Was der Rauswurf von Vizeadmiral Schönbach bedeutet

Seite 3: Wachsende Unruhe in Militär und Sicherheitskreisen

Der Eklat um die Rede des Vizeadmirals scheint ungeachtet des Ausgangs auch ein Ausdruck erheblicher Unruhe im deutschen Militär und sicherheitspolitischen Kreisen zu sein. So hatte in Telepolis Johannes Varwick, Professor für internationale Beziehungen und europäische Politik an der Universität Halle sowie Präsident der Gesellschaft für Sicherheitspolitik, unlängst für eine realpolitische Sicht auf den Konflikt zwischen der Nato und Russland geworben:

Sollen wir bei diesem fragilen Status quo stehen bleiben oder brauchen wir nicht einen wirklich neuen politischen Anlauf, um diese brisante Lage zu entschärfen? Worin liegen die tieferen Ursachen dieses Scheiterns und was können wir daraus lernen? Was ist denkbar und umsetzbar – und welche Schritte sind dafür erforderlich?

Die Drohgebärden Russlands gegenüber der Ukraine und das Imponiergehabe gegenüber Nato-Staaten in Übungen sind inakzeptabel. Dennoch führen Empörung und formelhafte Verurteilungen nicht weiter. Vielmehr ist jetzt Realpolitik angezeigt.

Eine vorwiegend auf moralische Empörung und Abschreckung setzende Politik war und ist nicht erfolgreich. Wirtschaftlicher Druck und die Verschärfung von Sanktionen haben – dies zeigt die Erfahrung der vergangenen Jahre – Russland nicht zur Umkehr bewegen können.

Prof. Johannes Varwick in: "Raus aus der Eskalationsspirale mit Russland"

Varwick war auch Initiator eines entsprechenden Aufrufs, der von Dutzenden Militärs, Sicherheits- und Friedensforschern sowie Diplomaten unterzeichnet worden war. Dieser Text konstatiere nüchtern, dass die Welt in eine Lage zu geraten drohe, in der ein Krieg in den Bereich des Möglichen rücke, schrieb Telepolis-Autor Leo Ensel: "Nun müsse umgehend alles dafür getan werden, die Eskalationsspirale zu durchbrechen."

Die Autoren ließen keinen Zweifel daran, dass sie keine Russland-, gar "Putin-Versteher" sind, so Ensel. Als Sicherheitsexperten aber sei ihnen bewusst, "dass Gespräche immer und namentlich zu Krisenzeiten eine Conditio sine qua non sind, die niemals an Bedingungen geknüpft werden darf."