Wettbewerb: Irakische Widerstandsgruppe will eine Website

Der Sieger soll über das Internet drei Raketen auf einen US-Stützpunkt im Irak ferngesteuert abschießen dürfen

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Einige Dutzend, wenn nicht 100 oder mehr Gruppen von Aufständischen und Terroristen gibt es im Irak. Sie hängen teilweise locker zusammen oder konkurrieren miteinander um Einfluss, Sympathisanten und Geld. Diese Konkurrenz zwingt dazu, durch Anschläge und Aktionen aufzufallen, was neben den Konflikten vor allem zwischen Sunniten und Schiiten und deren Milizen die für den Irak eigentümliche Dynamik und Intensität des Widerstands ausmacht. Als erstes hatten die tschetschenischen Rebellen die Bedeutung des Internet für die "Propaganda der Tat" entdeckt, um Bilder und Botschaften unabhängig von Massenmedien an die Öffentlichkeit zu bringen. Eine bislang unbekannte irakische Widerstandsgruppe hat nun eine Ausschreibung für den Aufbau einer Website im Internet mit einem eigenartigen Gewinn gepostet.

Seit Zerschlagung von al-Qaida in Afghanistan und vor allem seit der Besetzung des Irak haben Terror- und Widerstandsgruppen dieses Propaganda-Instrument weiter ausgebaut. Weitaus stärker als die einzelnen Anschläge, Entführungen oder Morde wirken die Bilder von diesen. Mit ihnen beweist man für Sympathisanten und Geldgeber die Effektivität der Organisation, während man in der Öffentlichkeit die eigene Macht demonstriert und den Menschen Angst einflößt. Die Bilder und Videos werden ebenso wie Aufrufe, Forderungen, Mitteilungen oder Bekenntnisschreiben für Anschläge in Newsforen anonym veröffentlicht oder auf Webseiten versteckt, die geknackt wurden.

Untereinander kommunizieren die Terroristen, wie man unlängst auf den Festplatten von Computern und USB-Memory-Sticks bei den für die Anschläge von Madrid Verantwortlichen nachweisen konnte, mittels freien Mail-Accounts, für die man keine korrekten Angaben machen muss. Beliebt scheint bei den spanischen Attentätern, die sich, nachdem sie in einer Wohnung in Madrid umstellt wurden, selbst in die Luft sprengten,, vor allem Hotmail von Microsoft zu sein. Um zu vermeiden, dass Mails abgefangen werden, nutzen die Beteiligten den Account gemeinsam. Die Mail wird nicht abgeschickt, sondern lediglich geschrieben und gespeichert, die anderen Mitglieder können mit dem ihnen bekannten Benutzernamen und Passwort darauf zugreifen. Gefunden wurden auch Websites und Newsforen, auf die die Terroristen zugegriffen und von denen sie beispielsweise Videos von Gräueltaten der Besatzungstruppen im Irak und von Anschlägen auf Koalitionstruppen, al-Qaida-Texte oder auch eine Anleitung dafür, wie man ein Handy zum Auslösen einer Bombe verwendet, heruntergeladen haben.

Kürzlich erst wurden im Internet angeblich von al-Qaida einige Stellen in der Propaganda-Abteilung angeboten. Mit Lohn wurden Interessenten nicht gelockt, sondern eher mit der Ehre, beim heiligen Krieg mit dabei sein zu dürfen. Gesucht wurden Muslims, die Informationen sammeln und aufbereiten können und sowohl die arabische als auch die englische Sprache beherrschen. Wie ernst diese Stellenausschreibung war, ist nicht bekannt (Freie Stellen bei der Propaganda-Abteilung der islamistischen Terroristen).

Die "Informationsabteilung" von Jaish Al-Taifa Al-Mansura (Armee der siegreichen Gruppe), angeblich eine sunnitische Widerstandsgruppe im Irak, hat Anfang November auf mehreren Internetseiten einen Wettbewerb veröffentlicht, der schon selbst einen Propagandacoup darstellt, auch wenn nichts weiter dahinter stünde. Alle gläubigen Muslime, aber vor allem die Angehörigen der "Globalen Muslimischen Medienfront" werden aufgefordert, Entwürfe für eine Website der Gruppe einzureichen. Die Website muss, so die Übersetzung, die von Memri stammt, das Motto der Gruppe, deren Ideologie, die von der Gruppe auf der Website al-Hesbah geposteten Mitteilungen und Videos enthalten.

Überdies soll hier alles gesammelt werden, was auf Al-Hesbah, in Zeitungen oder anderswo über die Gruppe veröffentlicht wurde. Zudem müsse sie dem "guten Ruf" der Gruppe, des Dschihad und der Dschihad-Kämpfer gerecht werden und die "Informationen der Kreuzfahrer" unterminieren. Der Wettbewerb war zunächst für einen Monat angesetzt, ist aber – aufgrund mangelnden Interesses? - am 18. November verlängert worden.

Die zwei besten Einsendungen erhalten Preise. Der erste Preis kommt von Allah für den Einsatz im Dienste des Dschihad. Der zweite Preis ist vermutlich interessanter für mögliche Adepten:

Der Gewinner wird drei Raketen von jedem Ort in der Welt auf einen amerikanischen Truppenstützpunkt im Irak durch einen Knopfdruck (auf seinem Computer) mit seiner geweihten Hand durch die Nutzung der von Dschihad-Kämpfern entwickelten Technik abschießen können, so Allah will.

Denkbar wäre das schon. Man kann im Internet ja schließlich auch bereits mit einem ferngesteuerten Gewehr auf die Jagd auf wirkliche Tiere gehen. Vielleicht soll dieser "Preis" auch nur demonstrieren, wie weit die technische Nutzung des Internet bei den Aufständischen bereits gehen kann. So zumindest heißt es in der Ausschreibung des Wettbewerbs, es sei für die Gruppe wichtig, "der muslimischen Nation die Entwicklung von genauen und wirksamen Raketen und, wie wir Euch versprochen haben, die Nutzung der Computertechnik und die Möglichkeit zu zeigen, mittels Fernsteuerung von einem beliebigen Ort der Welt aus, Raketen abzufeuern".

Überdies sei dies eine Gelegenheit "für unsere Brüder außerhalb des Iraks, sich ihren Brüdern an der Front im Irak, dem Land der Grenze und des Dschihad, anzuschließen und die Stützpunkte des Polytheismus und der Häresie zu zerstören". Dem Gewinner werde es auch möglich sein, die Abschüsse der Raketen zu dokumentieren und die "Beweise" schon im Interesse der Gruppe zu veröffentlichen. Die würden freilich Zweifler nicht überzeugen. Aber vielleicht der Wettbewerb auch nur ein schlechter Scherz oder zeugt vom Beginn eines Dada-Dschihad.