Welche Zukunft haben die deutschen Übertragungsnetze?

Strommasten mit wachsender Geldmange

Deutschlands Stromnetz steht vor Herausforderungen. Die Energiewende erfordert Milliardeninvestitionen. Doch wer soll das bezahlen, wenn der Staat knapp bei Kasse ist?

Die Übertragungsnetze sind ein Rückgrat der deutschen Energieversorgung. Sie transportieren auf der Höchstspannungsebene mit 220 und 380 Kilovolt große Strommengen von den Kraftwerken oder Windparks über weite Distanzen zu den nachgelagerten Verteilungsnetzen in den Regionen und verbinden das deutsche Stromnetz mit den Netzen der Nachbarländer.

Sie müssen künftig jedoch so flexibel aufgebaut sein, dass sie diese Strommengen aus Gebieten mit hohem Stromaufkommen in Regionen mit hohem Strombedarf liefern können.

Verantwortlich für die überregionale Versorgung und Übertragung im Höchstspannungsbereich sind in Deutschland die vier Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz, Amprion, TenneT und TransnetBW, die in der Folge der Strommarktliberalisierung und dem damit verbundenen Unbundling in den 1990er-Jahren von ihren ursprünglichen Mutterkonzernen RWE, E.ON, EnBW und Vattenfall abgespalten wurden.

Einstieg des deutschen Staats bei den Übertragungsnetzbetreibern

Der Finanzbedarf für den notwendigen Umbau der Übertragungsnetzbetreiber ist inzwischen so hoch, dass die Gefahr besteht, dass die Unternehmen überfordert werden könnten.

In diesem Zusammenhang kam die Frage auf, ob es für die Versorgungssicherheit besser wäre, wenn der deutsche Staat direkt oder über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) die Übertragungsnetzbetreiber teilweise oder ganz übernehmen würde.

Der Anfang auf diesem Weg wurde mit dem Einstieg der KfW gemacht, die 20 Prozent an der 50Hertz übernahm, um damit einen Einstieg der State Grid Corporation of China (SGCC) zu verhindern. SGCC wollte den Anteil des australischen Investors Industrie Funds Management (IFM) übernehmen, was man in Deutschland unbedingt verhindern wollte.

Bei der EnBW-Beteiligung TransnetBW kam die KfW im Auftrag des Bundes mit 24,95 Prozent zum Zuge, nachdem zuvor ein ebenso großer Anteil an ein Investementvehikel aus dem Sparkassen-Umfeld gegangen war.

RWE diskutierte im Kontext der Bildung einer Deutschen Übertragungsnetzgesellschaft den Verkauf seiner 25,1 Prozent-Beteiligung am Übertragungsnetzbetreiber Amprion. Inzwischen ist hier jedoch Stille eingekehrt. Offensichtlich hat Friedrich Merz bewirkt, dass dem Bund da Geld ausgeht.

Merz als Hemmnis bei der Modernisierung der Übertragungsnetze

Es ging dabei um das Sondervermögen für die Bewältigung der Corona-Folgen und die Übertragung der nicht benötigten 60 Milliarden Euro in den Klima- und Transformationsfonds. Und wie Friedrich Merz damals feststellte hat die Entscheidung der Bundesverfassungsgerichts Signalwirkung und weitreichende und langfristige Folgen.

Denn inzwischen sind auch beim deutschen Staat die Mittel knapp und zuletzt ist der Kauf der deutschen Tennet-Tochter gescheitert. Über die KfW sollte ein Viertel in Bundesbesitz kommen und für den Rest hatte man auf institutionelle Investoren gehofft.

Der niederländische Staat, welchem der Tennet-Konzern gehört, hat kein Interesse, das Geld des niederländischen Steuerzahlers für den Ausbau der deutschen Übertragungsnetze zu nutzen.

Kurzfristig hat man für die Investitionstätigkeiten sowohl des niederländischen als auch des deutschen Tennet-Zweigs eine erweiterte Kreditlinie in Höhe von 2 Milliarden Euro für 2025 und eine neue Kreditlinie von 17 Milliarden Euro für 2026 zur Verfügung gestellt. Für 2024 und 2025 waren bereits Beträge in Höhe von 13 Milliarden Euro bzw. 12 Milliarden Euro bereitgestellt worden.

Da die Bundesregierung jetzt aus dem Spiel um die Übernahme des deutschen TenneT-Netzes ausgeschieden ist, liegt es alleine an der niederländischen Regierung, an wen sie ihre Übertragungsnetzgesellschaft in Deutschland verkauft.

Aus den Niederlanden kommt jetzt die Meldung:

Die Beteiligung privater Investoren an TenneT Deutschland wird derzeit als der beste Weg angesehen, um den Kapitalbedarf von TenneT Deutschland strukturell zu decken. Dies könnte durch den privaten Verkauf von Aktien oder einen Börsengang geschehen. Diese Optionen werden in den kommenden Monaten erörtert.

TenneT

Privatisierung statt staatlicher Übertragungsnetzgesellschaft

Ob sich private Investoren finden lassen, die in die deutsche Stromversorgung investieren wollen, ist vor dem Hintergrund der absehbar wankelmütigen deutschen Politik, wo die Christenparteien und die AfD danach streben, die Kernkraft wieder aufleben zu lassen und damit die Suche nach einen Atommüllendlager weiter zu verzögern, ist mehr als fraglich.

Wenn die Übertragung der deutschen TenneT-Gesellschaft auf eine private Investorengruppe gelingen sollte, werden auch die belgischen kommunalen Gesellschafter von 51Hertz nach einer derartigen Lösung suchen. Welche langfristigen Folgen sich aus einer solchen Entwicklung für die deutschen Stromversorgung ergeben, ist derzeit noch nicht abzusehen.