Was nun, Pakistan?

Wohin steuert das Boot Pakistan. Foto: Gilbert Kolonko

Der Premierminister muss gehen

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Am Freitag erklärte das Oberste Gericht in Pakistan einstimmig, dass Premierminister Nawaz Sharif nicht würdig sei, sein Amt weiter auszuüben und empfahl, Strafverfahren gegen Nawaz, seinen Finanzminister, seine Tochter und seine Söhne zu eröffnen. Ob Sharif (wie vielfach berichtet) zu Lebzeiten kein offizielles Amt mehr ausführen darf, wurde jedoch noch nicht entschieden. Kurz darauf trat Sharif von seinem Amt als Premierminister zurück, doch wird er weiterhin das Amt des Parteivorsitzenden der nach ihm benannten PML-N innehaben.

Vor zwei Monaten hatte sich das Oberste Gericht noch mit 3- zu 2 Stimmen für Nawaz Scharif ausgesprochen - doch die neuen Beweise, die eine Untersuchungskommission in den letzten sechs Wochen gesammelt hatte, hätten den Ausschlag für die neue Entscheidung gegeben, begründeten die Verfassungsrichter die Entscheidung. Es ist das dritte Mal in der dritten Amtszeit von Nawaz Sharif, dass er sein Amt vorzeitig niederlegen muss. Dazu hat das Gericht Finanzminister Ishaq Dar ebenfalls aufgefordert, sein Amt aufzugeben.

Schon gestern hatte Innenminister Chaudhry Nisar seinen Rücktritt angekündigt. Er galt als letzte unbefleckte Personen im Kabinett Sharif und als Anwärter für den Posten des Premierministers im Fall einer Disqualifizierung Sharifs. Nachdem nun auch ein Verfahren gegen Maryam Sharif eingeleitet wird, gilt der Bruder vom Nawaz Sharif, Shahbaz, als aussichtsreicher Nachfolger. Doch über ihn schwebt eine Anklage im Fall von 14 toten Demonstranten im Jahr 2014 in Lahore, da er als Ministerpräsident der Region Punjab dafür verantwortlich sei - so die Vorwürfe. Die Opposition feiert das Urteil dagegen als Sieg über die Korruption. Dabei sind die Beweise in Sachen Panama-Offshore-Konten gegen Pakistans andere Familienpartei, die PPP der Bhuttos, noch schlagender als im Fall der Sharifs. Mittendrin ist wieder der König der Unverfrorenheit, Rehman Malik, der ehemalige Innenminister der PPP.

Hoffnung Imran Khan. Foto: Gilbert Kolonko

Auch gegen den politischen Hoffnungsträger Imran Khan liegen Anklagen wegen seines Demonstrationsmarschs auf Islamabad im Jahr 2014 vor. Ebenfalls wegen der Islamabad-Demonstration wird gegen den Oppositionellen Muhammad Tahir-ul-Qadri ermittelt. Dazu wird gegen den PAT-Parteivorsitzenden Qadri auch im Fall Lahore 2014 ermittelt - da sitzen sozusagen Regierung mit Shahbaz Sharif und die Opposition mit Qadri zusammen auf der Anklagebank. So gibt es auch Stimmen, die darauf hinweisen, dass es für Pakistans junges Pflänzchen Demokratie besser gewesen wäre, wenn Nawaz Sharif seine Amtsperiode beendet hätte und im nächsten Jahr von der Bevölkerung abgewählt worden wäre. Nun muss jeder zukünftige Premierminister Pakistans damit rechnen, jederzeit aus dem Amt geklagt zu werden - und Anklagen sind in Pakistan schnell zusammengezimmert.

Gewinner ist im Augenblick die pakistanische Armee, die sowieso schon die Außenpolitik bestimmt und der es eine angeschlagene demokratische Konkurrenz einfach macht, weiter die "heimliche" Macht im Staate zu sein.