatz insgesamt um 3,4 Prozent steigern, für 2025 wird eine weitere Steigerung erwartet.

Der Geschäftsbericht hebt insbesondere den steigenden "Kundenzustrom" in den USA hervor. 6,1 Millionen neue Mobilfunkkunden sprechen eine deutliche Sprache.

Wie die Wirtschaftswoche berichtet, ist der Markt in Deutschland gesättigt. Gerade einmal 260.000 Neukunden konnten im vierten Quartal 2024 trotz massiver Lockangebote gewonnen werden.

Auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt ist Hauen und Stechen angesagt: Wachstum der Telekom kann es demnach nur noch auf Kosten der beiden anderen großen Anbieter, Telefónica oder 1&1, geben.

Damit wird klar, worum es Höttges geht: Höhere Gewinne lassen sich auch durch Kosteneinsparungen erzielen (ergo Bürokratieabbau, Senkung der Neben- oder Lohnkosten). Zum anderen könnte es sein, dass sich der deutsche CEO mit den Marktwächtern in den USA gut stellen will. Seine Aussagen dürften im Oval Office gut angekommen sein.

Alles steht auf dem Spiel

Doge hat vor allem am amerikanischen Entwicklungsministerium, Usaid, die Spaltaxt angelegt. Dessen Website ist vom Netz, Informationen über Projekte müssen stückweise recherchiert werden, Ansprechpartner sind kaum zu finden. Früher war man in über 6000 Projekten in 120 Ländern weltweit aktiv, investierte Milliarden.

Der Traum ist vorbei: Wie Marco Rubio ankündigte, werden 84 Prozent der Projekte beendet, 54 Milliarden Dollar sollen eingespart werden. Im Machtkampf der Regierung zeichnet sich eine glasklare Verschiebung ab: Die verbleibenden Projekte werden direkt vom Außenministerium aus koordiniert. Usaid galt bisher als zumindest CIA-nah.

Vorab: Natürlich sind und waren US-Hilfszahlungen immer und überall an politische Einflussnahme, Wohlwollen der Herrschenden und diplomatische Einflussnahme gebunden. Wer wie Iran, Kuba oder Venezuela auf Regierungsebene opponiert, bekommt statt Dollars Sanktionen.

Das zeigen die Investitionen in der Ukraine, der Aufbau "zivilgesellschaftlicher" Medien, im Klartext westlicher Propagandasender, die den Krieg gegen Russland herbeiredeten und den Maidan vorbereiteten. Kostenpunkt: ein zweistelliger Milliardenbetrag. Ähnliche Summen dürften für Umstürzler aller Art gegen Kuba über die Wupper gegangen sein.

Dennoch macht eine Recherche der Frankfurter Rundschau auch auf sinnvolle Projekte aufmerksam: Beispiel Haiti. Dort wurden bisher massiv die Wasserversorgung gesichert, rund 500.000 Kinder und 11.000 Lehrer in der Bildung unterstützt und 170 Gesundheitseinrichtungen aufgebaut.

Die Hilfe und damit das Leben zehntausender Menschen steht auf dem Spiel.

Wie die FAZ vermutet, sehen zumindest einige afrikanische Staaten in der Zahlungspause eine Chance zur Eigenständigkeit. Für den Kampf gegen Aids hat der Rückzug von Usaid dagegen dramatische Folgen, Millionen fehlen. Das Beispiel Indien zeigt, dass Tausende Mitarbeiter ohne Lohn und soziale Absicherung vor den Trümmern ihrer Existenz stehen.

Perspektiven und Widerstand

Auf den ersten Blick erscheint die massive Streichung von Hilfsmilliarden als logische Konsequenz der radikalen Auslegung der US-Suprematie. Doch dieser Blick kann trügerisch und kurzsichtig sein.

Der Rückzug kann nicht durch Gelder aus Europa kompensiert werden, in die Lücke können und werden Kreditvereinbarungen oder Einflussnahmen aus Moskau, Ankara oder Peking stoßen. Gegenwärtig scheint Trump Einsparungen und einer Neuausrichtung der Rüstung in den USA den Vorrang vor einer Weltpolizeirolle zu geben. Allerdings vor dem Szenario einer drohenden Konfrontation mit China.

Interessant erscheint, dass das bisherige Konzept von Aufrüstung und globalem Einfluss offensichtlich aufgegeben wurde.

Spannend könnte es werden, wenn sich aus christlicher Perspektive Widerstand gegen die US-Praxis der Kürzungen regt. Wenn sich linke, christliche und gewerkschaftliche Bewegungen mit den innenpolitischen Gegnern des Musk-Trump-Projekts verbünden, könnte Doge vor dem eigentlichen Höhepunkt enden.