Wie Wachstum und Wahn Tesla antreiben
Seite 3: Grundlage der Tesla-Vision: die Energie- und Mobilitätspolitik
- Wie Wachstum und Wahn Tesla antreiben
- Das "Ökosystem" Tesla: ein kapitalistisches Eroberungsprogramm
- Grundlage der Tesla-Vision: die Energie- und Mobilitätspolitik
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Der systemgemäß aberwitzige Gebrauch der materiellen Automobil-Überproduktion, resultierend aus dem Mobilitätsbedürfnis der kapitalistischen Warenproduktion und ihrer Figuren und resultierend in Auto-Städten, endlosen Staus und einer chronischen Zunahme der klimawirksamen und -schädlichen Gase in der Atmosphäre, hat den USA und den anderen maßgeblichen Auto-Nationen der Welt immer nur in einer Richtung zu denken gegeben: mehr Natur und Lebensraum in Straße verwandeln und mit zunehmender Verkehrsdichte die Schadstoffe pro Auto per Gesetz auf das Maß beschränken, mit dem ihr Volk gesundheitsmäßig noch einigermaßen über die Runden kommt.
Etwas anders als es sich patriotische Fans der deutschen Autoindustrie mit ihren Vorstellungen eines ewig rückständigen Amerika mit seinen spritschluckenden Pick-ups zusammenreimen mögen, fördern die USA (v.a. in Gestalt der kalifornischen Umweltbehörde Carb und etlicher weiterer US-Staaten) seit rund 20 Jahren und mit dem langen Atem ihrer Dollar-Finanzmacht die Elektromobilität als national relevante Innovation:
Sie etablieren ein Punktesystem, das E-Auto-Quoten verlangt; das Energieministerium legt ein 25 Milliarden Dollar schweres Kreditprogramm auf, und 7. 500-Dollar-Steuergutschriften belohnen den Kauf "fortschrittlicher Autos", was nach streng marktwirtschaftlicher Logik zu Entwicklung, Produktion und Verkauf emissionsfreier Fahrzeuge inklusive der damit nötigen Energieinfrastruktur anregt.7
Als maßgebliche Prämissen dieser E-Mobilitätsförderungen fasst der US-Staat fest ins Auge, dass erstens auf seinem Territorium das produktive Geschäft mit dem automobilen Individualverkehr auch in der weiteren Zukunft in immerzu wachsendem Umfang stattfinden muss.
Und zweitens trifft er mit den Förderprogrammen, die in ihrer Wirkung über die Autobranche selbst hinausreichen, eine ganz wesentliche Weichenstellung für sein nationales Vorhaben, die Produktion und den Verbrauch erneuerbarer Energien als gewichtige (Geschäfts-)Alternative zu Öl und Gas zu etablieren.
In diesem Sinne nimmt die US-Mobilitäts- und Energiepolitik die aktuellen, fossil betriebenen Geschäftsmittel der Autokonzerne als langfristige Schranken des nationalen Kapitalstandorts ins Visier: Die Verbrennertechnik gilt ihm – bei allem Respekt vor den überkommenen Geschäftsmitteln seiner Kapitale – als technisch und geschäftlich weitgehend ausgereizt; eine massive Reduktion der Schadstoffe ist nur mit zunehmenden Kosten, wenn technisch überhaupt zu erreichen.
Jedenfalls verteuert der Staat mit seinen Maßnahmen diese Technologie im Verhältnis zu alternativ-fortschrittlichen Technologien und liefert so finanzielle Anreize, dass Start-up-Klitschen wie große Konzerne8 ganz gemäß ihrem privaten Geldvermehrungstrieb neue Produkte als Geschäftsmittel erfinden, damit Wachstumsmärkte "der Zukunft" begründen oder alte Märkte neu erobern, jedenfalls in der Schlacht ums Wachstum die Kapitalvermehrung hinbekommen, die mit den alten Produkten nicht mehr zu haben ist.9
Die USA befördern also nach allen Regeln der Standortpolitik mit beeindruckenden Dollarsummen eine Kapitalkonkurrenz, die auf ihrem Boden von ihrem automobil-industriellen Komplex mit den Mitteln des technischen Fortschritts geführt wird – um die zukünftigen, weltweit erwirtschafteten Dollar-Erträge aus dem Geschäft mit vier Rädern und ohne CO₂.
In Tesla finden die USA ein in allen diesen Hinsichten förderungswürdiges Objekt: Tesla entwickelt und produziert in Eigenregie in Kalifornien, also auf US-Boden, nach der technischen Seite hin marktreife Produkte für die emissionsfreie Mobilität. Und mit der finanzstarken Beteiligung der etablierten Konzerne Daimler-Benz und Toyota an dem Silicon-Valley-Start-up fließen nicht nur die Subventionen des US-Staates. Staatliche Behörden von Universitäten bis zum Militär treten auch noch als zahlungskräftige Kunden der Energiesparte Tesla Energy auf – ein weiterer Beitrag dazu, dass das Unternehmen überhaupt die Verheißungen der ersten Jahre überlebt und den Status eines wachstumsträchtigen Industriekapitals erringt.10
Zu diesem Status trägt auch die andere Abteilung der US-Staatsgewalt bei. Die US-Justiz schädigt nicht nur die europäische Konkurrenz von Tesla und ihre Diesel-Weltmarktstrategie, 11 sondern macht auch auf den politischen Willen, vor allem in Deutschland, Eindruck.
Vielleicht in Umfang und Tempo verschieden, aber dem Prinzip nach gleich betreiben alle potenten Staaten, die eine Autoindustrie bei sich beheimaten, diese Art von Standort- und Energiepolitik und verallgemeinern damit den Einstieg in die E-Mobilität zur unumkehrbaren, global durchgesetzten Sachlage der Konkurrenz für die Autoindustrie in den USA, China, Europa und Japan.12
Daran schmarotzen Elon Musk und sein Unternehmen: Erst die politischen Vorgaben machen das Tesla-Geschäftsmodell zu einer Geschäftsperspektive für den gesamten Weltmarkt, und Tesla gewinnt die interessierte Aufmerksamkeit der Finanzspekulanten in ihrer aufreibenden Suche nach Gelegenheiten, aus Geld mehr Geld zu machen.
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