Wie Befürworter der "Willkommenskultur" gegen Fremdenfeindlichkeit argumentieren
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Fürsprecher von Immigration argumentieren mit wirtschaftlichen und anderen Vorzügen, um die Mehrheitsmeinung zu gewinnen. Das birgt Risiken. (Teil 2)
In den modernen Demokratien hat die Ankunft von im nationalen Verband bis dahin nicht vorhandener Menschengruppen ihr störendes Moment behalten. Auch wenn die jeweiligen deutschen Ureinwohner sukzessive an die polnischen Arbeitsmigranten vor dem Ersten und die Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg, sodann an die Gastarbeiter im "Wirtschaftswunder", die Spätaussiedler eines sich wandelnden Ostblocks und die Ossis nach der Wende gewöhnt wurden – eine unaufgeregte Gewohnheit hat sich darüber bei den Deutschen mit und ohne Migrationshintergrund nicht einstellen wollen.
Neben der Politik selbst müssen auch publizistische Befürworter der Zuwanderung ihren volkswirtschaftlichen und sonstigen Sachverstand anstrengen, um dem anwesenden Volk und in Differenz zu seinen populistischen Fürsprechern deren Sinn und Nutzen einsichtig zu machen: "Wenn (die deutsche Gesellschaft) ihre Position in der Weltwirtschaft und ihren Wohlstand im Inneren behalten will, ist sie auf Zuwanderung angewiesen, und es herrscht durchaus Konkurrenz mit anderen Gesellschaften um die Fähigsten und Leistungsstärksten."1
Solches Arbeitspotential gilt es offenbar auch aus den Kriegs- und Armutsflüchtlingen herauszufiltern, falls Deutschland ein paar davon für seine weiteren Wirtschaftserfolge brauchen kann. Dann fallen unter Umständen sogar ein paar Brosamen für "Leistungsschwächere" ab: "Der Wille, diese Tüchtigsten für sich zu gewinnen, schließt nicht aus, dass man aus humanitären Gründen in einer besonderen Notlage auch diejenigen aufnimmt, die aller Wahrscheinlichkeit nach nicht in diese Gruppe gehören." (Ebd.)
Klar, das kostet ein gewisses Geld, aber "man kann die für die Befähigung der Flüchtlinge anfallenden Kosten auch als Investition ansehen, die erforderlich ist, um die biologische (…) Reproduktion auf einen dem deutschen Arbeitsmarkt entsprechenden Stand zu bringen" (ebd. S. 113). Außerdem erfahren die deutschen Couchpotatos noch eine Hilfeleistung durch die wendigeren Fremdländer: "In einer globalen Ökonomie, in der nur mithalten kann, wer dem Prozess der ‚Verfettung‘ nicht anheimfällt, sondern immer wieder innovativ ist, sind Fremde eine Chance zur Erneuerung." (Ebd. S. 207)
Migration und die "Triple-Win-Situation"
Auch ein Präsident des Handelsverbands "verweist auf den drohenden massiven Fachkräftemangel in Deutschland", dem mit Lohnerhöhungen, da wachstumsfeindlich, bekanntlich nie und nimmer beizukommen sei. "Deshalb sollten wir alle dafür sorgen, dass Menschen aus anderen Ländern gerne zu uns kommen, um diese Lücken zu füllen."2 Und was gut für die Geschäfte in Deutschland ist, bekommt auch den Geschäften gut, die von Deutschland ausgehen und auswärtige Kaufkraft brauchen: "Alle profitieren von der Wanderung (Triple-win-Situation). Das Zielland profitiert von der Arbeitskraft und den gezahlten Steuern, das Herkunftsland profitiert von den Geldtransferleistungen, und der Betroffene (Flüchtling, Migrant) hat eine neue Perspektive erhalten. (…) Eine Studie der Weltbank kommt zu dem Ergebnis, dass ‚Entwicklungshilfe durch Migration effektiver ist als Entwicklungshilfe zur Verhinderung von Migration‘."3 Am Ende schont das auch noch den deutschen Staatshaushalt.
In gewissem Kontrast zu den Stimmen, die den deutschen Wirtschaftserfolg daheim und weltweit als Rechtfertigung für Zuwanderung bemühen und diesen selbstredend mit dem Nutzen von "uns allen" bzw. "uns Deutschen" gleichsetzen, stehen einige Molltöne, die sie anschlagen, wenn es um ein paar Begleitumstände dieser Erfolgsgeschichte geht: "In der politischen Debatte wird gerne unterschlagen, dass Europa mitverantwortlich für die Flüchtlingsströme ist. (…) Die westlichen Staaten sind mitverantwortlich für den Bürgerkrieg in Syrien und verdienen nach wie vor bei den Waffenexporten kräftig mit. Die klimatischen Veränderungen auf dem afrikanischen Kontinent lassen sich auch darauf zurückführen, dass Europa in einem nie dagewesenen Luxus lebt." (ebd. S. 73)
"Man braucht keine blühende Fantasie, um zu erkennen, dass die westliche Politik den Nährboden für den Terrorismus im Nahen Osten mit bereitet hat." (Ebd. S. 163f.) "Die Folgen des Klimawandels, von Nahrungsunsicherheit (…) oder fragile Staaten (…) gehören zu den Fluchtursachen im beginnenden 21. Jahrhundert."4