Wahlsieg von Trump könnte Nato umkrempeln und Weg für Frieden in der Ukraine ebnen

Porträt von Donald Trump vor US-Flagge

(Bild: DannyOliva / Shutterstock.com)

Europa muss sich auf Veränderungen einstellen. Ein möglicher Trump-Sieg könnte die Nato neu ausrichten. Wird dies den Weg für Frieden in der Ukraine ebnen?

Sollte Donald Trump erneut zum US-Präsidenten gewählt werden, muss Europa lernen, sich selbst zu verteidigen. Darauf deuten zahlreiche Aussagen ehemaliger Sicherheitsbeamter und Verteidigungsexperten hin, die von der Springer-Zeitung Politico interviewt wurden.

Trump-Wahl könnte Verteidigung Europas grundlegend verändern

Politico hat nach eigenen Angaben mit Personen gesprochen, die in einer zweiten Amtszeit von Donald Trump wieder in verantwortlichen Positionen tätig sein könnten. Die Richtung, die sie vorgeben, ist klar: Die USA werden wohl nicht sofort aus dem Militärbündnis Nato austreten, aber es wird eine "radikale Neuausrichtung" geben.

Die Europäer müssten wohl deutlich mehr Geld in die Verteidigung investieren als bisher. Dies sei keine Laune des mutmaßlich nächsten US-Präsidenten, sondern beispielsweise auf die strategische Neuausrichtung der USA in Richtung Indopazifik zurückzuführen. Der Krieg in der Ukraine hat aber auch deutlich gemacht, dass die Nato den aktuellen Herausforderungen nicht mehr gewachsen ist.

"Wir haben eigentlich keine Wahl mehr", sagte Dan Caldwell, einer von Trumps Sicherheitsberatern, gegenüber Politico. Er verwies zum Beispiel auf die steigende Verschuldung der USA. Aber auch für die Nato-Staaten wird es immer schwieriger, Soldaten zu rekrutieren, die bereit sind, für die geopolitischen Ambitionen Washingtons in den Tod zu gehen. Und wie der Krieg in der Ukraine zeigt, hält auch die westliche Rüstungsindustrie den Anforderungen eines längeren Krieges nicht stand.

Was passiert mit US-Truppen in Europa unter Trump?

Sollte Trump wieder ins Weiße Haus einziehen, wird er wahrscheinlich den nuklearen Schutzschirm über Europa aufrechterhalten. Luft- und Seestreitkräfte würden in Europa verbleiben. Auch US-Truppen würden wohl kaum aus Deutschland abgezogen, sondern ihre Stützpunkte in der Bundesrepublik beibehalten.

Ein Großteil der Nato-Bodentruppen müsste dann aber von den Europäern gestellt werden. Genannt werden Infanterie, Panzer, Logistik und Artillerie, die dann in europäischer Verantwortung operieren würden.

Strategische Autonomie erfordert Überwindung der europäischen Kleinstaaterei

Für die Europäer ist dies ein Schritt in Richtung strategischer Autonomie, die militärische Strukturen erfordert, die im europäischen Interesse handeln können. Dazu müssten die Europäer aber auch ihre Kleinstaaterei überwinden und zu einer stärkeren Koordination übergehen.

Ein Berater Trumps verwies in diesem Zusammenhang auch auf die Idee des früheren US-Präsidenten Dwight Eisenhower, die Nato solle von Europa geführt werden. In der heutigen Lesart bedeutet dies, dass die USA nur noch als eine Art Dienstleister fungieren, der nur im Notfall militärisch eingreift.

Fraglich ist allerdings, ob die Europäer bereit sind, das Kommando zu übernehmen und verantwortlich zu handeln. Schließlich werden in Europa die Kriegstrommeln kräftig gerührt. Der lettische Präsident Edgars Rinkēvičs erklärte kürzlich "Russia delenda est", was so viel bedeutet wie "Russland muss vernichtet werden".

Trump als Vernunftstimme gegenüber kriegslüsternen Europäern

Der französische Präsident Emmanuel Macron brachte die Entsendung westlicher Truppen in die Ukraine in die Debatte ein. Und die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erklärte jüngst: "Wir werden unser Europa verteidigen, jeden Quadratzentimeter unseres Europas und unsere Freiheit."

Damit erhebt Baerbock faktisch Anspruch auf die Ukraine, denn sie zählt das Land offenbar zu "unserem Europa". Und wahrheitswidrig erklärte sie in ihrer Rede, der russische Präsident mache in seinen Reden immer wieder deutlich, dass er über die Grenzen der Ukraine hinaus marschieren wolle.

In Gegenwart der europäischen Politiker gleicht Trump der Stimme der Vernunft. Bevor er die Macht an die Europäer abtritt, will er Frieden in der Ukraine. Er erwägt laut Politico einen Deal mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, um den Krieg in der Ukraine zu beenden, heißt es in dem Bericht. Sollte dieser Plan Wirklichkeit werden, würde er die Möglichkeit einer Sicherheitsarchitektur in Europa schaffen, die Russland einbezieht und nicht ausschließt.

Möglicher Deal zwischen Trump und Putin zur Beendigung des Ukraine-Kriegs

Die Nato würde sich rechtlich verpflichten, den Zug nach Osten zu stoppen. Das Bündnis würde darauf verzichten, die Ukraine und Georgien aufzunehmen und damit schweres Kriegsgerät direkt an die russische Grenze zu verlegen. Zudem würde vertraglich geregelt, welche Gebiete die Ukraine an Russland abtreten muss. Diese Kehrtwende dürfte aber auch darauf zurückzuführen sein, dass sich die USA künftig stärker auf den Kampf gegen China konzentrieren wollen.

Deutschland unter Druck: Verteidigungsausgaben müssen steigen

Vor allem für Deutschland könnte die neue Position der USA zum Problem werden, denn das Land muss seinen Verteidigungshaushalt weiter aufstocken. Offizielles Ziel der Nato ist es, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Rüstung auszugeben. Nach langem Zögern hat die Bundesrepublik dieses Ziel erreicht.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ist ehrgeizig und will dieses Ziel sogar noch übertreffen und 3,5 Prozent des BIP für die Bundeswehr ausgeben, was rund 130 Milliarden Euro entspräche. Wo die Bundesregierung künftig den Rotstift ansetzen will, um diese Mittel freizuschaufeln, ist noch unklar.

Der Druck aus Washington auf das politische Berlin dürfte jedoch steigen, sodass die Mittel aufgebracht werden müssen. "Wir können nicht mehr zehnmal so viel tun wie die Deutschen, und wir müssen bereit sein, mit ihnen hart ins Gericht zu gehen. Es muss Konsequenzen geben", sagte ein Trump-Berater gegenüber Politico.

Die USA könnten nicht alle Ressourcen in Europa gegen Russland richten, wenn sie wüssten, dass die Chinesen und die Russen zusammenarbeiten. Vor allem nicht, wenn man wisse, dass "die Chinesen eine gefährlichere und größere Bedrohung darstellen".