Weber will Juncker-Nachfolger werden
Der CSU-Politiker hat heute Mittag seine Bewerbung als EVP-Spitzenkandidat bekannt gegeben
Manfred Weber, der Vorsitzende der christdemokratischen EVP im Europaparlament, hat heute Mittag bekannt gegeben, dass er bei der Europawahl im Mai 2019 als europäischer Spitzenkandidat seiner Fraktion antreten will.
Den Informationen regierungsnaher Medien nach unterstützt die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel seine Kandidatur seit Freitag. Vorher hatte sie angeblich erwogen, ihre Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen oder ihren Adlatus Peter Altmaier als EVP-Spitzenkandidaten nominieren zu lassen. Formell entscheiden CDU und CSU am 9. und 10. September, wen sie ins Rennen schicken.
Als Bewerber anderer Länder werden der französische Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier, der ehemalige finnische Ministerpräsident Alexander Stubb und der ehemalige irische Premierminister Éanna Ó Coinnigh gehandelt. Endgültig fest steht das Bewerberfeld erst am 18. Oktober, wenn die Bewerbungsfrist abgelaufen ist. Am 7. und 8. November entscheidet dann ein EVP-Parteitag im finnischen Helsinki, wer tatsächlich Spitzenkandidat wird.
Am merkelnahen Ende der CSU
Mit der Entscheidung für den 46-jährigen CSU-Politiker stößt Merkel die österreichische ÖVP und die ungarische Fidesz weniger schroff vor den Kopf, als sie das mit von der Leyen oder Altmaier als Bewerber gemacht hätte. Allerdings steht Weber zusammen mit Entwicklungshilfeminister Müller eindeutig am merkelnahen Ende der CSU. Horst Seehofers heute geäußerte Erwartung, die CSU werde durch Webers Bewerbung in Europa an Bedeutung gewinnen, muss deshalb durchaus nicht bedeuten, dass er selbst an Einfluss gewinnt.
Wie sehr sich Webers Positionen von denen der CSU-Politiker am merkelfernen Ende der Partei unterscheiden, zeigt sich unter anderem an seinen Äußerungen zu Russland (vgl. Wilfried Scharnagl fordert Partnerschaft mit Russland "auf Augenhöhe"). In der Bild-Zeitung warf er dem Land unlängst vor, einen "modernen Krieg" gegen die EU zu führen. Ähnlich distanziert äußerte er sich zum US-Präsidenten Donald Trump.
Wahlkampf mit Schlagwort-Hashtags
Der Niederbayer, der auch Telepolis schon einmal ein Exklusivinterview gab (vgl. Soziale und ökologische Mindeststandards für den Welthandel), verlautbarte bei seiner heutigen Bewerbungsbekanntgabe mit Schlagwort-Hashtags wie "#DeinEuropa" und "#GivePeopleASay", er wolle "die Verbindung zwischen den Menschen und EU erneuern" und "Europa zurück zu den Menschen zu bringen". Wie er das konkret anstellen will, lässt er bislang weitgehend offen.
Mit seiner Bewerbung als EVP-Spitzenkandidat bewirbt sich Weber indirekt auch als EU-Kommissionspräsident, weil die Fraktion mit hoher Wahrscheinlichkeit auch im nächsten Europaparlament die stärkste sein wird. Zwar dürfte die Zahl ihrer Abgeordneten deutlich schrumpfen, weil die Union in Deutschland seit 2014 massiv Stimmenanteile an die AfD abgeben musste und weil es der spanischen Partido Popular mit der Ciudadanos-Konkurrenz ähnlich erging - aber der Konkurrenz von der SP stehen unter anderem durch das faktische Verschwinden der französischen und niederländischen Sozialdemokraten und durch den Wegfall der britischen Labour-Party noch deutlich größere Verluste bevor (vgl. Macron plant neue "antipopulistische" Fraktion im Europaparlament). Die EVP trifft der Brexit dagegen nicht, weil die britischen Tories ihre eigene konservative EKR-Fraktion aufgemacht hatten.
EZB-Präsidentenposten für EU-Kommissionspräsidentenposten geopfert?
Der bisherige EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der unter anderem wegen Trunkenheitsvorwürfen umstritten ist, hat bereits angekündigt, nicht mehr für eine erneute Amtszeit zur Verfügung zu stehen. Eine Entscheidung, die damit zusammenhängen könnte, dass die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel übereinstimmenden Medienberichten nach die Forderung von Jens Weidmann als Nachfolger des EZB-Präsidenten Mario Draghi aufgegeben hat, um dafür einen deutschen Kommissionspräsidenten installieren zu können.
Der bisherige deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger, der dafür seinen Platz räumen müsste, verlautbarte letzte Woche, er werde sich in die Privatwirtschaft verabschieden (wo auf Personen mit so guten Kontakten wie den seinen zahlreiche entsprechend gut bezahlte Posten warten).
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