Windenergie: Blockaden beim Klimaschutz

Windkraftanlage bei Petersdorf, Fehmarn, 2017. Bild: Superbass, CC BY-SA 4.0

Energie und Klima – kompakt, Teil 3: Die EU-Bevölkerung traut ihren Regierungen keinen Klimaschutz mehr zu und in Deutschland ist man bemüht, diese Negativerwartung nicht zu enttäuschen.

Über den Gaspreisdeckel, der aus gutem Grund in aller Munde ist, hatten wir dieser Tage bereits an anderer Stelle berichtet. Viele Verbraucherinnen wissen inzwischen kaum noch, wie sie ihre Rechnungen für Wärme und Strom bezahlen sollen. Für Strom soll eine ähnliche Lösung in Vorbereitung sein, wie das Handelsblatt schreibt, aber bisher ist nichts Genaueres bekannt. Wird sie ähnlich spät kommen, wie der Gasdeckel? Darüber ein anderes Mal mehr.

Auch hatten wir in den ersten beiden Teilen unserer wöchentlichen Kolumne bereits auf die unehrliche Empörung über Aktionen von Umweltaktivistinnen und -aktivisten sowie den Unwillen der EU-Mitglieder hingewiesen, ernsthaften Klimaschutz zu betreiben und die internationalen Verhandlungen voranzubringen.

Passend dazu hat eine im Auftrag der Europäischen Investment-Bank durchgeführte Umfrage in den EU-Mitgliedsländern durchgeführte Umfrage ergeben, dass 84 Prozent der EU-Bürger davon ausgehen, dass sich die Welt auf eine Klimakatastrophe zubewegt und 88 Prozent den Eindruck haben, ihre Regierung tue nicht genug dagegen. Das berichtet die Plattform Euractive.

Hierzulande wird das zu geringe Engagement von Parlament, Regierungen und Behörden nicht zuletzt bei der Windkraft sichtbar. Um diese soll es heute im dritten und letzten Teil unserer wöchentlichen Kolumne gehen. Seit einigen Jahren müssen für neue Windräder und größere Solaranlagen nicht nur die üblichen Genehmigungsverfahren durchlaufen werden, die mitunter sehr aufwendig und zeitintensiv sein können

Zusätzlich müssen die künftigen Betreiber im Anschluss in einem bundesweiten Ausschreibungsverfahren einen Zuschlag bekommen, wenn sie eine Förderung, das heißt, eine garantierte Einspeisevergütung haben wollen.

Die ausgeschriebenen Mengen sind begrenzt. Zwar hat die Ampelkoalition versprochen, die Ausschreibungsvolumen erheblich zu vergrößern, doch 2022 galten noch die alten Mengen. In diesem Jahr gab es bisher nur Zuschläge für 2,8 Gigawatt (GW) neue Windkraftleistung. Maximal 1,19 GW könnten mit der derzeit laufenden Dezember-Ausschreibung noch einmal hinzukommen.

Vergütung für Strom aus Windkraft ist eher ein Witz

Die Anlagen könnten dann in den nächsten Jahren gebaut werden und ihre Betreiber bekämen für den erzeugten Strom je nach Gebot 4,77 bis 5,88 Cent pro Kilowattstunde. Angesichts der derzeitigen Preise, die mit dem Strom an der Börse erzielt werden können, ist das eher ein Witz. Die Anlagenbetreiber müssten jedoch ganz auf gesicherte Einspeisevergütung verzichten und ihren Strom selbst vermarkten – was aufwendig ist –, wenn sie von den zurzeit hohen Börsenstrompreisen profitieren wollen.

Die Frage wird daher sein, ob angesichts der stark steigenden Preise für Rohstoffe und auch der absehbar zunehmenden Kosten für Arbeitskraft die Anlagen noch profitabel laufen können, denn einen Inflationsausgleich gibt es für Wind- und Solarstrom – anders als für Atomstrom in Großbritannien – nicht. Daher war die letzte Ausschreibungsrunde im September bereits erheblich unterzeichnet. Zuschläge für Windparks mit zusammen 1,32 GW Leistung waren zu vergeben gewesen, aber nur für 0,773 GW wurden Gebote eingereicht.

Dennoch wurde die Höchstgrenze auch in der Dezember-Ausschreibungsrunde nicht heraufgesetzt. Wer mehr als 5,88 Cent pro Kilowattstunde haben will, hat keine Chance einen Zuschlag zu bekommen, wie der Bundesverband Windenergie (BWE) kritisiert. BWE-Präsident Hermann Albers dazu:

Zwischen der Ausschreibung und der tatsächlichen Inbetriebnahme liegen mehr als zwei Jahre. In dieser Zeit können sich jedoch die Kosten für Komponenten, Bauleistungen oder Zinsen für Kredite stark verändern. Wir beobachten seit einiger Zeit eine regelrechte Explosion der Kosten entlang der gesamten Lieferkette. Ein starrer Höchstpreis ohne Möglichkeit zur nachträglichen Anpassung ist vor diesem Hintergrund nicht mehr zeitgemäß.

Auch sonst sind die bürokratischen Hindernisse für den Ausbau der Windenergie inzwischen gewaltig. Die Energie-Ökonomin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin weist darauf hin, dass derzeit Windkraftprojekte mit zusammen zehn GW Leistung in Genehmigungsverfahren stecken.

Mit diesen ließe sich vermutlich etwas mehr Strom erzeugen, als die drei letzten deutschen Atomkraftwerke in ihrer nun noch einmal um ein Vierteljahr verlängerten Laufzeit liefern werden. Warum redet alles über die Atomkraft, statt diese bereits durchgeplanten Windprojekte auf die Überholspur zu holen, fragt Kemfert.

Angesichts dieses offensichtlichen Unwillens der politischen Verantwortlichen fast aller Ebenen halten die Proteste für effektive und drastische Klimaschutzmaßnahmen weiter an. So bleibt noch zu erwähnen, dass die Jugendbewegung Fridays for Future ab heute in rund 20 deutschen Städten, Schulen und Universitäten besetzen will.

An der Göttinger Uni wurde bereits zu Beginn der Woche ein Anfang gemacht. Auch in Österreich und der Schweiz sind ähnliche Aktionen geplant. Außerdem hat das Klimacamp Augsburg am gestrigen Donnerstag den Sitz der dortigen Regierung von Schwaben (Bayerischer Regierungsbezirk) besetzt. Damit sollte gegen die Rodung eines ehemals geschützten Waldes protestiert werden, den die Regierung genehmigt hatte. Die Rodung ist inzwischen erfolgt, obwohl noch eine Klage gegen den Beschluss anhängig war.