Wenig Hoffnung auf große Veränderungen

Lateinamerika und Spanien verfolgen die Wahlen in den USA mit großer Aufmerksamkeit

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"Niemals gab es einen Regierungschef in den USA, der ein derart schlechtes Bild im Ausland hinterlassen hat", schrieb die kolumbianische Zeitung El Tiempo in einem Editorial über George Bush. Sie bilanziert, wie viele in Südamerika oder in Spanien denken werden: "Kolumbien ist schließlich Teil dieser Welt, die mit Enttäuschung, ja sogar mit Besorgnis, die Kontinuität von Bush im Weißen Haus sehen würde. John Kerry, mit all seinen unbekannten Positionen, weckt wenigstens etwas Hoffnung auf einen Wechsel."

Ähnliche Stimmen lassen sich viele finden. Die größte argentinische Tageszeitung Clarin spricht gar von Bush als dem "meistgehassten politischen Führer des Planeten". Beide Stellungnahmen sagen viel über die Stimmung in Südamerika aus, schließlich handelt es sich nicht um Positionen, die einer radikalen Linken zuzuordnen wären. Großartige Veränderungen erwartet man aber weder in Argentinien noch in Kolumbien, falls Kerry den Sieg davonträgt.

Ähnlich sieht es in Kuba oder Venezuela aus, den Erzfeinden der Bush-Administration in dessen "Hinterhof". In beiden Ländern wird eher Schlimmstes befürchtet, wenn Bush die Wahlen erneut gewinnt und sich für neue Abenteuer à la Irak gestärkt sieht. In Venezuela hat man die Unterstützung für die Putschisten noch nicht vergessen (Paramilitärs wollen Chavez ermorden) In Kuba geht man davon aus, dass Bush die Blockadepolitik gegen die Karibikinsel weiter verschärfen würde oder sich sogar zu einer Intervention hinreißen lassen könnte. In einem Interview warnte der kubanische Parlamentspräsident Ricardo Alarcón vor allem vor den zwei Monate des Machtübergangs, falls Kerry die Wahl gewinnen sollte. Durch Provokationen könnte ein Krieg möglich sein. Die Mafia in Miami würde ihre Felle wegschwimmen sehen. "Seit 30 Jahre verfluchen sie die Erinnerung an John Kennedy, sie haben die Demokraten immer als Teil ihrer Feinde angesehen."

Viel erhofft sich auch Kuba offiziell nicht von Kerry, doch ein Portrait in der Tageszeitung Granma, Zentralorgan der Kommunistischen Partei, lässt Erwartungen auf ein Tauwetter anklingen. Tatsächlich vertritt Kerry eine sanftere Blockadepolitik. Die kürzlich verschärften Reisebeschränkungen für in den USA lebende Kubaner hat er kritisiert. Zudem tritt er für eine Freigabe des Handels mit humanitären Gütern wie Nahrungsmitteln und Medizin sowie der Überweisungen von Geld an private Haushalte und humanitäre Organisationen ein.

Auch in Spanien ist man, auch wenn man das regierungsoffiziell natürlich nicht sagt, an einem Wechsel stark interessiert. Die Sozialisten wissen, dass Bush ihnen den Abzug der Truppen aus dem Irak nicht vergessen wird und somit die Beziehungen vier Jahre belastet wären.. Der Bush-Freund und abgewählte spanische Ministerpräsident Aznar hat dagegen bis zum Schluss Wahlwerbung für seinen Freund gemacht, damit der nicht das selbe Schicksal wie Aznar erleidet (Lügen haben kurze Beine, auch in Spanien). Erst am Sonntag sprach er sich in Israel für einen "totalen Krieg" gegen den Terrorismus aus. Dafür benötige man "starke und unbeirrbare Führer".