Wie Krankenhäuser ihren Müll-Ausstoß reduzieren können
Deutsche Krankenhäuser produzieren jährlich 4,8 Millionen Tonnen Müll. Das ist mehr als die meisten Industriezweige. Doch einige Kliniken zeigen bereits, wie es anders geht.
Deutsche Krankenhäuser produzieren 4,8 Millionen Tonnen Abfall pro Jahr. Nur die Baubranche, Handel und Gewerbe sowie der Bergbau produzieren noch mehr Müll. Mülltrennung ist in den meisten deutschen Krankenhäusern bis heute nicht implementiert. Begründet wird dieses Verhalten oft mit einer von dem Klinikmüll ausgehenden Infektionsgefahr.
Daher lautet das vorherrschende Motto in den Krankenhäusern: "Am besten alles verbrennen". Das ist keinesfalls ein auf Deutschland beschränktes Problem. Auch in Österreich gilt: "Ob Schutzmasken, Spritzen oder Blutbeutel: In Spitälern fallen große Mengen an Medizinabfällen an. Recycelt wird davon fast nichts."
Früher wurde das Operationsbesteck nach dem Einsatz desinfiziert und zur erneuten Nutzung vorbereitet. Heute hat man von diesem Vorgehen überwiegend Abstand genommen und so sind heute im Krankenhaus 60 Prozent aller Medizinprodukte Einwegprodukte. Sie werden anschließend nicht stofflich verwertet, sondern der Müllverbrennung überlassen, was für die Krankenhäuser letztlich risikoärmer und daher auch kostengünstiger ist.
Medizinprodukte müssen nicht Einweg sein
In Zeiten, in welchen einerseits die Kosten im Gesundheitswesen explodieren und andererseits ab 2027 auch die Müllverbrennung einer CO2-Bepreisung unterliegen soll, ist damit zu rechnen, dass die Müllvermeidung und zumindest ein stoffliches Recycling auch bei Medizinprodukten wirtschaftlich wieder interessant wird.
Im Projekt ReMed zum Thema "Nachhaltige Medizintechnik" hat das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik die Abfallentsorgung in deutschen Krankenhäusern bewertet.
Dazu führte man auf Basis der aktuellen Studienlage zum Thema eine Umfrage in 24 sächsischen Krankenhäusern durch und entwickelte gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden ein Whitepaper mit Handlungsempfehlungen für Hersteller von Medizinprodukten, Krankenhausbetreiber sowie Entsorgungsunternehmen, wie die Recyclingquote bei Medizinprodukten kurz-, mittel- und langfristig erhöht werden könnte.
Erfolgreiche Modelle der Mülltrennung im Klinikbereich
Das Universitätsklinikum Bonn zeigt, dass mehr Recycling nicht nur besser für die Umwelt ist, sondern sogar Geld spart. Nach Aussagen der Weltgesundheitsorganisation WHO können etwa 85 Prozent der Krankenhausabfälle grundsätzlich recycelt werden, da sie nicht infektiös sind.
In Bonn hat man als erste deutsche Klinik Ende vergangenen Jahres das Recycling chirurgischer Einweggeräte eingeführt, um das Abfallaufkommen am Klinikum deutlich zu vermindern.
Zwar werden die gebrauchten Einweggeräte nicht desinfiziert und wieder verwendet, sondern Klammernahtgeräte und Ultraschallscheren, die etwa bei einer Bauchspiegelung genutzt werden, landen inzwischen nicht mehr in der Verbrennung, sondern werden sterilisiert und die Rohstoffe anschließend wiederverwertet, wenn auch nicht wie früher wiederverwendet.
In Bonn hat man inzwischen einen Abfallmanager eingestellt, dessen Aufgabe es ist, die Abfallmengen und die mit ihnen einhergehenden Entsorgungskosten in den Griff zu bekommen. In einem ersten Schritt wurden mithilfe von Resourcify die Entsorgungs- und Wertstoffströme im Klinikum digitalisiert. In der Folge konnte man detailliert ermitteln, wo es Probleme bei der Abfalltrennung oder mit den jeweiligen Entsorgern gibt.
Die daraus resultierende Optimierung der Abfallströme soll dem Universitätsklinikum inzwischen 100.000 Euro im Jahr einsparen, da sie statt einer Million Euro jetzt nur noch 900.000 Euro jährlich für die Entsorgung ihrer Abfälle ausgeben müssen.
Jetzt wird gesammelt, was sich besonders lohnt. Das sind neben den Einweggeräten auch Aluminium und hochwertige Kunststoffe. Dabei ist der Platzmangel im Klinikum eine der größten Herausforderungen, denn die vorhandenen OPs wurden nicht für das Aufstellen von zehn verschiedenen Recyclingbehältern konzipiert.
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Zwar sind jetzt nicht alle medizinischen Einrichtungen so groß und so komplex wie ein Universitätsklinikum und können sich einen eigenen Abfallmanager leisten, aber auch kleinere Häuser können mit einer konsequenten Mülltrennung ihre Entsorgungskosten zumindest in Teilen in den Griff bekommen.
Das zeigt die Theresienklinik in Bad Krozingen, eine Rehabilitationsklinik für Orthopädie und Kardiologie, die auf die gleichen Wurzeln zurückgeht wie das inzwischen vollständig von der Freiburger Uniklinik übernommene Herzzentrum im gleichen Ort und diesem immer noch in enger Zusammenarbeit verbunden ist.
Die Theresienklinik hat nach Aussage der Geschäftsführung ihren Müll getrennt, seit es in Deutschland die Mülltrennung gibt. Beschränkte sich das zu Beginn auf Papier und Glas, wurde es mit dem Aufkommen der Gelben Säcke um die getrennte Sammlung der Verpackungsmaterialien erweitert.
Hinsichtlich der Mengen kann festgestellt werden, dass inzwischen knapp die Hälfte des Müllvolumens als Wertstoffe in speziellen Behältern auf den Gängen der Klinik getrennt gesammelt wird.
Dass die Restmüllmenge immer noch bei etwa 53 Prozent Anteil am Gesamtabfallaufkommen liegt, ist der Tatsache zuzuschreiben, dass Windeln, Inkontinenzunterlagen und vergleichbare Materialien, die vorwiegend in der Pflege anfallen, über den Restmüll entsorgt werden müssen.
Da die Theresienklinik kein Akutkrankenhaus ist, fällt hier üblicherweise kein infizierter Müll an. Die wenigen Spritzen, die in dieser Klinik anfallen, werden gesondert vom Restmüll gesammelt und entsorgt.