Welche Medikamente können bei Covid-19 helfen?

Eine medikamentöse Therapie gehört zu den Maßnahmen zur Einhegung des Corona-Virus Sars-CoV-2. Doch welche Mittel wirken? (Teil 1)

Die wahrscheinlich demnächst zugelassenen neuen virushemmenden Arzneimittel Molnupiravir und Paxlovid haben ein hoffnungsvolles Wirkungsspektrum, sind aber nur in der Frühphase der Infektion einzusetzen und nur bei Patienten mit einem ausgeprägten Risikoprofil für einen schweren Krankheitsverlauf. Antikoagulantien wie Heparin sind in höherer "therapeutischer" Dosis nur indiziert bei Patienten mit moderatem, aber nicht schwerem Krankheitsverlauf.

Neben Kontaktbeschränkungen und Impfungen zur Prävention einer Sars-Cov-2-Infektion gehört eine medikamentöse Therapie zu den Maßnahmen, mit denen die Coronavirus-Pandemie unter Kontrolle gebracht werden könnte und schwere Verläufe von Covid-19 eventuell verhindert werden können.

Die meisten Infektionen mit der Delta-Variante des Coronavirus verlaufen asymptomatisch oder milde. Eine kleine Gruppe von Patienten entwickelt aber einen schweren Verlauf mit hoher Sterblichkeit aufgrund einer hyperinflammatorischen ("überschießenden") Entzündungsreaktion. Es werden deshalb vorwiegend Arzneimittel benötigt, die diesen Krankheitsverlauf mildern oder verhindern können.

Im März 2021 habe ich in Telepolis in einer ersten Übersicht über die seit Anfang 2020 gemachten Erfahrungen mit den bisher eingesetzten Arzneimitteln in der Coronavirus-Pandemie eine ernüchternde Bilanz gezogen. Nur für den Einsatz von Dexamethason bei schweren Formen von Covid-19 konnte damals eine Verminderung der Letalität und damit eine eindeutige Indikation festgestellt werden.

Inzwischen sind jedoch einige neue und hoffnungsvolle Forschungserkenntnisse hinzugekommen, über die im Folgenden berichtet werden soll, wobei ich mich wieder auf die aktuellen Veröffentlichungen der Fachgruppe COVRIIN am Robert-Koch-Institut und vor allem auf verschiedene Beiträge in der pharmakritischen Monatsschrift Der Arzneimittelbrief stützen werde.

Vorbemerkungen

In dem oben genannten Telepolis-Artikel1 wird zunächst erläutert, dass gesichertes Wissen über die Wirksamkeit von Arzneimitteln das Ergebnis von glaubwürdigen epidemiologischen Studien ist. Die Glaubwürdigkeit einer Studie hängt neben der Qualität ihrer Durchführung von ihrer wissenschaftlichen Evidenz, das heißt, von ihrer Beweiskraft ab.

Die oberste Evidenzstufe (I a) ist eine systematische Übersicht oder Metaanalyse von randomisierten, kontrollierten Studien, während eine einzelne randomisierte und kontrollierte Studie (RCT) mit der Evidenzstufe I b bewertet wird. RCTs sind heute der Goldstandard bei der Feststellung der Wirksamkeit von Arzneimitteln.

Weiterhin sei noch einmal festgestellt, dass der Einsatz von Arzneimitteln zur medikamentösen Behandlung einer Krankheit, und das gilt auch für Covid-19, abhängig ist von deren Schweregrad, wobei der Grundsatz nihil nocere (keinen Schaden zufügen) immer beachtet werden muss.2

So empfiehlt es sich, auch bei Covid-19 von einer Dreiteilung des Schweregrads auszugehen: Man kann nach der Diagnosestellung durch eine PCR zwischen einem asymptomatischen oder wenig symptomatischen, leichten Verlauf der Krankheit, der, wenn erforderlich, ambulant behandelt werden kann, einem moderaten, mittelschweren Verlauf, der zu Krankenhaus-Einweisung führen kann, und einem schweren Verlauf, der eine Behandlung auf einer Intensivstation erforderlich macht, unterscheiden.

Wie oben schon gesagt, verläuft Covid-19 im überwiegenden Prozentsatz der Fälle asymptomatisch beziehungsweise nur gering symptomatisch. Deshalb ist der eventuelle Einsatz von spezifisch-wirkenden Arzneistoffen in den meisten Fällen nur bei Patienten mit einem mittelschweren oder schweren Krankheitsverlauf in Betracht zu ziehen.

Unabhängig vom augenblicklichen Schweregrad von Covid-19 kann der Einsatz eines spezifischen Arzneimittels in Betracht gezogen werden, wenn Risikofaktoren für einen schweren Verlauf der Krankheit bestehen. Dazu gehören höheres Alter (70 Jahre und älter), Adipositas, Diabetes mellitus oder chronische Herz- und Lungenkrankheiten.