Wie Uri Geller den Dritten Weltkrieg verhinderte

Seite 7: PSI-Missings

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Auch im sogenannten "Krieg gegen den Terror" lässt uns der Friedenskämpfer und Freizeit-Geheimagent nicht im Stich: Vollmundig verkündete Geller, mit seinen PSI-Kräften Osama bin Laden aufzuspüren - bislang vergeblich. Dies könnte mit Gellers zahlreichen Nebentätigkeiten zusammenhängen, die ihn beim Verhindern des Dritten Weltkriegs zeitlich zu sehr binden, denn Geller mischt auch im Sport- und Show-Business mit:

1996 versuchte er, das englische Cricket-Team mit seinen Kräften zu unterstützen. Hierzu sollten die TV-Zuschauer ihre Hände auf einen orangefarbenen Ring legen, der in Gellers Verkaufsschlager "Mind Power Kit" enthalten war. Von den fünf Matches gegen Zimbabwe verlor die Mannschaft drei.

Im selben Jahr griff er in gleicher Weise auch regelwidrig in die Fußballeuropameisterschaft zugunsten der englischen Nationalmannschaft ein. England hatte im Halbfinale gegen Deutschland jedoch keine Chance, da Bundes-Bertis Mannen gegen Gellers übersinnliche Attacken erfolgreich von Jan Becker, Thorsten Havener und Anita verteidigt wurden. 1998 sagte Geller den 1:0-Sieg für England gegen Argentinien voraus, jedoch siegte der Gegner nach einem Stand von 2:2 im Elfmeterschießen. England gewann 1999 ein Match gegen Schottland - allerdings hatte Geller diesmal auf Seiten der Schotten positive Energien verströmt. Gellers Engagement für den Reading Football Club endete mit dessen Abstieg.

Wie weiland Hanussen prophezeite Geller 1997 beim Pferderennen den Sieg des Pferdes "Go Ballistic" beim Grand National - das Rennen wurde abgebrochen. Nachdem schon Hanussen seinerzeit den Unfall des Rennfahrers Fürst Lobkovitz (beinahe) vorausgesehen hatte, griff auch Geller in die Formel 1 ein und versprach den Sieg von David Coulthard. Vielleicht war es zuviel des guten, denn in Runde 3 beerbte Coulthard stattdessen Lobkovitz und schied wegen Unfall aus.

Eine historische Chance auf Weltfrieden verpasste die Menschheit bei der Olympiade 2000 in Sydney: Geller hatte angeboten, bei diesem größten friedlichen Medienereignis durch seine Kräfte positiv auf die Massen einzuwirken. Tragischerweise wurde das Ansinnen des Menschenfreundes abgelehnt. Dennoch mischte sich Geller ein: Nachdem Sportlerin Cathy Freeman bei der Eröffnungsfeier das olympische Feuer entzündet hatte, blockierte Geller durch seine psychokinetischen Kräfte für einen Moment die Fahrt des Feuerkessels.

In der britischen Version von "Big Brother" setzte sich Geller 2001 für den Teilnehmer "Paul" ein und empfahl, die Hände auf den Bildschirm zu legen, was Paul vor der Abwahl hätte bewahren sollen - Paul flog sofort. Als Geller Hannah, mit der er früher eine Kurzehe geführt hatte, erneut heiratete, spielte Michael Jackson den Trauzeugen. Für Jacksons Album "Invincible" gestaltete Geller das Cover mit, was zu einem klaren Fall von PSI-missing geriet: Jacksons CD wurde einer der größten Flops der Musikgeschichte.

2002 wurde Geller Co-Schirmherr des Drittligisten Exeter City Football Club, der gegen Saisonende in die Relegation musste. In der britischen Version der TV-Reality-Show "Ich bin ein Star - holt mich hier raus!", in der Geller als Kandidat mitwirkte, taten ihm die Zuschauer diesen Gefallen und warfen ihn als ersten vom Bildschirm. Ähnlich erfolgreich prophezeite Geller 2004 den Lesern der BILD-Zeitung Lottozahlen.

Geller wirkte stets in Werbefilmen mit. Vergeblich wehrte er sich gegen einen Werbespot, der einen anderen Mentalisten beim erfolglosen Versuch zeigte, die beworbene Uhr anzuhalten. 2000 kabbelte sich Geller mit dem japanischen Konzern Nintendo, der eine Spielkarte mit einem "Pokemon"-Monster namens Yun-Geller vier Millionen Mal verkaufte hatte. Geller kündigte eine Schadensersatzklage über 100 Millionen Dollar an, musste jedoch aufgeben.

Krieg und Frieden

Friedensapostel Geller hatte wenig Hemmungen, für Kriegstreiber und Kriegsgewinnler zu zaubern. So verbog er den Ehering von Raketenpionier Wernher von Braun, trat auf der Geburtstagsparty des Waffenhändlers Adnan Kashoggi auf und zeigt sich noch heute mit Margaret Thatcher.

Auch die esoterischen Praktiken höchst aufgeschlossene Cherie Blair lässt sich von Geller die Löffel biegen, während sich ihr Gatte aus fiktiven Gründen an völkerrechtswidrigen Angriffskriegen beteiligt. Geller behauptet, sich jahrelang durch mentales Auffinden von Bodenschätzen für Konzerne finanziert zu haben. Fossile Rohstoffe wecken jedoch Begehrlichkeiten, die erfahrungsgemäß nicht gerade dem Frieden förderlich sind. Wie seinerzeit Hanussen in seinen astropolitischen Zeitungen kommentiert auch Geller in allerhand Zeitungskolumnen das weltpolitische Tagesgeschehen.

Comeback auf RTL

Angesichts des Erfolges der genialen Mediengestalt könnte man versucht sein, Bevölkerung und Medien in den 70ern für besonders leichtgläubig und uninformiert zu halten und diese Defizite dem damals mangels Internet nur langsam zirkulierenden Informationsfluss zuzuschreiben.

Dass uns die Medien aber sogar noch im Jahr 2004 erfolgreich echte Wundermänner präsentieren können, bewies Günther Jauch, der Geller zunächst in seiner Infotainmentshow "Stern TV" exhumierte und ihm schließlich sogar ein pompös beworbenes Special widmete. Jauchs Produktionsfirma hatte wenige Monate zuvor einen Drehtermin bei einer Veranstaltung mit Randi, die direkt vor deren Haustür in Köln-Deutz stattfand, zu- und dann wieder abgesagt. Stattdessen tat Sympathieträger Jauch unbedarft wie ein Schuljunge. Unter das Studiopublikum hatten sich heimlich einige Zauberkünstler gemischt, die jenseits der Kamera erstaunliche Beobachtungen machten, die Jauch nicht zu stören schienen.

Raffinesse bewiesen die Medienexperten, indem man Saalpublikum und VIP-Gäste gegen das TV-Publikum ausspielte: Den Gästen im Studio verkaufte man die Veranstaltung als "Zaubershow" und erbat sich entsprechendes Wohlwollen - die PR, die jedoch rund um die Sendung gestreut wurde, stellte Gellers Kräfte als authentisches Phänomen dar, das den Experten Rätsel aufgäbe. Einzig Kabarettist Ottfried Fischer bewahrte sich eine kritische Haltung, während sich Politiker Prof. Dr. Norbert Blüm seine Frau telefonisch Wunderliches über einen psychokinetisch reparierten Videorekorder verbreiten ließ. Bekanntlich lässt ein Träger des "Münchhausen-Preises 2000" wie Geller keine PR-Chance aus. Damit Geller keine unliebsamen Überraschungen zu befürchten hatte, sollen fünf Rechtsanwälte in einem Übertragungswagen gesessen haben, die per Knopfdruck die Ausstrahlung hätten abbrechen können.

Die meisten Zeitungen begnügten sich mit dem Abdruck eines dpa-Kommentars, der zwar pflichtschuldig auch Kritiker zu Wort kommen ließ, sich aber nicht zu einer rationalen Bewertung des Gesehenen durchringen wollte. Die Zeitung Die Welt bedauerte, dass Geller das "Vier Personen-Schweben" nicht mit dem gewichtigen Ottfried Fischer versucht hatte. RTL schob anderntags sogar noch pseudokritische Beiträge nach. Die anderen TV-Sender wollten ebenfalls nicht den Spielverderber geben und ließen dem populären Jauch seine Inszenierung durchgehen. Einzig der an Elend gewöhnte Medienkritiker Stefan Raab kommentierte am folgenden Abend den zu groß geratenen Kindergeburtstag in seiner Resteverwertungsshow und formulierte zielgruppengerecht: Was für eine unglaubliche Sch****!.

Auch die an sich für kritischere Positionen bekannte ARD, die gelegentlich ein an PSI interessiertes Publikumssegment bedient, wollte sich (nicht) lumpen lassen und recycelte 2006 den Evergreen bei Beckmann. Für Gellers dortige Anti-Raucher-Hypnose interessierte sich vornehmlich seine verlässlichste PR-Partnerin: die BILD-Zeitung.

Bei einem Comeback-Versuch in Israel 2007 bekam Geller jedoch wieder von Randi etwas hinter die Löffel.

Roter Kristall

Nachdem Geller den Großteil seines Lebens der Deformation von Besteck gewidmet hatte, engagiert er sich seit einigen Jahren auf seine Weise pragmatisch im Nahostkonflikt: Da die Rettungsorganisationen "Rotes Kreuz", "Roter Halbmond" und "Magen David Adom" ("Roter Davidsstern") religiöse Symbole nutzt, die von Strenggläubigen der jeweils anderen Religion abgelehnt werden, kreierte Geller für die besetzten Gebiete als religionsneutrales Symbol den roten Kristall und fungierte bei den Verhandlungen als Türöffner, der sogar durchsetzte, dass das Personal der Rettungswagen auf das Tragen von Waffen verzichtet. Im Libanonkrieg 2006 reiste Geller persönlich ins Kriegsgebiet, um die Rettungskräfte des roten Diamanten zu unterstützen.

Das Phänomen Geller

Betrachtet man Gellers Lebensleistung, seine Nehmerqualitäten, sein unglaublich geschicktes Spiel mit den Medien, sein Showmanship, seine Selbstinszenierung, seinen Geschäftssinn und seine Flexibilität, so ist seine aberwitzige Karriere auch ohne übersinnliche Kräfte unglaublich genug, eigentlich sogar noch beeindruckender. Sportsmann Randi bezeichnet sich auch als den wohl größten Fan Gellers, verzeiht ihm jedoch nicht die Beschädigung von Wissenschaftlern.

Geller hat auch das Spiel mit den Mächtigen erfolgreicher gespielt als Cagliostro und Hanussen; hat im Gegensatz zu Jasper Maskelyne nicht nur einen Weltkrieg "entschieden", sondern fast dem gesamten Planeten Frieden gebracht; war teilweise stilistisches Vorbild von Jahrhundertzauberer David Copperfield, der sich zum Verbiegen eines Brecheisens veranlasst sah, und genießt seit drei Jahrzehnten A-Prominentenstatus.

Wesentlich für Gellers Erfolg waren neben seinem brillanten Auftreten vor allem seine Bereitschaft, Risiken einzugehen. sowie sein Optimismus über die Kritiklosigkeit der Masse. Der eine oder andere negative Artikel ist morgen vergessen, im Ausland oft nicht einmal bekannt und kann durch eine Flut an attraktiveren Meldungen verdrängt werden. Allen öffentlichen Trickerklärungen zum Trotz ist Geller im Geschäft geblieben.

There is no such thing as bad PR in the world. Anyone who can create controversy around him is great. The cynics and magicians who have come out against me have done a great job worth millions. It has made Uri Geller more mysterious and has created a mystical aura around me.

bekannte Geller in Interviews und begegnet Comedians, die sich über ihn lustig machen, mit Humor. Als eine frühere Version dieses Beitrags in einer Fachzeitschrift erschien, bedankte sich Geller sogar telefonisch beim Autor für dessen Arbeit und spendete ihm positive Energie.

Medienrealitäten

Dieser Beitrag soll weder eine Stellungnahme zur Existenz von PSI-Phänomenen beinhalten, noch versteht er sich als allgemeine Kritik an Parawissenschaften, denn ergebnisoffene Erforschung ungeklärter Phänomene ist gerade die Aufgabe der Wissenschaft. Ebenso wenig besteht ein Anlass, esoterische Weltanschauungen geringer zu schätzen als etablierte Religionen.

Auch Geller selbst soll nicht der eigentliche kritisierte Gegenstandstand dieser Betrachtung sein: Der Mann hat eigentlich nur seinen Job gemacht, dieses mit Bravour. Ob man das auch von der Presse behaupten will?

Wer sich ein Bild davon machen möchte, was unsere tüchtigen Journalisten für die wahrheitsgemäße Darstellung der Realität taugen, der kann am Fall Geller mehr lernen, als einem lieb sein kann. Wer sich näher mit politischer PR befasst oder historisch aufgeklärte Sachverhalte mit deren zeitgenössischen Darstellung vergleicht, der wird feststellen, dass es bei der Schlacht um die aktuelle öffentliche Meinungsbildung nicht anders läuft. Wie Geller haben alle Politiker und sonstigen Medienpersonen Interesse und Möglichkeiten, Berichterstattung und Bewertung in ihrem Sinne zu beeinflussen.

"Journalism is a boys job" spottete einst Kissinger über unkritische PR-Verbreiter, denen er spielend Schlussfolgerungen forcierte. Die Chancen, dass etablierte Journalisten ihre Kontakte und Karrieren durch unbequeme Beiträge gefährden, stehen schlecht.

Auszug aus dem Pressekodex des Deutschen Presserats

Ziffer 1
Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse.

Ziffer 2
Zur Veröffentlichung bestimmte Nachrichten und Informationen in Wort und Bild sind mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Ihr Sinn darf durch Bearbeitung, Überschrift oder Bildbeschriftung weder entstellt noch verfälscht werden. Dokumente müssen sinngetreu wiedergegeben werden. Unbestätigte Meldungen, Gerüchte und Vermutungen sind als solche erkennbar zu machen.

Symbolfotos müssen als solche kenntlich sein oder erkennbar gemacht werden.

Ziffer 3
Veröffentlichte Nachrichten oder Behauptungen, insbesondere personenbezogener Art, die sich nachträglich als falsch erweisen, hat das Publikationsorgan, das sie gebracht hat, unverzüglich von sich aus in angemessener Weise richtigzustellen. (...)