Weihnachtsgeschenk von VW: Neue Mogelsoftware

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Die Energie- und Klimawochenschau: Von ätzenden Abgasen, Fahrverboten, Gänsebraten, Referenzperioden und einer rasch expandierenden Solar- und Windindustrie

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Der Wolfsburger Autokonzern, der vor drei Jahren noch laut tönte, nach ganz vorne in der internationalen Liga des motorisierten Wahnsinns zu wollen, hat für seine Kunden ein kleines Weihnachtsgeschenk im Angebot.

Pünktlich zum Fest wurde bekannt, dass VW noch immer ein Problem mit der Abgasreinigung hat. Im Zuge des Diesel-Skandals ist das Unternehmen dabei, die Wagen seiner Kunden mit neuer Software zu versehen, damit die Katalysatoren auch im Normalbetrieb arbeiten.

Ob das ausreicht, um die vorgeschriebenen Normen tatsächlich einzuhalten, sei ein mal dahingestellt. Immerhin gelten diese ohnehin nur für den Betrieb auf dem Prüfstand, nicht aber für den Alltag auf der Straße. Erfolgreiche Lobbyarbeit der Industrie hatte diese Regelung einst in der EU durchgesetzt.

Doch nun musste der Konzern zugeben, dass auch die nachgelieferte Software in einigen Fällen dazu führt, dass lediglich unter optimalen Prüfbedingungen die Schadstoffe minimiert werden. Betroffen seien in Deutschland unter anderem rund 10.000 Polos.

In Verbrennungsmotoren - in Dieselmotoren mehr als in Ottomotoren - entstehen bei der Verbrennung aus dem Sauerstoff der Luft sogenannte Stickoxide. Stickstoffmonoxid NO und Stickstoffdioxid NO2, wobei Ersteres oft die Vorläufersubstanz für Letzteres ist. Insbesondere NO2 ist nach Angaben des Umweltbundesamtes ein ätzendes Reizgas. Als starkes Oxidationsmittel greift es Schleimhäute und Atemwege an und schädigt auch Pflanzen.

In der Folge können Atemnot, Husten, Bronchitis, Lungenödem, steigende Anfälligkeit für Atemwegsinfekte sowie Lungenfunktionsminderung auftreten. Auf der Grundlage dieser Effekte werden die Atemwege auch empfindlicher für Allergien. Nimmt die NO2-Belastung der Außenluft zu, leiden besonders Menschen mit vorgeschädigten Atemwegen darunter. Die Folge: Bei hohen NO2-Konzentrationen werden mehr Menschen wegen Atemwegserkrankungen ins Krankenhaus eingewiesen. Auch eine Zunahme der Herz-Kreislauf-Erkrankungen und der Sterblichkeit kann beobachtet werden.

Umweltbundesamt

Die Bundesregierung scheint sich indes nur sehr bedingt für diese Gefahren zu interessieren, die von den Dieselabgasen vor allem für Alte und Kinder ausgehen. Ihre Sorge gilt eher der Verhinderung von Fahrverboten für Diesel-Fahrzeuge. Anfang Dezember brachte die Regierung einen Gesetzentwurf in den Bundestag als "eilbedürftig" ein, der die Schwelle für Fahrverbote anheben soll.

Folgt das Parlament demnächst der Regierung, wovon wohl auszugehen ist, dann kann künftig in Städten nur ein Fahrverbot verhängt werden, wenn dort der NO2-Grenzwert um mehr als zehn Mikrogramm pro Kubikmeter Luft überschritten wird. Seit 2010 liegt dieses gesetzliche Limit bei übers ganze Jahr gemittelten 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft, die nicht überschritten werden dürfen.

Sichere Versorgung

Weihnachtszeit. Irgendwie vermissen wir die alljährlichen Warnungen der Energiewirtschaft vor der weihnachtlichen Gans im Ofen, die das Stromnetz überfordern könnte. Damit unterhielt bis vor einigen Jahren regelmäßig zu den Festtagen der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft das Publikum, natürlich mit dem Hintergedanken, sich vor allem selbst für die rund um sichere Versorgung mit Elektrizität auf die Schulter zu klopfen.

Deutschland war und ist es immer noch, weltweit eines der Länder mit den sichersten Netzen, das heißt, mit den geringsten Ausfallzeiten. Das war so, als das Netz noch vor allem von inflexiblen Großkraftwerken dominiert wurde, und das ist - allen Unkenrufen zum Trotz - auch noch heute so, wo rund 40 Prozent des Nettobedarfs an elektrischer Energie von meist sehr kleinteiligen und wetterabhängigen Anlagen der erneuerbaren Energieträger gedeckt wird.

Nur die Warnungen vor der Weihnachtsgans gibt es nicht mehr, denn sie wäre heute besonders albern. In der verbrauchsarmen Weihnachtszeit, in der viele industrielle Großverbraucher die Produktion einstellen und den Energiebedarf herunter fahren, kommt es nun oft zu Stromüberangebot. Verantwortlich ist dafür neben der geringeren Nachfrage das Wetter, dass in den Wintermonaten oft sehr windig ist und entsprechend für reichlich Windstrom sorgt.

Am vergangenen Wochenende mussten zum Beispiel zeitweise sogar einige Atomkraftwerke etwas gedrosselt werden. Das ist ungewöhnlich, da diese Anlagen für den Dauerbetrieb konzipiert sind und meist auch wochenlang mit weitgehend konstanter Leistung laufen. Dänemark, das inzwischen fast die Hälfte seines Stroms mit Windkraft erzeugt, hat ein ähnlich hohes Sicherheitsniveau. 2016 fielen für den Verbraucher die Versorgung nur im Durchschnitt 19 Minuten aus. In Deutschland waren es :nach Angaben der Bundesnetzagentur 2016 13 Minuten und 2017 15 Minuten. Verantwortlich für die Zunahme waren übrigens extreme Wetterereignisse.

Globale Durchschnittstemperatur bis 2017 dargestellt als Abweichung vom Mittel der Jahre 1951 bis 1980. Goddard Institut for Space Studies der NASA

Datenvergleich zur Abweichung der globalen Temperatur

Ein kleiner Jahresrückblick ist ja vielleicht auch einmal Gelegenheit, um auf die eine oder andere zeitlose Grundsätzlichkeit hinzuweisen. Ein von Menschen, die den Naturwissenschaften im Allgemeinen und den Klimawissenschaften im Besonderen mit vielen Vorbehalten entgegen treten, des Öfteren gestellte skeptische Frage betrifft die Referenzperioden, mit denen Meteorologen und Klimawissenschaftler operieren.

Wenn die Anomalie, das heißt, die Abweichung der globalen Temperatur vom Mittel der Jahre 1951 bis 1980 dargestellt wird, wie in den USA zum Teil üblich, wird mit Sicherheit irgendein Schlaumeier darauf verweisen, dass die ja groß sein müsse. Schließlich war es in den erwähnten Jahrzehnten im globalen Maßstab ja noch etliche Zehntel Grad Celsius kühler. Warum man denn nicht eine weniger weit zurückliegende Referenzperiode nehme.

Wenn hingegen dies getan und die Periode 1961 bis 1980 genommen wird, wie in Europa allgemein üblich, dann heißt es: "Natürlich ist 2018 im Vergleich dazu in Deutschland sehr trocken ausgefallen. Schließlich gab es hier in den 1960ern einige sehr nasse Jahre."

Globale Durchschnittstemperatur dargestellt als Abweichung vom Mittel der Jahre 1981 bis 2010. Die blaue Linie gibt das laufende Fünf-Jahres-Mittel wieder, die rote den linearen Trend. Der letzte Datenpunkt ist ein vorläufiger Wert für 2018. Bild: Japanischer Wetterdienst

Die Antwort ist nicht besonders schwer. Zum einen werden die Referenzperioden weder willkürlich ausgewählt noch oft verändert. Die Länge von 30 Jahren wird genommen, da über diesen Zeitraum gemittelt alle kurzfristigen Fluktuationen und jährlichen wie mehrjährigen Variationen geglättet werden. Das Mittel über einen derartigen Zeitraum erlaubt eine Aussage über den durchschnittlichen Zustand der Atmosphäre, über das Klima also.

Zum anderen ist die Bezugsgröße letztlich unerheblich. Sie kann auch zum Beispiel das ganze 20. Jahrhundert umfassen, wie es hin und wieder zu sehen ist. Verändert wird dadurch lediglich der Nullpunkt. Mehr oder weniger Jahre erscheinen im positiven oder im negativen Bereich. Die Veränderungen und ihr Verlauf bleibt stets der gleiche.

Was die Auswahl des 30-Jahreintervalls angeht, so hat man in den 1980er Jahren, als die Bedrohung durch Treibhausgase vollends im Mainstream der Klimawissenschaften ankam und deren Erforschung stark expandierte, meist das Intervall 1951 bis 1980 genutzt. Das hatte den einfachen Grund, dass es das gerade abgeschlossene 30-Jahres-Intervall war.

Globale Durchschnittstemperatur dargestellt als Abweichung vom Mittel der Jahre 1961 bis 1990. . Der letzte Datenpunkt ist ein vorläufiger Wert für 2018. University of East Anglia mit Daten des Hadley Centres

Viele Wissenschaftler haben das in den 1990er Jahren noch einmal geändert. So kam der Gebrauch der Referenzperiode 1961 bis 1990 in Mode, der sich zum Beispiel auch der Deutsche Wetterdienst bedient. Aber es macht, wenn man die Veränderungen über einen längeren Zeitraum untersuchen und verfolgen will, wenig Sinn, alle zehn Jahre die Bezugsgrößen zu verändern. Das erschwert schlicht die Kommunikation und Vergleichbarkeit. Man ändert ja auch nicht alle 20 Jahre die Maßsysteme oder die Verkehrsregeln.

Und so sieht es aus, wenn man verschiedene Datensätze auf die gleichen Bezugsjahre bezieht, um sie zu vergleichen. Bild: Hadley Center

Aber eigentlich macht es auch Sinn, die Bezugsperiode möglichst früh zu legen. Schließlich wird in den internationalen Abkommen wie der Pariser Übereinkunft ja meist von bestimmten Beträgen relativ zur vorindustriellen Zeit gesprochen. Die nachfolgende Darstellung vom Tim Osborne von der University of East Anglia der bereits oben dargestellten Daten des Hadley Centers veranschaulicht, wie weit die globale Erwärmung bereits fortgeschritten ist.

Temperaturanomalie relativ zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert, jeweils über eine Dekade gemittelt

Wie man an letzter Grafik besonders eindringlich sieht, ist erstens die Erwärmung schon ziemlich weit vorangeschritten, und hat auch zweitens nie pausiert, wie es zu kolportieren bis vor einigen Jahren unter Wissenschaftsfeinden und anderen Freunden der Ölindustrie sehr beliebt war.

Mehr Sonne und Wind

Doch nicht alles ist grau, auch wenn der Umbau der Stromversorgung viel zu langsam voran schreitet. Immerhin wurde aber Ende Juli 2018 die Grenze von 1000 GW installierter Wind und Solarleistung überschritten, wie die für die Finanzen rund um erneuerbare Energieträger zuständige Forschungsabteilung der Nachrichtenagentur Bloomberg mitteilt.

Mit diesen Anlagen lassen sich im Jahr - hiesige Auslastungszeiten vorausgesetzt - vorsichtig geschätzt 1400 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugen. Das wäre mehr als das Doppelte der hiesigen Bruttojahresproduktion oder die Erzeugung von 143 der größten optimal ausgelasteten Atomkraftwerke.

Die Autoren gehen davon aus, dass die nächsten 1000 GW bis 2023 errichtet sind und etwa 46 Prozent weniger als die ersten 1000 GW kosten werden. Ende 2018, schätzen sie, dürfte die installierte Leistung der beiden wichtigsten und am schnellsten wachsenden erneuerbaren Energieträge bereits 1100 GW erreicht haben.