Wenn die Nazis den Zweiten Weltkrieg gewonnen hätten ...
Seite 2: Plötzlich paradiert die Wehrmacht in London
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In seinem allerersten – mit dem sehr bescheidenen Budget von 1,2 Millionen Euro produzierten – Spielfilm ist Andrew Legge auf allen Ebenen, in Stil wie Story, ein Meisterwerk gelungen: ein Science-Fiction-Film, der in Form eines Home-Videos der Vierzigerjahre gedreht wurde.
Der Film ist in seinen Drehbedingungen somit auch ein technisches Wagnis gewesen: Ausgestattet mit 16mm-Kameras und ohne Zusatzbeleuchtung, um den Realismus zu erhöhen, filmte Regisseur Legge Martha, Thomasina und ihre Abenteuer.
Die Form entspricht damit klassischem Found Footage: Manchmal überbelichtet, mit plötzlichen Schnitten oder Bildabbrüchen, Knistern und Rauschen auf der Tonspur – das vermittelt nicht nur den Eindruck, alle Ereignisse hautnah zu erleben, sondern appelliert auch an unser Bild von der Zeit, in der es spielt.
Dies kombinierte Legge mit historischem Bildmaterial aus dem Archiv und mischte beides so elegant, dass es ununterscheidbar wird: Plötzlich paradiert die Wehrmacht in London, ist der Faschist Oswald Mosley britischer Premier und Adolf Hitler persönlich besucht das Haus der beiden Schwestern.
So hat Legge einen durchaus realistisch wirkenden Film von seltener Originalität und fesselnder Atmosphäre geschaffen ... Sein Ansatz erinnert an den Film "It Happened Here" (1964), der bereits in den Sechzigerjahren mit alternativen Realitäten und der unangenehmen Möglichkeit spielte, dass die Deutschen – und zu Schrecken der Briten auch nationalsozialistische Marschmusik – Großbritannien erobert hätten.
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Und er erinnert natürlich an Chris Markers Klassiker "La Jetée" (1962), an den man schon wegen der komplizierten Zeitkalkulationen und verschiedenen, ineinander verschachtelten Zeitebenen denken muss. Auch hier geht es darum: Wie kann man in der Gegenwart dafür sorgen, dass die Zukunft nicht aufs falsche Gleis gerät?
Wie nahe uns die Gefahr durch den Faschismus ist
Insofern und wegen seiner konkreten Bezüge zur Bedrohung durch Nazis aller Art ist LOLA auch ein sehr aktueller Film. Er zeigt, wie nahe uns gegenwärtig die Gefahr durch den Faschismus gerückt ist – es geht hier keineswegs einfach um ferne Vergangenheiten.
LOLA, der auf dem Festival von Locarno Premiere hatte, ist so originell wie aktuell, formal aufregend und zugleich unterhaltsam – ein echter Höhepunkt des Filmjahres 2023, ein Neujahrsfilm für Erwachsene, den man ihn sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte.
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