Wasserknappheit – ein deutsches Thema

Die Klimakrise und Unternehmen wie Tesla stellen alte Selbstverständlichkeiten infrage: Laut Recherchen von Correctiv nehmen gerichtliche Konflikte um Wasser drastisch zu

Die aus der umweltpolitischen DDR-Opposition hervorgegangene Grüne Liga Brandenburg e. V. warnt seit mehr als drei Jahren vor den Folgen des Wasserverbrauchs durch die Tesla-Gigafactory in Grünheide. Das Projekt könne die Trinkwasserversorgung der Region gefährden, begründete die Naturschutzorganisation im Februar 2019 Eilanträge in einem Rechtsstreit, der noch lange andauern sollte und nur ein Beispiel für einen bundesweiten Trend der letzten zehn Jahre ist.

Laut Recherchen des Netzwerks Correctiv haben in diesem Zeitraum die gerichtlichen Konflikte um Wasser im Vergleich zum Jahrzehnt davor in elf von 16 Bundesländern zugenommen – und das zum Teil drastisch.

Privathaushalten drohen Bußgelder

In Bayern habe sich die Anzahl Verfahren seither sogar fast verdoppelt. "Wurden zwischen 2002 und 2011 nur 17 Fälle an den dortigen Verwaltungsgerichten verhandelt, waren es zwischen 2012 und 2021 schon 33. Auch in Baden-Württemberg kam es in dieser Zeitspanne zu einer Verdopplung, von sechs auf 13 Verfahren", heißt es in der Auswertung von Correctiv.

In Brandenburg rationiert inzwischen der Wasserverband Strausberg-Erkner den Verbrauch von Privathaushalten, während die Tesla-Gigafactory das Wasserproblem der Region verschärft. Neukunden – also zuziehende Privatleute – dürfen pro Tag und Person nicht mehr als 105 Liter verbrauchen. Der bisherige Durchschnitt liegt bei 175 Litern – und bei Verstößen drohen Bußgelder.

Dem US-Konzern Tesla stehen als Ergebnis des Rechtsstreits 1,8 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr für die Produktion von E-Autos in Grünheide zu. Als Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise, die zu immer weniger Niederschlägen in der Region führt, werden E-Autos von Umweltbewegten aber nur sehr bedingt angesehen. Die nötige Verkehrswende dürfe nicht zur reinen Antriebswende degradiert werden, kritisieren sie, zumal Elektro-Pkw noch lange nicht mit 100 Prozent klimaneutral produziertem Strom fahren.

Handeln erst ab 2030 vorgesehen

Der Entwurf einer "Nationalen Wasserstrategie", den die Bundesregierung unter Angela Merkel (CDU) im vergangenen Sommer vorgestellt hat, weist Lücken auf: Für den Fall, dass das Wasser knapp wird, ist keine bundesweit einheitliche Vorrangregelung enthalten – im Ernstfall wäre also unklar, wer vorrangig Anspruch auf das knappe Gut hat.

Zudem sollen Wasserversorgungskonzepte erst zwischen 2030 und 2050 umgesetzt werden. "Die Bundesregierung will also erst in acht Jahren anfangen, sich um ein gerechtes Angebot an Wasser zu kümmern – obwohl bereits jetzt absehbar ist, dass sich die lokalen Konflikte verschärfen", kritisiert Correcitv. Dabei sinken in vielen Regionen die Grundwasserstände bereits seit Jahrzehnten, während der Verbrauch in einigen Regionen steigt – darunter Berlin, Hamburg und Brandenburg.