Was ist Sozialismus?
Viele reden wieder über Sozialismus, meinen aber meist nicht das Gleiche. Denn auch Marx wusste eigentlich nicht, was das ist
Sozialistische Ideen werden neuerdings wieder hitzig diskutiert, fand Joshua Beer in der FAZ vom 13. Mai, und sogar in den USA beginnt man mit dem Sozialismus zu sympathisieren. Würde er da aber nun Wirklichkeit - würde man dann endlich wissen, um was es sich dabei eigentlich handelt? Jedenfalls genauer als diese 43 Prozent Amerikaner, die nach der aktuellen Gallup-Umfrage meinen, so "eine Art von Sozialismus" sei eine gute Sache?
Wenn man etwas mit Bestimmtheit sagen kann über den Sozialismus, dann offenbar dies, dass man über ihn nichts mit Bestimmtheit sagen kann. Wenn etwa Bernie Sanders sich einen "demokratischen Sozialismus" ins Programm schreibt, meint er damit nicht wesentlich anderes als den Sozial- oder Wohlfahrtsstaat der späten Nachkriegsjahre, der in weiten Teilen Europas zu einem gepriesenen Erfolgsmodell geworden war. Nach dem indischen Ökonomen Pranab Bardhan gibt es eine breite und eine enge Definition von Sozialismus, und in diesem breiten Sinne meine der Begriff eben die Herstellung sozialer Gerechtigkeit, also: sozialen Ausgleich und soziale Sicherheit durch Steuerprogression, öffentliche Gesundheits- und Altersversorgung sowie erleichterten Zugang etwa zu Bildung, Mobilität und Kultur.
Die Geschichte des Begriffs führt zurück zu den utopischen Sozialisten, und Karl Marx hatte dann einen wissenschaftlich begründeten Sozialismus im Sinn. Nach Marx' Kapitalismus-Analyse würde die dem Kapitalismus innewohnende Tendenz zur Ersetzung der lebendigen Arbeit durch tote Maschinenarbeit eines Tages zur Vertreibung der arbeitenden Menschen aus Lohn und Brot und damit zu deren Verelendung führen. Um die im Kapitalismus heranreifenden technischen Mittel, die an sich ja zum Wohle der Menschen würden genutzt werden können, der Profitgier der Kapitaleigner zu entreißen und auch um sie erst zur vollen Reife zu entwickeln, müsse "das Proletariat" die politische Herrschaft erringen, wie es im Kommunistischen Manifest hieß:
Das Proletariat wird seine politische Herrschaft dazu benutzen, der Bourgeoisie nach und nach alles Kapital zu entreißen, alle Produktionsinstrumente in den Händen des Staats, d. h. des als herrschende Klasse organisierten Proletariats, zu zentralisieren und die Masse der Produktionskräfte möglichst rasch zu vermehren.
Kommunistisches Manifest
Eine zentral gelenkte Planwirtschaft des sozialistischen Staates sollte also "die Produktionskräfte möglichst rasch vermehren" und schließlich den von Marx als Ideal und Endziel gedachten Zustand der kommunistischen Gesellschaft herbeiführen, in dem "die Maschinerie" die meiste Arbeit erledigt und die Menschen die berühmte Freiheit genießen, "heute dies, morgen jenes zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich gerade Lust habe …".
Dabei war Marx sich durchaus nicht einig über diesen Zustand, den er mal mit der Verkürzung des durchschnittlichen Arbeitstages auf sechs Stunden erreicht sah, und dann wieder erst mit der endgültigen Befreiung des Menschen aus der entwürdigenden und entfremdeten Fabrikarbeit.
Für den Sozialismus in diesem Verständnis bedeutet das aber: Sozialismus als Architektur einer Wirtschaftsordnung mit dominanter zentralstaatlicher Lenkung gab es in der Marxschen Theorie nicht um seiner selbst willen, sondern als Zweckkonstrukt mit zeitlicher Befristung, um eben diesen erhofften Zustand herbeizuführen, von dem Marx annahm, dass er unter kapitalistischen Bedingungen nie würde eintreten können, weil die Entwicklung mit der erwarteten Verelendung der Massen - die darum bei einer Revolution nichts zu verlieren haben würden als ihre Ketten - unausweichlich in einem Doomsday enden werde.
Aber offenbar hat Marx sich - vorerst - in dem Punkt geirrt. Was die Vermehrung der Masse der Produktivkräfte angeht, waren marktwirtschaftlich und privatkapitalistisch aufgestellte Ökonomien allen planwirtschaftlich-sozialistischen Ökonomien weit überlegen. Und tatsächlich hat Marx sich ja - vorerst - auch mit der Erwartung der Verelendung der Massen geirrt, und sich damit auch selbst insofern widersprochen, als er die Heranreifung der materiellen Mittel für eine nächsthöhere Stufe im Schoß der alten Gesellschaft zu einem allgemeinen Gesetz der geschichtlichen Entwicklung erklärt hatte. Eine Gesellschaft könne "geschichtlich notwendige Epochen weder überspringen noch wegdekretieren".
Die frühindustrialisierten Gesellschaften haben nun diese geschichtlich notwendige Kapitalismus-Epoche nicht übersprungen, und die rasch vermehrten Produktionskräfte stehen offensichtlich überreichlich zur Verfügung. Aber paradoxerweise tritt genau darum eine Entwicklung ein, die nun eben dazu führt, dass sozialistische Ideen wieder "hitzig" diskutiert werden: Weil nun die Reichen immer reicher werden, während die Einkommen aus Arbeit stagnieren, weil nun sogar über Hunger in England berichtet wird, oder weil die bisher unpolitische Jugend der Politik aller etablierten Parteien bittere Vorwürfe macht; dazu kommen die Freitags protestierenden Schüler, die die Zukunft unseres Planeten und damit ihre Lebensbedingungen auf diesem Planeten in Gefahr sehen. Steht am Ende der kapitalistischen Entwicklung, nachdem der sich bis zur vollen Reife hat entfalten können, nun doch der Doomsday am Horizont?
Wellbeing-Ökonomie?
Was also nun tun - vielleicht diese Art von Sozialismus erschaffen, die sich am Wohlfahrtsstaat der 1970er Jahre orientiert? Plus CO2-Steuer, Grundeinkommen und kurze Vollzeit? Also politischen Willen gegen die Macht des Kapitals setzen - das doch schon den Sozialstaat der 1970er Jahre zu Fall gebracht hatte?
Würde es etwas ändern, wenn man das Ganze "Gemeinwohl-Ökonomie" oder "Wellbeing-Ökonomie" nennt? Wären das nicht nur wohlklingende Etiketten auf dem unveränderten Inhalt? Denn man hätte es ja doch mit nichts anderem zu tun als mit einer kapitaldominierten Ökonomie mit inhärentem Wachstumszwang und Trend zu Gewinnmaximierung und Kapitalkonzentration, die man nun erneut mit politischen Steuerungsaufwand würde zähmen, kontrollieren und umdefinieren wollen. Wäre dies sehr aussichtsreich angesichts des nie dagewesenen Reichtums und der ungeheuren Macht der Konzerne, die sich Politik und Medien nach Gusto einkaufen und ihrem Willen unterwerfen können?
Wäre darum also nun doch die Zeit gekommen für diese Art von Sozialismus, die Marx im Sinn hatte? Als vorübergehende Zweckmaßnahme mit eben diesem ferneren Ziel: "Heute dies, morgen jenes zu tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich gerade Lust habe …"?
Das würde dann also bedeuten: die Produktionsmittel kollektivieren. Aber da schwante Marx selber schon, dass es damit seine Tücken haben werde. Denn der Arbeiter werde mit seinen entrissenen Produktionsmitteln zu seinem eigenen Kapitalisten, da er ja nun davon abhängig sei, dass die von ihm produzierten Waren auch mit Gewinn verkauft werden können. Auch er steht unter dem marktkapitalistischen Gesetz des "Wachse oder Weiche", weil auch er unter Risiko und Wettbewerbsdruck produzieren und kalkulieren muss.
Und genau dieser Mechanismus hat ja den Wachstumsdruck erzeugt, der solange produktiv und wohlfahrtsteigernd war, wie die zweifachen Grenzen des Wachstums - die sättigungsbedingten endogenen und die ökologischen exogenen - noch nicht erreicht worden waren. Würde man aber nun dies erneut versuchen - "der Bourgeoisie nach und nach alles Kapital entreißen, alle Produktionsinstrumente in den Händen des Staats (…) zentralisieren" -, würde man unweigerlich erneut in totalitär-stalinistischen Zwangsverhältnissen enden.
Was ist ein Kollektiv?
Allerdings war es für eine Reihe von Produkten und Dienstleistungen ja ohne weiteres möglich, dass "kollektivierte" Betriebe in den Händen des Staats sie erzeugten (wie in Happy End für Karl Marx schon einmal ausgeführt). Neben der Tatsache, dass es sich dabei um Leistungen handelte, bei denen man wie bei der Bahn ein Marktversagen annahm und außerdem ein öffentliches Interesse unterstellte, ist es ein Umstand, der meistens kaum beachtet wird bei der Frage, warum Produkte wie Kohle und Stahl, Strom, Wasser, auch Gesundheit und Bildung recht erfolgreich und zur allgemeinen Zufriedenheit von "kollektivierten" Betrieben angeboten werden könnten: nämlich der Umstand, dass es sich hierbei um weitgehend homogene Erzeugnisse handelt, die für alle potenziellen Konsumenten gleich oder jedenfalls so hinreichend gleich sind, dass eine in Frage kommende Anzahl von Konsumenten (beispielsweise die Strom- oder Wasserverbraucher einer Stadt) sich aus dieser einen Quelle zufriedenstellend versorgen kann.
Bei Strom oder Wasser erwartet man nicht, aus Hunderten oder Tausenden Angeboten auswählen zu können wie etwa bei einem Wintermantel, einem Fahrrad oder einem Turnschuh. Das produzierende Kollektiv - der kommunale oder staatliche Betrieb - und das "Kollektiv" der Konsumenten sind in dem Fall gewissermaßen identisch; die Gesellschaft, vertreten durch gewählte und beauftragte Organe, trägt die Kosten zur Herstellung dieses Angebotes aus Steuermitteln, und konsumiert diese Leistungen dann zu den reinen Herstellungskosten, ohne dass noch ein "Unternehmerlohn" als Kapitalrendite für einen Unternehmer gezahlt werden müsste, der in dem Fall ja kaum eine echte Unternehmerleistung zu erbringen hätte, sondern sie als leistungslose Kapitalrente kassieren würde.
Das "Kollektiv" ist in dem Fall also einfach eine Anzahl von Konsumenten, die das gleiche Konsuminteresse haben und sich mit Hilfe eines "Produktionsmittels" selbst versorgen, ohne hiermit eine andere Gewinnabsicht zu verfolgen als die Selbstversorgung zu den reinen Herstellungskosten. Das unternehmerische Risiko, für einen anonymen Markt unter Wettbewerbsbedingungen produzieren zu müssen, würde (weitgehend) entfallen, und die in diesen Betrieben arbeitenden Menschen würden nicht zu ihren eigenen Kapitalisten.
Unterstellt man nun noch die Möglichkeit, einige dieser Angebote (da, wo es sinnvoll ist) weitgehend leistungsgleich maschinell substituieren und anbieten zu können, wäre in diesen Fällen die "Null-Grenzkosten-Gesellschaft" prinzipiell möglich.
"Klare lichte Zukunft" und "Null-Grenzkosten-Gesellschaft"
Einen Unterschied würde offenbar erst die Möglichkeit machen, dass auch die potenziell unendlich vielfältigen Konsumgüter auf diese Weise von einem "Kollektiv" erzeugt werden könnten, das sich dann damit selbst oder jedenfalls mit den wichtigsten und am häufigsten konsumierten Konsumgütern versorgt.
Dazu müsste das "kollektivierte" Produktionsmittel in der Lage sein, tendenziell unendlich viele verschiedene von diesen Konsumwünschen zu realisieren. Der Konsument müsste die Möglichkeit haben, ein Produkt auszuwählen, das erst dann genau seinen Wünschen gemäß produziert wird, wenn er es anfordert. Erst dann würde es möglich, eine große Vielfalt von Konsumgütern durch einen "kollektivierten" Betrieb erzeugen zu lassen, ohne dass dieser auf der einen Seite Verschwendung produziert, indem einfach eine Reihe von Produkten auf Verdacht und Vorrat produziert wird und man erst nachher weiß, ob die Konsumenten dies auch gewünscht haben, und auch ohne dass der kollektivierte Betrieb Mangel produziert, indem er einfach nur einige wenige Güter anbietet, die die Konsumenten gar nicht wollen, oder dass er in falschen Mengen oder sonstwie am Bedarf vorbei produziert. So würde er nur den bereits eindeutig ermittelten Bedarf decken. Voraussetzung wäre, dass der Konsument nicht immer drei Wochen auf sein Konsumgut warten muss.
Der britische Journalist und Autor Paul Mason sieht in einer "Klaren, lichten Zukunft" etwas Wirklichkeit werden, was, wie er sagt, "Marx vorschwebte: eine von der Technologie befähigte Gesellschaft, in der die meisten Dinge, die wir konsumieren, kostenlos sein werden". Ob es tatsächlich "die meisten Dinge" sein werden, die wir kostenlos konsumieren, sei dahingestellt, aber wenn zumindest schon einmal die grundlegenden Güter und Dienstleistungen, ohne die kein Mensch existieren kann, kostenlos oder annähernd kostenlos konsumierbar wären, könnte ein Mensch, der sich darauf beschränkt, genau dies verwirklichen: "Heute dies, morgen jenes tun, morgens zu jagen, nachmittags zu fischen, abends Viehzucht zu treiben, nach dem Essen zu kritisieren, wie ich gerade Lust habe." Es könnte natürlich auch etwas anderes sein als Jagen, Fischen und Viehzucht treiben.
Es ist insofern also nicht falsch, wenn Mason behauptet, so etwas habe Marx vorgeschwebt. Aber Mason versteht immer noch nicht viel besser als Marx vor 150 Jahren, wie so etwas ermöglicht werden könnte. Marx sah einfach die "Maschinerie" so mächtig werden, dass sie die menschliche lebendige Arbeit so weitgehend ersetzt, dass "die bürgerliche Gesellschaft" damit "in die Luft gesprengt" wird. Aber dann weiß man eben noch nicht, was aus den Trümmern erwachsen soll.
Mason glaubt nun, dass "die grundlegenden Dinge, die wir zum Leben brauchen - Nahrungsmittel, Energie, Transport, Wohnung, medizinische Versorgung und Bildung -, im Überfluss vorhanden sein werden und durch direkte Kooperation der Menschen außerhalb des Marktes zur Verfügung gestellt werden können."
Das klingt irgendwie gut - aber es ist ein bisschen ein Trick wie in einem James-Bond-Film, der mit Klamauk und schneller Bildfolge die logischen Brüche und Inkonsistenzen der Handlung übertüncht. Denn wenn "direkte Kooperation der Menschen" diese Leistungen zur Verfügung stellen soll, können sie nicht kostenlos sein. Oder man muss sich in frühsozialistische Gedankenakrobatik begeben, wonach der neu geborene sozialistische Mensch nun plötzlich bereit sein soll, seine Arbeitsleistung zu verschenken.
Es kann schon sein, dass Menschen dies tun - aber in der Regel eben erst dann, wenn diese grundlegenden Dinge mit Verlässlichkeit und bedingungslos, also auch: kostenlos bereit stehen. Andernfalls wäre es sträflich leichtsinnig, nicht sicherzustellen, dass diese Güter und Leistungen zur Verfügung stehen, beispielsweise für Menschen, die eine Familie zu versorgen haben. Und das ist anders als durch gegenseitige Bezahlung in stabiler Währung eben nur - sofern es sich um Leistungen handelt, die überhaupt maschinell erzeugt werden können bzw. sollten - möglich, wenn sie durch vorgetane "geronnene" Arbeit, also durch leistungsfähige maschinelle Systeme erledigt werden.
Der wichtigste Marxsche Gedanke dürfte der sein, dass eine Gesellschaft die "materiellen Mittel" für die nächsthöhere Gesellschaft "in ihrem Schoß" ausbrütet. Und genau das tut der späte Kapitalismus ja. Genau das, die Fertigung "on demand", auf individuelle Anforderung und ganz nach dem Wunsch des anfordernden Konsumenten in einer "autonomen" hochautomatisierten Fabrik wird den Kapitalisten heute von den Entwicklern dieser Hochtechnologie angepriesen. Und die kaufen so etwas, um ihre Risiken zu minimieren, die sie sonst hätten, wenn sie Produkte in großen Serien in die bereits übersättigten Märkte pumpen.
Genau dies macht die Architektur einer Ökonomie mit wenig Arbeit, wenig Ressourcenverbrauch und ohne Verschwendung erst prinzipiell möglich. Voraussetzung: Diese reife Technologie wird nicht zur Generierung von Rendite genutzt.
E-Mobile aus dem "volkseigenen Betrieb"?
Gegenwärtig wird mit viel Aufwand der Umstieg vom Verbrennungsmotor auf das E-Mobil vorangetrieben. Dass dies für die Autobauer mit Risiken verbunden ist liegt auf der Hand. Ein E-Mobil zu bauen, ist viel einfacher, weil der Elektromotor viel einfacher zu bauen ist als ein Verbrennungsmotor. Das würde bedeuten, dass das E-Mobil billiger wird, und mit ihm darum weniger Umsatz und Gewinn zu machen ist. Was tut darum der an Umsatz und Gewinn interessierte Autobauer: Er macht die E-Mobile so absurd groß und PS-stark, dass alleine der Bau der riesigen Batterien die Einsparungen beim CO2-Ausstoß mehr als wettmacht. Darum wird Tesla und die ganze Flotte auf die Welt zurollender E-Mobile die Welt nicht retten: Es müssen einfach viel weniger Autos gebaut werden.
Die moderne Produktionstechnik würde es erlauben, dass mehrere Hersteller sich ein Werk teilen. Sie würde es auch erlauben, dass "die Konsumenten", also die Gesellschaft, sich ein Werk teilen. Ein drastisch geschrumpfter Absatz von E-Mobilen würde von irgendwie öffentlich verwalteten und gemanagten (staatlichen?) Betrieben erzeugt, die ihre "Designs", die digitalen Modelle der zu erzeugenden Produkte, von den Designbüros der ehemaligen Autohersteller beziehen.
Und schon wird klar, dass die Zeiten exzessiver Vorstandsgehälter und üppiger Bezüge bis hinunter zum Facharbeiter vorbei wären. Dies wäre eine bittere Entwicklung für die Beschäftigten dieser Branche, die plötzlich einsehen müssen, dass das, was schwäbische Tüftler einmal zum Wohle der Menschheit erdacht und die für diese "nur das Beste" gewollt haben, sich zu einem menschheitsbedrohenden Suchtmittel gewandelt hat.
Vielleicht wird an diesem Beispiel klar, wie ungeheuer groß der Transformationsaufwand sein dürfte, der auf die Menschen am Ende des Kapitalismus zukommt. Denn es ist ja nicht nur die Automobilbranche betroffen. Eine Welt zu schaffen, die "Marx vorschwebte: eine von der Technologie befähigte Gesellschaft, in der die meisten Dinge, die wir konsumieren, kostenlos sein werden" -, wird ein ungeheuer umstrittenes, kraftraubendes und kostspieliges Projekt sein.
Wenn richtig verstanden wird, worum es letztlich geht bei dieser Mega-Investition - tatsächlich ja auch darum, diesen auf die Erde zurasenden Kometen abzuwenden, von dem Jürgen Neffe in seinem Marx-Buch sprach - wird man dieses Projekt als einen sechsten Kondratieff verstehen können, der umgekehrt auch viel Beschäftigung bedeutet für diejenigen, die ihn erschaffen.
Aber dann eben - nur noch dieses eine Mal.