Weiter anhaltende schwere Dürre
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Die Energie- und Klimawochenschau: Von überflüssigen Kohlekraftwerken, Beethoven gegen RWE, einem erneut zu trockenem Frühjahr und von neuen Ökostromrekorden
Nun ist es tatsächlich geschehen. Das neue Kohlekraftwerk Datteln 4 am Samstag hat den Regelbetrieb aufgenommen. Trotz weit über einem Jahr Schulstreiks und massiven Klimaprotesten der Schüler, trotz Wissenschaftler- und Elterninitiativen, die sich im ganzen Land mit ihnen solidarisieren. Obwohl man seit mindestens 32 Jahren in Deutschland wissen kann, dass die Verbrennung der Kohle möglichst schnell beendet werden muss, um einen gefährlichen Klimawandel zu verhindern. So lange ist es etwa her, dass eine Bundestags-Enquetekommission die Fakten über Treibhausgase und ihre Wirkungen für die hiesigen Politiker zusammen zu tragen.
Doch nun läuft Datteln 4, und zwar obwohl es extreme Überkapazitäten gibt, obwohl die Kohlekraftwerke seit Monaten völlig unterbeschäftigt sind. Ein Kraftwerk, das erst im Nachhinein eine gültige Baugenehmigung bekam, ein Kraftwerk, das mit seinen riesigen Kühltürmen deutlich weniger als 1000 Meter Abstand zu den nächsten Wohnhäusern hat.
Doch derlei gilt nur für neue Windräder, nicht aber für Treibhausgase, Stickoxide, Schwermetalle, Schwefeldioxid und Arsen ausstoßende Anlagen. Nicht für Kraftwerke, die mit um den halben Erdball transportierter Kohle befeuert werden, deren Abbau nicht selten mit schweren Menschenrechtsverletzungen verbunden ist.
Antje Grothus von der Initiative Buirer für Buir aus dem Rheinland, die als eine der Tagebauanwohnerinnen in der Kohlekommission saß, kritisiert die Inbetriebnahme scharf. Diese bedeute eine Aufkündigung des in der Kommission erreichten Minimalkompromisses , erklärt sie auf Twitter. Die Kommission hatte empfohlen, im Bau befindliche Kraftwerke nicht in Betrieb zu nehmen.
Die Kommission empfiehlt weiterhin, den Bau neuer Kohlekraftwerke nicht mehr zu genehmigen. Für bereits gebaute, aber noch nicht im Betrieb befindliche Kraftwerke empfiehlt die Kommission, eine Verhandlungslösung zu suchen, um diese Kraftwerke nicht in Betrieb zu nehmen.
Abschlussbericht Kohlekommission, Januar 2019
Den Strom verkauft das neue, am Rande des Ruhrgebiets stehende Kraftwerk vor allem an die Bahn, jenes Unternehmen, das sich ansonsten gern ein grünes Image gibt. Natürlich ging am Samstag vor Ort in Datteln die Inbetriebnahme nicht ohne Protest über die Bühne. Nach Angaben von tagesschau.de beteiligten sich auch 150 ehemalige Bergleute daran. Die letzte Steinkohle fördernde Zeche war an der Ruhr - Datteln liegt am Rand des Ruhrgebiets - 2018 geschlossen worden. An der Saar wurde der Bergbau bereits einige Jahre zuvor eingestellt.
Immer weniger Kohle
Grund war übrigens nicht klimapolitische Einsicht, sondern eine Vereinbarung zwischen den EU-Mitgliedern, die Subventionierung der Kohle auslaufen zu lassen. Braunkohle wird hingegen weiter gefördert, sie konnte bisher noch gewinnbringend verfeuert werden. In letzter Zeit ist auch das nicht immer gegeben, denn die gestiegene Preise, die für CO2-Emissionen bezahlt werden müssen, führen dazu, dass der Braunkohlestrom nicht mehr billig im Ausland verkauft werden kann. Entsprechend geht der Stromexport zurück und ist neben der Auslastung der Steinkohlekraftwerkeauch jene der Braunkohleanlagen zuletzt drastisch gesunken.
Dennoch halten die Braunkohlekonzerne RWE (Rheinland) und Leag (Lausitz und Leipzig) eisern weiter an der Ausbeutung der Tagebaue fest. Mag sein, dass sie sich noch einmal ein Geschäft erhoffen, wenn bis 2022 die letzten AKW abgeschaltet werden, die derzeit noch vier bis etwas über sechs Milliarden Kilowattstunden im Monat ins Netz einspeisen. Mag auch sein, dass sie ihre Kraftwerke nur noch weiter laufen lassen, um möglichst hohe Entschädigungen für die Stilllegung herauszuschinden.
Jedenfalls sind durch den Abbau noch immer einige Dörfer vom Abriss bedroht und entsprechend gehen in den - durch die Konzernpolitik tief gespaltenen - Tagebaurandgemeinden auch die Proteste weiter. Am vergangenen Pfingstmontag mit klassischer Untermalung. Diverse Konzertmusiker hatten sich zu einem Protest-Konzert in Keyenburg am rheinländischen Tagebau Garzweiler zwischen Köln und Aachen eingefunden und spielten Ludwig van Beethovens sechste Symphonie, die "Pastoral-Sinfonie oder Erinnerungen an das Landleben". Die Initiatoren haben einen Lifestream ins Internet gestellt, der noch abrufbar ist.
Die zunehmend schlechtere Ausnutzung der Kohlekraftwerke führt nicht nur zu weniger Treibhausgas-Emissionen. Neben vielen anderen Schadstoffen wird auch weniger Quecksilber ausgestoßen. Noch 2019, die Stromproduktion der Braunkohlekraftwerke war längst rückläufig (siehe obige Grafik), haben die acht größten unter ihnen zusammen noch knapp 3,8 Tonnen des giftigen Metalls in die Luft geblasen, wie das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (Fraunhofer ISE) berichtet.
Über 50 Prozent des Strombedarfs werden von den Erneuerbaren geliefert
Der rückläufigen Stromproduktion der Kohlekraftwerke steht eine leicht gestiegene Auslastung der Gaskraftwerke gegenüber, was die Minderung des CO2-Ausstoß etwas relativiert. Vor allem wird sie aber auch durch das wachsende Angebot an Ökostrom möglich. Kohlekraftwerke produzierten 41 Milliarden Kilowattstunden in den ersten fünf Monaten 2020, Solaranlagen und Windräder hingegen knapp 89 und Biomasseanlagen und Wasserkraftwerke weitere gut 28 Milliarden Kilowattstunden. (Alle Angaben sind Netto und beziehen sich nur auf das öffentliche Netz.)
Entsprechend könnten in diesem Jahr die Erneuerbaren Energieträger etwas über 50 Prozent der Netto Stromerzeugung stellen und sicherlich, wenn der Nettoexport abgezogen wird, über 50 Prozent des Inlandsbedarfs decken. Jedenfalls, wenn es in den übrigen sieben Monaten so weiter geht wie bisher.
Darauf deuten unter anderem die Erhebungen des Bundesamtes für Statistik, Destatis, hin. Für das erste Quartal 2020 hatte das Amt letzte Woche einen Anteil von Sonne&Co. von 51,2 Prozent an dem ins öffentliche Netz eingespeisten Strom berichtet. Windenergie sei mit 34,9 Prozent erstmalig über einen so langen Zeitraum der wichtigste Lieferant gewesen.
Im April und Mai hat sich diese Entwicklung weiter fortgesetzt. Nach der bisherigen Bilanz des Fraunhofer ISE betrug der Anteil der Erneuerbaren an der eingespeisten Nettoerzeugung in 2020 bisher beachtliche 56,3 Prozent. In den einzelnen Monaten war der Anteil sogar meist noch größer. Allein im Januar lag er etwas unter 50-Prozent-Marke.
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