Wie sicher sind die fünf zugelassenen Covid-19-Impfstoffe?

Eine aktuelle Übersicht über die schwerwiegenden Nebenwirkungen nach 14 Monaten Impfkampagne ergibt keine neuen Risikosignale

Der kürzlich vorgelegte aktuelle 18. Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) gibt Auskunft über Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach der Impfung zum Schutz vor Covid-19 mit den in Deutschland zugelassen Vakzinen seit Beginn der Impfkampagne am 27.12.2020 bis zum 31.03. 2022.

Berichtet wird über die beiden mRNA-Vakzine Comirnaty des Pharmakonzerns Biontech-Pfizer und Spikevax von Moderna und die beiden Vektor-Impfstoffe Vaxzevria von Astrazeneca und Covid-19-Vaccine Janssen von Johnson & Johnson (neuer Name: Jcovden).

Neben den vier genannten genetischen (genbasierten) Impfstoffen ist der proteinbasierte Impfstoff Nuvaxovid des US-Herstellers Novavax seit Ende Februar 2022 das fünfte in Deutschland zugelassene Vakzin gegen Covid-19.1

Der folgende Text ist eine gekürzte Fassung der wichtigsten Aspekte des 26-seitigen 18. Sicherheitsberichts und zugleich die Fortschreibung meines in Telepolis am 13.02.2022 erschienenen letzten Artikels zu dieser Thematik. Am Schluss folgt eine notwendige Ergänzung.

Zur Methodik des Sicherheitsberichts

Die regelmäßigen Sicherheitsberichte des PEI beruhen auf dem in Deutschland etablierten (passiven) Meldesystem über Nebenwirkungen und Impfkomplikationen nach Impfung mit Covid-19-Vakzinen, die die Gesundheitsämter und andere Institutionen entsprechend den Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes erhalten.2

Ärztinnen und Ärzte sind gesetzlich verpflichtet, Nebenwirkungen und Impfkomplikationen, das sind gesundheitliche Beschwerden, die über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehen und nicht evident auf andere Ursachen zurückzuführen sind, namentlich dem zuständigen Gesundheitsamt zu melden, das diese wiederum unverzüglich und in anonymisierter Form an das PEI weiterleitet.

Zusätzlich erhält das PEI Meldungen der Arzneimittelkommissionen der Apotheker und der Ärzte in Deutschland, der Datenbank der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) sowie direkt von Ärztinnen und Ärzten sowie Impflingen bzw. deren Angehörigen.

Das PEI fasst alle erhaltenen Meldungen zusammen, und zwar unabhängig von einem ursächlichen Zusammenhang mit der Impfung. So ist es im Sinne der frühzeitigen Erkennung von möglicherweise neuen Risikosignalen wichtig, die Meldeschwelle niedrig anzusetzen. Dies bedeutet, dass auch Meldungen in rein zeitlichem und nicht notwendigerweise ursächlichem Zusammenhang mit der Impfung bedeutsam sind.

Die Meldungen sind also zunächst ganz überwiegend Verdachtsfälle und müssen im Nachhinein hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs mit der Impfung bewertet werden.

Dazu führt das PEI im Rahmen der Erkennung möglicher neuer Risikosignale fortlaufend sogenannte "Observed-versus-Expected"- (O/E) - Analysen durch. Dabei wird die Häufigkeit der dem PEI nach Impfung gemeldeten unerwünschten Ereignisse mit den statistisch zufälligen und zu erwartenden Häufigkeiten in einer vergleichbaren nicht geimpften Bevölkerung verglichen.

Ergibt sich eine signifikant höhere Melderate für ein Ereignis nach Impfung, als es statistisch zufällig in einer vergleichbaren Population zu erwarten wäre, geht das PEI von einem Risikosignal aus (siehe auch Abschnitt "Signaldetektion", S. 22). Dieses muss dann durch zusätzliche, zumeist epidemiologische Studien weiter daraufhin untersucht werden, ob ein ursächlicher Zusammenhang mit der Impfung wahrscheinlich ist.

Das PEI führt zudem eine Befragung zur Verträglichkeit der Covid-19-Impfstoffe mit der SafeVac 2.0-App durch. Freiwillige Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden darin im Zeitraum von jeweils drei bzw. vier Wochen nach jeder Impfung bezüglich der Sicherheit von Covid-19-Impfstoffen bzw. sechs und zwölf Monate nach den Impfungen im Hinblick auf den Schutz vor der Erkrankung befragt.

Zahl der Impfungen und der Meldeergebnisse von Nebenwirkungen

In ihrem aktuellen Sicherheitsbericht gibt das PEI an, dass vom 27.12.2020 bis zum 31.03.2022 insgesamt 172.062.925 Impfungen zum Schutz vor Covid-19 durchgeführt wurden. Bei 73,3 Prozent der Impfdosen handelte es sich um Comirnaty, bei 17,1 Prozent um Spikevax, bei 7,4 Prozent um Vaxzevria, bei 2,1 Prozent um Jcovden und bei 0,1 Prozent um Nuvaxovid.

Im Berichtszeitraum wurden dem PEI 296.233 Verdachtsfälle von Nebenwirkungen oder Impfkomplikationen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung mit den fünf oben genannten Impfstoffen gemeldet.

Die Melderate betrug für alle Impfstoffe zusammen 1,7 Meldungen pro 1.000 Impfdosen und für schwerwiegende Reaktionen 0,2 Meldungen pro 1.000 Impfdosen. Die Melderate nach Booster-Impfungen mit Comirnaty oder Spikevax war niedriger als nach der Grundimmunisierung. Im Vergleich zum letzten Sicherheitsbericht wurde mit Daten bis zum 31.03.2022 kein neues Risikosignal identifiziert.

Die Gesamtmelderaten bzw. die Melderaten für schwerwiegende Nebenwirkungen pro 1.000 Impfdosen waren bei den einzelnen Impfstoffen unterschiedlich (siehe auch Abb. 1, S. 3): Bei Comirnaty betrugen diese 1,2 bzw. 0,2, bei Spikevax 1,7 bzw. 0,1, bei Vaxzevria 3,6 bzw. 0,5, bei Jcovden 2,6 bzw. 0,3 und bei Nuvaxovid 4,2 bzw. 0,3. Für den Impfstoff Nuvaxovid sind bisher wenige Verdachtsmeldungen eingegangen, daher ist die Melderate derzeit noch mit Vorsicht zu interpretieren.

Schweregrad der Nebenwirkungen

Wie in den bisherigen Artikeln zum Thema3 werden in der folgenden Darstellung nur die Verdachtsfälle von schwerwiegenden Nebenwirkungen nach der Impfung näher besprochen.

Nach § 4 des Arzneimittelgesetzes (AMG) sind Nebenwirkungen schädliche und unbeabsichtigte Reaktionen auf das Arzneimittel (siehe auch Abschnitt "Definitionen", S. 23).

Schwerwiegende Nebenwirkungen sind gemäß AMG Nebenwirkungen, die tödlich oder lebensbedrohend sind, eine stationäre Behandlung oder Verlängerung einer stationären Behandlung erforderlich machen, zu bleibender oder schwerwiegender Behinderung, Invalidität, kongenitalen Anomalien oder Geburtsfehlern führen. Diese Nebenwirkungen sind selten oder sehr selten (siehe unten).

Zusätzlich werden alle unerwünschten Reaktionen von besonderem Interesse (AESI) nach Covid-19-Impfstoffen als "schwerwiegend" klassifiziert, unabhängig von der gesetzlichen Definition für "schwerwiegend" im AMG. Insofern ist ein direkter Vergleich mit den Meldungen zu anderen Impfstoffen nicht möglich.

Nicht zu dieser Gruppe gehören die typischen und nach einer Impfung häufig bis sehr häufig auftretende nicht schwerwiegenden Nebenwirkungen wie Rötung, Schwellung und Schmerzen an der Impfstelle und auch Allgemeinreaktionen wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen und Unwohlsein, die auch die große Mehrzahl der oben gemeldeten Verdachtsfälle ausmachen.

Bei den Häufigkeitsangaben der Nebenwirkungen und Impfkomplikationen werden folgende Kategorien unterschieden, wobei sich die Angabe jeweils auf die Anzahl der Ereignisse pro Zahl der geimpften Personen bezieht:

  • sehr häufig (mehr als zehn Prozent);
  • häufig (ein bis zehn Prozent);
  • gelegentlich (0,1 bis ein Prozent);
  • selten (0,01 bis 0,1 Prozent);
  • sehr selten (weniger als 0,01 Prozent).

Somit bedeutet "sehr selten", dass eine Nebenwirkung oder Impfkomplikation bei weniger als einer Person bei 10.000 Geimpften beobachtet wird.

Übersicht über die bekannten schwerwiegende Nebenwirkungen

  • Überempfindlichkeitsreaktion, Angioödem, Gesichtsschwellung: allergische Reaktion; bei allen Impfstoffen möglich; Häufigkeit: gelegentlich.
  • Anaphylaxie: bei allen Impfstoffen möglich (siehe unten); Häufigkeit: sehr selten.
  • Myo- Perikarditis: bei Comirnaty und Spikevax; Häufigkeit: sehr selten; zahlenmäßig häufiger bei jungen Männern nach der 2. und weniger häufig nach der 3. Impfdosis (siehe unten).
  • Fazialisparese: bei Comirnaty, Spikevax, Vaxzevria; Häufigkeit: selten; bei mRNA-Impfstoffen wenige Fälle in den Phase-III-Zulassungsstudien, bei Vaxzevria Einzelfallberichte nach der Zulassung.
  • Zerebrale venöse Thrombose, Sinusvenenthrombose: bei Vaxzevria; Häufigkeit: sehr selten.
  • Venöse Thrombosen: bei Jcovden; Häufigkeit: selten.
  • Guillain-Barré-Syndrom: bei Vaxzevria, Jcovden; Häufigkeit: sehr selten.
  • Transverse Myelitis: bei Vaxzevria, Jcovden; Häufigkeit: unbekannt; Einzelfallberichte nach der Zulassung.
  • Immunthrombozytopenie: bei Vaxzevria, Jcovden, durch Autoantikörper gegen Thrombozyten; Häufigkeit: unbekannt.
  • Tinnitus: bei Jcovren; Häufigkeit: selten.
  • Schwellung des Gesichtes: bei Comirnaty, Spikevax; Häufigkeit: unbekannt; bei Personen mit Anamnese mit dermatologischen Füllstoffen.
  • Schub bei Capillary-Leak-Syndrom (CLS): bei Spikevax; Häufigkeit: unbekannt; sehr wenige Einzelfallberichte bei CLS-Patienten, bisher kein Todesfall; offenbar seltener und weniger schwerwiegend als Schub der Erkrankung in der Folge einer Sars-CoV-2-Infektion.
  • Capillary-Leck-Syndrom: bei Vaxzevria, Jcovden; Häufigkeit: unbekannt; sehr selten Berichte eines CLS, auch bei Patienten mit bekanntem CLS; Kontraindikation bei bekanntem CLS.
  • Parästhesie, Hypoästhesie: bei Comirnaty, Spikevax; Häufigkeit: bei Comirnaty unbekannt, bei Spikevax selten.
  • Erhöhter Blutdruck: bei Nuvaxovid; Häufigkeit: gelegentlich4

Besondere schwerwiegenden Nebenwirkungen

Hier soll noch einmal auf die beiden wichtigsten schwerwiegenden Nebenwirkungen, die anaphylaktischen Reaktionen und die Myokarditis und Perikarditis, näher eingegangen werden, mit denen bei der derzeitigen Impfpraxis, bei der in Deutschland (neben dem neuen Impfstoff Nuvaxovid) fast ausschließlich mRNA-Impfstoffe verwendet werden, am ehesten zu rechnen ist.

Anaphylaktische Reaktionen

Darunter versteht man eine akute, allergische Reaktion des Immunsystems auf wiederholte Zufuhr körperfremder Eiweißstoffe, die den gesamten Organismus betreffen können. Das Bild anaphylaktischer Reaktionen kann von leichten Hautreaktionen über Störungen von Organfunktionen bis zum anaphylaktischen Schock (Kreislaufschock mit möglichem Organversagen bis zum tödlichen Kreislaufversagen) reichen.

Hinsichtlich der diagnostischen Sicherheit werden anaphylaktische Reaktionen vom PEI nach der international akzeptierten Definition der Brighton Collaboration (BC), Level 1 bis 4, bewertet. Level 1 entspricht dem höchsten, Level 2 und 3 geringeren Graden der diagnostischen Sicherheit, Level 4 sind Meldungen eines Verdachts auf Anaphylaxie mit unvollständigen Angaben der klinischen Symptomatik. Anaphylaktische Reaktionen (BC-Level 1 bis 4) sind sehr selten beobachtete Nebenwirkungen der Covid-19-Impfstoffe Comirnaty, Spikevax, Vaxzevria und Jcovden (siehe auch oben).

Dabei ist die Melderate einer Anaphylaxie nach mRNA-Impfung bei weiblichen Impflingen insbesondere nach der ersten Dosis mit 0,98 Meldungen pro 100.000 Impfungen für Comirnaty und mit 1,07 pro 100.000 Impfungen nach Spikevax insgesamt höher als bei männlichen Impflingen und höher als bei nachfolgenden Impfungen.

Die Ergebnisse erster retrospektiver Studien weisen darauf hin, dass anaphylaktische Reaktionen vermutlich mehrheitlich nicht auf Immunglobulin-E-vermittelte allergische Sofortreaktionen zurückzuführen sind. Betroffene Patienten wurden in den Studien nach allergologischer Testung zumeist risikoarm erneut geimpft.

Über einen tödlichen Ausgang aufgrund einer Anaphylaxie nach Covid-19-Impfstoffen wurde in Deutschland bisher nicht berichtet.

Myokarditis und Perikarditis

Myokarditis ist eine Entzündung des Herzmuskels, die sich als Brustschmerzen, Herzklopfen und/oder Herzrhythmusstörungen bis hin zum Herzversagen äußern kann. Sie kann bei Kindern und Erwachsenen auftreten und ist bei jungen Männern häufiger als bei jungen Frauen.

Perikarditis ist eine Entzündung des Herzbeutels. Männer zwischen 20 und 50 Jahren scheinen das höchste Risiko für eine Perikarditis zu haben. Die Myo-/Perikarditis ist eine Kombination aus Myokarditis und Perikarditis.

Typischerweise treten erste Beschwerden innerhalb von wenigen Tagen nach der Impfung auf. Die publizierten Daten zeigen übereinstimmend, dass die ganz überwiegende Mehrheit der Patienten mit einer Myo-/Perikarditis nach Impfung mit mRNA-Impfstoffen einen blanden Verlauf aufweisen, gut auf Behandlung und Ruhe ansprechen und sich schnell besser fühlen, auch wenn im Einzelfall schwerwiegendere Verläufe mit tödlichem Ausgang beobachtet wurden.

Dem PEI wurden im Zeitraum vom 27.12.2020 bis 31.03.2022 insgesamt 2.026 Verdachtsfallmeldungen einer Myo-/und Perikarditis nach Comirnaty und 532 Verdachtsfallmeldungen nach Spikevax berichtet. Dies entspricht einer Melderate von 1,6 Verdachtsfälle pro 100.000 Impfdosen Comirnaty und 1,8 Verdachtsfälle pro 100.000 Impfdosen Spikevax.

Myo-/Perikarditis ist demnach eine sehr seltene Nebenwirkung von Comirnaty und Spikevax. Besonders betroffen sind junge Männer und männliche Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren nach der zweiten Dosis.

Daten aus mehreren Ländern, u. a. aus Deutschland, deuten darauf hin, dass das Risiko einer Myo-/Perikarditis bei jüngeren Menschen nach Spikevax höher als nach Comirnaty ist, weshalb die Ständige Impfkommission (Stiko) vorsorglich Comirnaty für Personen unter 30 Jahre empfiehlt.

Insgesamt 153 Meldungen einer Myo-/Perikarditis wurden dem PEI nach mRNA-Booster-Impfung berichtet, wobei mit Stand 31.03.2022 die Melderate einer Myo-/Perikarditis nach Booster-Impfung mit 0,3 Fälle pro 100.000 Impfdosen geringer ist als nach der Grundimmunisierung. Im Beobachtungszeitraum bis zum 31.03.2022 wurde dem PEI kein bestätigter Fall einer Myokarditis bei Kindern im Alter von 5 bis 11 Jahren berichtet. In zwei Fällen werden derzeit noch weitere Informationen eingeholt, da die klinische Beschreibung nicht ausreicht, um die initiale Verdachtsdiagnose einer Myokarditis zu bestätigen. Nach derzeitigem Kenntnisstand erfüllen die klinischen Befunde nicht die Falldefinition einer Myokarditis der Brighton Collaboration.

Unerwünschte Ereignisse bei Kindern und Jugendlichen

Comirnaty ist ab einem Alter von 5 Jahren und Spikevax ab einem Alter von 6 Jahren zugelassen. Die Stiko empfiehlt allen Kindern und Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren eine Covid-19-Impfung mit dem mRNA-Impfstoff Comirnaty.

Zusätzlich empfiehlt die Stiko Kindern im Alter von 5 bis 11 Jahren, die aufgrund von Vorerkrankungen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf der Covid-19-Erkrankung haben, die Impfung mit Comirnaty. Gleiches gilt für Kinder und Jugendliche ab 5 Jahren, in deren Umfeld sich Angehörige oder andere Kontaktpersonen mit hoher Gefährdung für einen schweren Covid-19-Verlauf befinden, die selbst nicht geimpft werden können oder bei denen der begründete Verdacht auf einen nicht ausreichenden Schutz nach Impfung besteht.

Die Covid-19-Impfung kann auch bei 5- bis 11-jährigen Kindern ohne Vorerkrankungen bei individuellem Wunsch von Kindern und Eltern bzw. Sorgeberechtigten nach ärztlicher Aufklärung erfolgen.

Dem PEI sind seit Beginn der Impfkampagne am 27.12.2020 insgesamt 5.862 Verdachtsfälle einer Nebenwirkung gemeldet worden, in denen bei Kindern und Jugendlichen nach Impfung mit Covid-19-Impfstoffen mindestens eine Impfreaktion berichtet worden ist.

Des Weiteren wurde in 186 Verdachtsmeldungen Kinder mit einem Covid-19-Impfstoff geimpft, die zum Zeitpunkt der Impfung jünger als 5 Jahre alt waren. Davon waren 124 Kinder zwischen 15 Monate und 4 Jahre alt. In 32 Verdachtsfallmeldungen wurde der Impfstoff nicht näher genannt.

Insgesamt 61 Verdachtsmeldungen beziehen sich auf Säuglinge, deren Mütter während der Stillzeit geimpft wurden. In einem Fall wurde berichtet, dass ein Neugeborenes einer geimpften Frau am Tag der Geburt verstarb. Auf Nachfrage konnte ermittelt werden, dass eine Plazentaablösung mit erheblicher Hämatombildung für die Komplikationen bei dem Neugeborenen verantwortlich waren.

Weitere Risikosignale unerwünschter Ereignisse

In Tabelle 6 (S.18/19) sind die Ergebnisse der oben angegeben O/E-Analysen von ausgewählten unerwünschten Ereignissen in verschiedenen Zeitintervallen von 7 bis 42 Tagen nach der Impfung dargestellt.

Für Apoplex (Schlaganfall), Herzinfarkt und Lungenembolie ergab sich für keinen der zugelassenen Impfstoffe ein Risikosignal.

Die Zahl der Meldungen einer Sinus-/Hirnvenenthrombose war nach Vaxzevria signifikant höher als der Erwartungswert in den definierten Zeitintervallen, nicht aber nach den anderen vier Impfstoffen.

Die Analyse weist auf ein Risikosignal einer Immunthrombozytopenie (ITP)/Thrombozytopenie (erniedrigte Zahl der Blutplättchen mit der Gefahr der Blutung bei Unterschreiten sehr niedriger Werte) bei Erwachsenen nach Vaxzevria und Jcovden hin. Die Immunthrombozytopenie ist eine in der Fachinformation beider Impfstoffe aufgeführte mögliche Nebenwirkung, deren Häufigkeit unbekannt ist (siehe oben).

Hinsichtlich des Risikosignals einer Immunthrombozytopenie nach Comirnaty ist die standadisierte Mortalitätsrate (standard mortality ratio- SMR) im Zeitfenster bis 14 Tagen bei Erwachsenen signifikant erhöht, nicht jedoch im Abstand von 30 oder 42 Tagen nach Impfung. Weitere Analysen, die nicht separat dargestellt werden, hätten ergeben, dass der Effekt insbesondere in der Altersgruppe der 18- bis 64-Jährigen zu beobachten ist. Wie diese Kalkulationen zu beurteilen sind, ist noch unklar.

Wichtig ist hier anzumerken, dass in nicht interventionellen Studien in Schottland und Israel, deren Aussagekraft robuster als die O/E-Analyse ist, kein erhöhtes Risiko einer ITP bzw. Thrombozytopenie nach Comirnaty festgestellt wurde. Insofern ist derzeit nicht von einem validen Signal einer Thrombozytopenie/ ITP nach Comirnaty auszugehen.

Nebenwirkungen nach Nuvaxovid

Seit der Zulassung dieses neuen Impfstoffs Ende Februar 2022 wurden dem PEI bis zum 31.03.2022 insgesamt 390 Verdachtsfälle von Nebenwirkungen berichtet.

Am häufigsten wurden Ermüdung (n = 92), Kopfschmerzen (n = 90), Schmerzen an der Injektionsstelle (n = 61) sowie andere in der Fachinformation genannte grippeähnliche Beschwerden und Allgemeinreaktionen berichtet. Zudem wurden Parästhesien (n = 21), Hypoästhesie (n = 5) und Gefühlsstörung (n = 1) gemeldet. Dabei handelte es sich also nicht um schwerwiegende Nebenwirkungen.

Drei Verdachtsfallmeldungen bezogen sich auf einen Herpes Zoster, davon ein Fall eines Herpes Zoster opticus. Eine Verdachtsfallmeldung beschreibt eine Fazialisparese (Gesichtslähmung).

Ausgang und tödlicher Verlauf der Nebenwirkung-Verdachts-fallmeldungen

Die Übersicht über den Ausgang der Nebenwirkung-Verdachtsfallmeldungen nach allen fünf zugelassenen Covid-19-Impfstoffen ergibt das folgende Bild (siehe auch Abbildung 4, S. 8): In 4 Prozent der Fälle wird ein bleibender Schaden angegeben, in 17 Prozent hat sich der Allgemeinzustand verbessert, 31 Prozent waren zum Zeitpunkt der Meldung noch nicht widerhergestellt und bei 33 Prozent ist der Ausgang unbekannt.

In ca. einem Prozent der Nebenwirkung-Verdachtsfallmeldungen (n = 2.810 Fälle) wurde ein tödlicher Verlauf in unterschiedlichem zeitlichem Abstand zu einer Covid-19-Impfung mitgeteilt. 116 Fälle wurden vom PEI als konsistent mit einem ursächlichen Zusammenhang mit der jeweiligen Covid-19-Impfung bewertet, d. h., es wurde ein wahrscheinlicher oder möglicher ursächlicher Zusammenhang festgestellt.

Ein Vergleich der Anzahl der gemeldeten Verdachtsfälle von Nebenwirkungen mit tödlichem Ausgang im Abstand von einem Tag bis 30 Tagen nach einer Covid-19-Impfung mit der im gleichen Zeitraum statistisch zufällig zu erwartenden Anzahl der Todesfälle (Daten des Statistischen Bundesamtes) ergab für keinen der fünf zugelassenen Covid-19-Impfstoffe ein Risikosignal. Dieses Ergebnis stimmt mit Literaturdaten überein.

Für den Impfstoff Nuvaxovid wurde kein Todesfall berichtet. Dies gilt auch für die Booster-Impfungen.

Da nicht in allen Meldungen der Abstand zwischen Impfung und ersten Symptomen bzw. dem Todeszeitpunkt mitgeteilt wurde, erfolgte eine weitere Analyse unter der Annahme, dass alle Todesfälle, auch solche mit unbekanntem oder sehr langem Abstand nach Impfung, in einem 30-Tage-Zeitfenster stattgefunden hätten. Auch hier zeigte sich bei keinem der fünf zugelassenen Covid-19-Impfstoffe ein Risikosignal für eine erhöhte Sterblichkeit nach Impfung.

Soweit eine kurze Zusammenfassung der Daten des 18. Sicherheitsberichtes des PEI vom 4.5.2022.

Notwendige Ergänzungen

Zu den bekannten, sehr seltenen Nebenwirkungen der mRNA-Impfstoffe Comirnaty und Spikevax zählen Myokarditis und Perikarditis. Das PEI berichtet im aktuellen Sicherheitsbericht über eine Gesamtmelderate von 1,6 Verdachtsfällen pro 100.000 Impfdosen Comirnaty und 1,8 Verdachtsfälle pro 100.000 Impfdosen Spikevax (siehe oben).

Myo-/Perikarditis ist demnach eine sehr seltene Nebenwirkung von Comirnaty und Spikevax. Besonders betroffen sind junge Männer und männliche Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren nach der zweiten Dosis.

Deshalb ist unverständlich, warum keine Hinweise auf entsprechende alters- und geschlechtsbezogene Melderaten für Myokarditis und Perikarditis nach mRNA-Impfstoffen in dem aktuellen Sicherheitsbericht aufgeführt sind. Das soll hier nachgeholt werden.

Die Melderate einer Myo-/Perikarditis ist für Comirnaty bei männlichen Jugendlichen und jungen Männern (18 bis 29 Jahre) ist nach der zweiten Impfung mit 8,97 bzw. 8,68 Fällen pro 100.000 Impfdosen am höchsten.5

Im Vergleich dazu ist die Melderate für weibliche Jugendliche und junge Frauen nach Comirnaty in der gleichen Altersgruppe mit 0,76 bzw. 1,53 Fälle pro 100.000 Impfdosen deutlich geringer.

Für Spikevax war die Melderate bei jungen Männern (18 bis 29 Jahre) nach der zweiten Dosis mit 25,60 Fällen pro 100.000 Impfungen am höchsten. Wegen der kleinen Fallzahl (n=3) war eine Berechnung der Melderate für 12 bis 17 Jahre alte Kinder und Jugendliche nicht sinnvoll.

Für junge Frauen (18 bis 29 Jahre) betrug die Melderate einer Myo-/Perikarditis nach zweiter Impfung 5,77 Fälle pro 100.000 Impfdosen. Nach der ersten Dosis wurde kein Fall bei weiblichen Jugendlichen berichtet.

Die Melderate sinkt für beide Impfstoffe und beide Geschlechter mit steigendem Alter. Daraus ließ sich eine Gesamtmelderate für alle Altersgruppen und alle Impfungen für Comirnaty mit 0,79 Fällen pro 100.000 Impfungen bei Frauen und 1,5 Fällen pro 100.000 Impfungen bei Männern kalkulieren.

Für Spikevax wurde eine Melderate von 1,28 Fällen pro 100.000 für Frauen bzw. 4,60 Fällen pro 100.000 Impfungen bei Männern kalkuliert. Die höhere Gesamtmelderate nach Spikevax beruht dabei vor allem auf der höheren Melderate bei jungen Erwachsenen.

Weitere Daten zu alters- und geschlechtsspezifischen Melderaten von Myokarditis und Perikarditis nach mRNA-Impfstoffen sind einer Studie zu entnehmen, die im August 2021 in der renommierten medizinischen US-Fachzeitschrift JAMA veröffentlicht wurden.6

Diese Daten stammen aus dem ebenfalls passiven Meldesystem Vaers in den USA und zeigen, dass die gemeldeten Fälle an Myokarditis nach der zweiten Impfdosis bei männlichen Kindern und Jugendlichen im Alter von 12 bis 15 Jahren (70,7 pro 1 Million Dosen Comirnaty), bei männlichen Jugendlichen im Alter von 16 bis 17 Jahren (105,9 pro 1 Million Dosen Comirnaty) und bei jungen Männern im Alter von 18 bis 24 Jahren (52,4 und 56,3 pro 1 Million Dosen Comirnaty bzw. Spikevax) am höchsten waren und die erwarteten Fälle (Hintergrundinzidenzen) um ein Vielfaches übertrafen.

Bei Beachtung des unterschiedlichen Bezugsrahmens der Meldungen stehen diese Daten von Vaers mit den oben angeführten Daten des passiven Meldesystems in Deutschland in guter Übereinstimmung.

Wenn man diese Daten der gemeldeten Fälle mit den erwarteten Fällen einer Myokarditis (Hintergrundinzidenzen; ohne vorherige Impfung) in Beziehung setzt, ergibt sich das folgende Bild:

Bei den 12- bis 15-Jährigen wurde nach Impfung mit Comirnaty die jeweilige Hintergrundinzidenz um das 133-fache, bei den 16- bis 17-Jährigen um das 79-fache, bei den 18- bis 24-Jährigen um das 30-fache und bei den 25- bis 29-Jährigen um das 12-fache übertroffen. Ab dem 50. Lebensjahr ergab sich bei den Männern kein Unterschied mehr zwischen den gemeldeten Fällen einer Myokarditis nach Impfung mit Comirnaty und den erwarteten Fällen.

Das Fazit dieser wichtigen Studie ist, dass das Risiko einer Myokarditis nach Gabe von mRNA-basierten Covid-19-Impfstoffen bei mehreren Personengruppen in Abhängigkeit von Alter und Geschlecht erhöht war.

Nach der zweiten Impfdosis war das Risiko bei männlichen Kindern und Jugendlichen und jungen Männern bis zum Alter von 30 Jahren am höchsten. Dieses Risiko sollte nach Meinung der Autoren dieser Studie im Zusammenhang mit dem Nutzen der Covid-19-Impfung betrachtet werden.

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen:

1. Die Empfehlung zur Durchführung einer Impfung zur Prävention gegen Covid-19 beruht vor allem auf einer individuellen Risiko-Nutzen-Abwägung. Dabei spielt die Sicherheit der Impfung eine entscheidende Rolle.

2. Da Art und Häufigkeit von schwerwiegenden Nebenwirkungen nach Impfung mit den beiden in der EU zugelassenen Vektor-Impfstoffen Vaxzevria und Jcovden gravierender zu beurteilen sind, ist es in Deutschland inzwischen zu einem faktischen Stopp der Verimpfung der beiden Vektor-Vakzine zugunsten der mRNA-Vakzine (und Novaxovid) gekommen.

3. Neue Risikosignale werden im aktuellen 18. Sicherheitsbericht nicht beschrieben. Neben sehr seltenen anaphylaktischen Reaktionen ist die wichtigste schwerwiegende Nebenwirkung der beiden mRNA-Impfstoffe Comirnaty und Spikevax das Auftreten einer Myokarditis und/oder Perikarditis nach der Impfung. Diese unerwünschte Wirkung tritt sehr selten auf und wird mit weniger als 1 Fall bei 10.000 Geimpften angegeben.

4. Sie ist bekanntlich bei männlichen Kindern und Jugendlichen und bei jungen Männern unter 30 Jahren, gemessen an den Hintergrundinzidenzen, deutlich häufiger, wie sich aus den von mir im Kapitel "Notwendige Ergänzungen" zusammengestellten alters- und geschlechtsspezifischen Melderaten ergibt.

5. Eine Konsequenz aus diesen Daten ist für mich, dass ich eine Impfung mit mRNA-Vakzinen gegen Covid-19 bei gesunden Kindern und Jugendlichen und ebenfalls auch bei gesunden Männern unter 30 Jahren weiterhin für fragwürdig halte.7

6. Dagegen fällt für ältere Erwachsene (z. B. ab 60 Jahren) und Personen mit Risikofaktoren für einen schweren Krankheitsverlauf unabhängig vom Lebensalter (z.B. chronische Herz-Kreislauf- und Lungenkrankheiten, Diabetes mellitus oder Adipositas) die Risiko-Nutzen-Abwägung eindeutig positiv zugunsten einer Impfempfehlung mit den mRNA-Vakzinen bzw. Novaxovid aus.

7. Wichtige Gesichtspunkte für diese Einschätzung ergeben sich auch aus einer aktuellen Analyse über die Auswirkungen der Impfungen auf das Corona-Sterbegeschehen.8 Dort wird gezeigt, dass hauptsächlich die über 60-Jährigen hinsichtlich der Lebenserwartung von der Impfung profitieren.

8. Zu den gemeldeten Todesfällen nach Covid-19-Impffungen: In ca. einem Prozent der Nebenwirkung-Verdachtsfallmeldungen, das entspricht 2.810 Fällen, wurde ein tödlicher Verlauf in unterschiedlichem zeitlichem Abstand zu einer Covid-19-Impfung mitgeteilt. In 116 Einzelfällen, in denen Patienten an bekannten schwerwiegenden Impf-Nebenwirkungen wie Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom (TTS), Blutungen aufgrund einer Immunthrombozytopenie oder Myokarditis im plausiblen Abstand zur jeweiligen Impfung verstorben sind, hat das PEI den ursächlichen Zusammenhang mit der jeweiligen Covid-19-Impfung als wahrscheinlich oder möglich bewertet. Diese Angaben stehen in Übereinstimmung mit bisherigen diesbezüglichen Meldungen von Seiten des PEI.9

9. Grundsätzlich ist anzumerken, dass es sich bei den angegebenen Melderaten der Nebenwirkungen um relativ "weiche" wissenschaftlichen Daten handelt, die von den etablierten Meldesystemen in Deutschland und anderen Ländern stammen. Es handelt sich um retrospektive Daten, die hinsichtlich der wissenschaftlichen Beweiskraft geringer zu bewerten sind als Daten aus prospektiven Studien.

10. Eine weitere Einschränkung bei der Interpretation der vorliegenden Daten ergibt sich daraus, dass von einer systemischen Untererfassung ("underreporting") der Meldungen ausgegangen werden muss. Wie groß diese Dunkelziffer tatsächlich ist, kann jedoch nicht seriös beantwortet werden. Es ist jedoch zu vermuten, dass schwerwiegende Nebenwirkungen wie eine Myokarditis oder solche, die kurz nach einer Impfung auftreten, eher gemeldet werden als leichte, erst spät auftretende Nebenwirkungen oder solche, bei denen die Ärztinnen und Ärzte keinen Zusammenhang mit der Impfung herstellen.10

11. Deshalb sind die Häufigkeitsangaben des PEI nicht in Stein gemeißelt, und es ist grundsätzlich zu begrüßen, wenn weitere wissenschaftliche Untersuchungen, auch mit anderen Forschungsmethoden, zur Frage der Häufigkeit von schwerwiegenden Nebenwirkungen nach Covid-19-Impfungen durchgeführt und vorgelegt werden.

Klaus-Dieter Kolenda, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin - Gastroenterologie, Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin/Sozialmedizin, war von 1985 bis 2006 Chefarzt einer Rehabilitationsklinik für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, der Atemwege, des Stoffwechsels und der Bewegungsorgane. Seit 1978 ist er als medizinischer Sachverständiger bei der Sozialgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein tätig. Zudem arbeitet er in der Kieler Gruppe der IPPNW e.V. (Internationale Ärztinnen und Ärzte für die Verhinderung des Atomkriegs und für soziale Verantwortung) mit. E-Mail: klaus-dieter.kolenda@gmx.de

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht.