Wie der Verfassungsschutz in die Meinungsfreiheit eingreift

Seite 2: Haldenwang und seine "Erzählungen"!

Das sind alles nachprüfbare Tatsachen, über die Beweis erhoben werden kann, durch Zeugenaussagen und Vorlage von Urkunden.

Wie ist jetzt in diesem Kontext die Aussage des Präsidenten des BfV Thomas Haldenwang am 22.05.2023 im „Morgenmagazin“ (ARD/ZDF) über die als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingeordnete AfD zu werten, die AfD verbreite die „Erzählung“, dass der Kreml den Angriffskrieg gegen die Ukraine auch deshalb führe, weil die eigenen Sicherheitsinteressen durch den Westen verletzt worden seien?

Und wieder in Bezug auf die AfD: "Indem aus Teilen dieser Partei heraus auch russische Narrative weitergegeben werden, weitergesteuert werden, trägt das dazu bei, dass Rechtsextremismus in Deutschland expandieren kann und auch in diesen Kreisen dann eben Putins Lied gesungen wird."

Dies erinnert in gewisser Weise an den Staatsanwalt in der Eingangsmetapher.

Jeffrey D. Sachs und allen anderen vorgenannten Persönlichkeiten in den USA und Deutschland singen also "Putins Lied" – und tragen demnach dazu bei, "dass Rechtsextremismus in Deutschland expandieren kann"? Das ist absurd.

Das BfV greift hier mit der beabsichtigten Meinungsunterdrückung in das Grundrecht der Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG ein. Denn die Äußerung Haldenwangs hat die Qualität einer polizeilichen Warnung, die präventiv auf die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung als Beitrag zur Ausbreitung des Rechtsextremismus in Deutschland gerichtet ist.

Dies ist dem BfV jedoch gesetzlich ausdrücklich untersagt, es greift damit unzulässig in die Polizei- und Ordnungshoheit der Länder ein.

Die Warnung ist daher bereits aus formellen Gründen rechtswidrig, wäre es aber auch aus materiellen Gründen, weil es hier an der erforderlichen Ermächtigungsgrundlage für einen derartigen Eingriff in das Grundrecht der Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG fehlt.

Zudem erweist sich die Warnung für einen verständigen Adressaten zugleich als Drohung mit einem empfindlichen Übel: Wer sich differenziert mit der Vorgeschichte des Ukraine-Krieges auseinandersetzt, riskiert eine Beobachtung durch das BfV und gerät dort in den Verdacht, der AfD und dem Rechtsextremismus nahezustehen. Das schüchtert viele ein.

Besonders relevant ist dabei, dass das BfV bei Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für rechtsextremistische Bestrebungen gesetzlich zur Beobachtung verpflichtet ist und keinen Ermessensspielraum mehr hat, unabhängig von der Frage, ob die oben genannte Meinung überhaupt etwas mit Rechtsextremismus zu tun hat.

Selbst nach der Definition von Rechtsextremismus, wie sie im Kompendium des BfV verwendet wird, lässt sich unschwer feststellen, dass dies keineswegs der Fall ist. Die Androhung eines empfindlichen Übels und die rechtswidrige Anmaßung polizeilicher Befugnisse, die dem BfV nicht zustehen, begründen zumindest den Anfangsverdacht, dass sich sein Präsident einer strafbaren Nötigung im Amt schuldig gemacht haben könnte.

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