"Wir kämpfen um kollektive Fragen, um universelle Rechte"
Die katalanische Journalistin Txell Bonet über den Prozess gegen katalanische Aktivisten und Politiker, ihr Mann Jordi Cuixart ist seit 17 Monaten in Untersuchungshaft
Die katalanische Journalistin Txell Bonet, die auch für den deutsch-französischen Fernsehsender Arte gearbeitet hat, verfolgt mit besonderer Aufmerksamkeit den Prozess, der gegen 12 katalanische Aktivisten und ehemalige Regierungsmitglieder seit sechs Wochen in der spanischen Hauptstadt Madrid geführt wird. Einst hatte Bonet selbst politische Gefangene im Gefängnis besucht und auch für Reportagen zu Myanmar die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi im Hausarrest interviewt. Seit eineinhalb Jahren ist sie aber selbst von Repression betroffen, denn sie ist die Frau des politischen Gefangenen Jordi Cuixart.
Nun wird sie von vielen internationalen Medien interviewt oder von der britischen BBC beim Besuch ihres inhaftierten Mannes ins Gefängnis begleitet. Denn auch der Präsident der Kulturorganisation Òmnium Cultural sitzt wegen angeblicher "Rebellion und Aufruhr" in Madrid auf der Anklagebank und seit 17 Monaten in Untersuchungshaft, weil er das Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien mitorganisiert hat. Dafür soll er nach Antrag der Staatsanwalt 17 Jahre ins Gefängnis. Die rechtsradikalen Nebenkläger der VOX-Partei fordern sogar 62 Jahre.
Sie haben früher selbst politische Gefangene interviewt, doch nun ist ihr eigener Ehemann inhaftiert. Wie erleben Sie das? Eine Sache ist, über solche Vorgänge zu berichten, eine andere, sie am eigenen Leib zu erfahren.
Txell Bonet.: Ich habe nun einen politischen Gefangenen im Haus, den ich liebend gerne zu Hause haben würde. Das ist ein Wortspiel, das die widersprüchliche Situation beschreibt. Es sind fast eineinhalb Jahre vergangen, eine lange Zeit und Jordi ist nun mit einer Haftforderung von 17 Jahren konfrontiert. Man muss sich klar sein, dass das ein Langstreckenlauf ist. Lässt man zu, dass einen diese Situation blockiert, kann man nicht gegen sie kämpfen. Es ist besser, diese Situation zu akzeptieren, um gegen sie kämpfen zu können. Glücklicherweise ist meine Stimmung stets gut und mein Partner ist sehr stark.
Aber die Inhaftierung war sehr hart, denn unser Kind war gerade sechs Monate alt und Jordi verpasst eine einzigartige Phase in unserem Leben, wie sein Kind zu krabbeln beginnt, zu laufen oder zu sprechen. 40 Minuten Besuch hinter einer Trennscheibe im Gefängnis in Madrid trennt natürlich auch stark. Es war physisch und mental zunächst eine harte Zeit, doch wir haben sie überwunden und sind an einem Punkt angelangt, dass auch die Inhaftierung unser Leben nicht stoppen kann. Egal, was passiert. Sie haben zwar eine Bombe in unserem Familienleben gezündet, aber wir werden sie trotz allem aufbauen.
Warum waren ihr Mann und Jordi Sànchez als Präsidenten von zivilgesellschaftlichen Organisationen die ersten, die im Herbst 2017 inhaftiert wurden?
Txell Bonet.: Es ist eine perverse Anklage. Sie werden dargestellt, als hätten sie die Massen kontrollieren wollen, um Gewalt zu schüren. Doch sie wurden wegen einer Demonstration inhaftiert, auf der zehntausende Menschen waren, und dafür, dass er mit anderen die Organisation eines Referendums über die Unabhängigkeit Kataloniens unterstützt hat. Aber das ist auch im spanischen Strafrecht kein Verbrechen. Noch weniger ist es ein Verbrechen, dass die Bevölkerung an politischen Prozessen demokratisch teilnimmt. Dafür wird er angeklagt, für die Ausübung ganz universeller Rechte, hinter denen viele, sehr viele Menschen stehen. Die Leute wollen sich ausdrücken, ihr Recht auf freie Meinungsäußerung, das Demonstrationsrecht und das Versammlungsrecht ausüben. Diese Rechte sollen kriminalisiert werden.
War die Inhaftierung der beiden Aktivisten nach dem Referendum so etwas wie eine Warnung aus Madrid vor verschärfter Repression, wenn tatsächlich die Unabhängigkeit erklärt wird?
Txell Bonet.: Es gibt eine große Angst vor der Kraft, die eine mobilisierte Bevölkerung entfalten kann. Die Menschen können die Zustände real verändern. Wenn sich die Frauen nicht aufgelehnt hätten, die Schwarzen, Homosexuellen, wenn es keine Streiks für den Achtstundentag gegeben hätte … Alle Rechte wurden von den Menschen auf den Straßen erkämpft, sie wurden uns niemals freiwillig zugestanden. Die Inhaftierungen waren der Ausdruck der Angst der Regierung in Madrid, vor so vielen Menschen auf den Straßen.
Was bedeutet es, dass ihr Ehemann vor Gericht kürzlich gesagt hat, dass sein Ziel nach der Verhaftung zunächst war, schnell wieder aus dem Gefängnis zu kommen, das aber nun nicht mehr seine Priorität ist?
Txell Bonet.: Er war sicher zunächst naiver, mit weniger Erfahrung, auch die spezielle Situation mit unserem Baby spielte hinein. Er hatte in all den Monaten im Gefängnis Zeit, um zu reflektieren. Er ist sich sehr bewusst darüber, dass wir für seine Freiheit nicht den Preis des Verlusts von Grundrechten bezahlen dürfen, die in Verbrechen verwandelt werden sollen. Wir können nicht zulassen, dass sie für junge Menschen und kommende Generationen zum Tabu werden.
Bei der Vernehmung im Prozess fragte ihn die Staatsanwaltschaft, ob er sich über die "Massivität der Proteste" bewusst gewesen sei. Aber welches andere Ziel haben Demonstrationen? Hört man sich die Fragen neutral an, stellt man fest, dass wir es mit einem grundlegenden Problem zu tun haben. Für die Staatsanwaltschaft sind Proteste und Demonstration etwas, was sich gegen die Demokratie richtet, was stört, vor allem wenn sie von großen Teilen der Bevölkerung getragen werden.
"Man kann nicht Millionen von Menschen einsperren"
Wie erleben Sie es, dass Ihr Partner für viele Jahre hinter Gittern verschwinden könnte?
Txell Bonet.: Ich unterstütze ihn. Für mich ist es wichtig, ihn zu verstehen und ihn nicht zu ändern. Klar hätte ich ihn lieber so schnell wie möglich bei mir, doch wir kämpfen hier um kollektive Fragen, um universelle Rechte. Über die wird nun zu Gericht gesessen. Wir müssen sie verteidige. Deshalb sage ich, dass man ein Langstreckenläufer sein muss. Wenn die Repression darauf die Reaktion ist, dann akzeptiere ich das und kämpfe dafür, aufzuzeigen, dass das eine Ungerechtigkeit ist. Das verteidige ich hier, in Europa und überall auf der Welt, denn wir vertreten keine kriminellen Ansichten. Das Gefängnis ist dafür gemacht, um dich über Repression von deinen Ideen abzubringen, um wieder heraus zu kommen. Doch obwohl Jordi nun vollkommen unter Kontrolle ist, kein Fenster, keine Tür aufmachen kann, ist er im Geist frei.
Wie sehen Sie den Prozessverlauf, rechnen Sie mit Verurteilungen?
Txell Bonet.: Ja. Aber, auch wenn mein Mann die nächsten 17 Jahre hinter Gittern verbringen muss, ist damit in Katalonien nichts gelöst. Man kann nicht Millionen von Menschen einsperren. Und die Meinung dieser Menschen hat sich nicht geändert. Das Gegenteil ist der Fall. Mein Partner wurde nur in seiner Ansicht bestätigt, dass wir über unsere Zukunft frei entscheiden müssen, dass unser Kampf legitim ist. Das Gefängnis ist keine Lösung. Es ist kein Problem der Justiz, sondern ein politisches Problem. Das kann nur per Dialog und demokratische Mechanismen und der Anerkennung der anderen Seite gelöst werden, wie man das in reifen Demokratien macht. Nicht mit Repression. Es ist nicht intelligent, die Leute zu zwingen, ihnen keine Optionen zu lassen. Das bezahlt man auf lange Sicht sehr teuer.
Sind Sie von dem Verhalten der europäischen Institutionen enttäuscht?
Txell Bonet.: Das ist sehr enttäuschend. Beim Referendum haben wir einen riesigen Akt des friedlichen zivilen Ungehorsams gesehen. Eigentlich könnten alle stolz darauf sein, dass sich die Menschen organisiert haben, um eine demokratische und friedliche Abstimmung durchzuführen, gegen die mit brutaler Gewalt vorgegangen wurde. Langfristig wird das anerkannt werden, dass es eine Errungenschaft der Bevölkerung war. Wirkliche Journalisten berichten auch, was hier passiert. Sie haben einen Instinkt für Vorgänge auf der Straße, die Veränderungen bringen, die lebendig sind.
Die Institutionen sind feige, setzen sich mit dem Problem nicht auseinander und machen es damit nur noch größer. In Spanien kann man das an der Instabilität gut sehen, den vielen Wahlen in wenigen Jahren. Probleme verbergen zu wollen, löst keine Probleme. Leider muss ich feststellen, dass es in Europa eine sehr starke Abhängigkeit von der Ökonomie gibt. Wäre Katalonien ein Schwellenland, neue Märkte mit billigen Arbeitskräften für den Kapitalismus, wie die baltischen Staaten einst, wäre Katalonien als neuer Staat willkommen. Auf der anderen Seite haben wir einen hoch verschuldeten spanischen Staat, mit einem großen ökonomischen Gewicht in Europa und damit ein kompliziertes Problem. Europa wird für sein Verhalten einen hohen Preis bezahlen. Spanien wird immer instabiler, wie auch das Anwachsen der Ultrarechten zeigt. Das ist eine Zeitbombe für Europa. Das ist sicher nicht das Europa, das wir wollen.
Was halten Sie davon, dass nicht nur ein Auftritt des ehemaligen katalanischen Regierungschef Carles Puigdemont im Europaparlament von Parlamentspräsident Antonio Tajani verboten wurde, sondern beinahe auch eine Ausstellung zur katalanischen Sprache?
Txell Bonet.: Da sehen wir, dass Vorgänge, die völlig normal sein müssten, dort ein Problem sind. Ein Grund dafür, dass eine Ausstellung fast verboten worden wäre, war, dass in Spanien Ende April Wahlen anstehen. Unsere Sprache ist keine offizielle Sprache in Europa, weil Spanien das nicht will, obwohl sie an 14. Stelle derer käme, die am meisten in der EU gesprochen werden. Wie kann jemand auf die Idee kommen, dass eine Ausstellung über eine Sprache und ihre Verwendung eine Beeinträchtigung der Wahlen bedeuten könnte? Käme jemand auf die Idee, so für Deutsch zu argumentieren oder für Lappisch in nordeuropäischen Ländern? Käme jemand auf die Idee, zu argumentieren, dass eine Ausstellung über gälische Sprache den Brexit beeinflussen könnte?
Wir können Sprachen, es handelt sich um Weltkulturerbe, nicht stigmatisieren oder kriminalisieren. Auch unsere Sprache ist einer der Reichtümer Europas. Alles als problematisch anzusehen, was mit der katalanischen Kultur zusammenhängt, ist für die katalanische Bevölkerung ein Grund zur Traurigkeit, da wir zu Menschen zweiter Klasse gemacht werden. Man denkt dann, wenn weder Spanien noch die europäischen Institutionen meine Sprache als erstklassig bewertet, dann brauchen wir ganz offensichtlich einen eigenen Staat, um unsere Sprache als legitim reklamieren zu können. Wir können in dem derzeitigen Rahmen nicht zufrieden sein, wenn er dir nicht die gleichen Rechte garantiert. Es gibt Sprachen, die in der EU von deutlich weniger Menschen gesprochen werden als die katalanische. Sie werden aber als erstrangig anerkannt. Unterschiedlichkeit wird als Problem, nicht als Reichtum gesehen. Damit verarmen wir.
"Wir sind nicht nur Objekte für einen ökonomischen Gewinn"
Glauben Sie, dass man in Europa Angst davor hat, dass das katalanische Beispiel Schule machen könnte? Wenn andere Bevölkerungen in Mitgliedsstaaten realisieren, dass man sich organisieren und darüber die Situation verändern kann?
Txell Bonet.: Das ist offensichtlich. Wir befinden uns in einer Situation, in der sich die Macht in den Händen multinationaler Unternehmen konzentriert und wir nur noch als Konsumenten und verwertbare Arbeitskräfte gesehen werden. Es gibt also auf der einen Seite eine Zusammenballung der Macht, während wir gleichzeitig dabei sind, unsere Erde zu zerstören. Deshalb trete ich für radikale Veränderungen ein. Wir sind nicht nur Objekte für einen ökonomischen Gewinn. Dagegen lehne ich mich auf. Wir haben schon jetzt gravierende Probleme mit dem Trinkwasser, der Qualität der Atemluft und wir werden in absehbarer Zeit, nicht in den kommenden Monaten, aber in den kommenden Jahren, eine Zuspitzung erleben. Wir müssen zum Beispiel unseren ökologischen Fußabdruck verringern.
Deshalb bin ich dafür, dass die Menschen gegen dieses System aufstehen und es verändern und eine andere Welt aufbauen. Wir befinden uns in einer Gesellschaft, die in einer tiefen Krise steckt. Uns bleibt nur die Möglichkeit, dagegen aufzustehen. Nehmen wir das Beispiel der Finanz- und Wirtschaftskrise. Nach den Zahlen sollen wir längst aus der Krise heraus sein. Doch wir sehen, dass von dem Wachstum nur eine kleine Gruppe profitiert. Der Masse, die Kaufkraft verloren hat, geht es weiter schlecht. In der globalisierten Welt kontrollieren sehr wenige ungeahnte Reichtümer und halten die Macht in ihren Händen. Statt dieser pyramidalen Struktur setze ich mich für eine horizontale solidarische und kooperative Struktur ein. Es bleibt der Masse deshalb nur eine breite Mobilisierung.
Gegen eine breite gesellschaftliche Mobilisierung, wird offensichtlich auch in Spanien eine Gegenoffensive gestartet. Es werden zum Beispiel faschistoide Parteien wie VOX mit Geldern aus dubiosen Quellen aufgebaut, die eine sehr vertikale Struktur haben, mit einem Führer, eine Teilnahme an Entscheidungen ist praktisch nicht möglich. In Andalusien hat sie schon viel Zuspruch erhalten. Wie sehen Sie das Phänomen angesichts der anstehenden Parlamentswahlen in Spanien am 28. April?
Txell Bonet.: Es ist eine sehr traurige Entwicklung. Aber über Katalonien und die Katalanen herzuziehen bringt Stimmen in anderen Regionen, wie wir bei den Wahlen in Andalusien gesehen haben. Wir haben es hier aber auch mit einer massiven Medienmanipulation zu tun, die gravierende Zustände beschönigt. Wir haben leider auch ein Problem, dass in Spanien für die Bildung nur sehr wenig Geld ausgegeben wird. Viele Menschen haben keinen Zugang zu einer vernünftigen Bildung und das hat natürlich auch Auswirkungen darauf, welche Parteien und Anführer gewählt werden.
Es kann leicht mit Angst gearbeitet werden. Die Angst vor den Einwanderern, die Angst vor der Verschiedenartigkeit ... Diese Parteien haben etwas gegen die Unterschiedlichkeit, gegen Rechte von Frauen und Homosexuellen. Sie sind rassistisch, machistisch und homophob. Ein zentraler Baustein, um das zu bekämpfen ist, mehr Geld für Bildung zur Verfügung zu stellen. Dazu kommt, dass uns freie Kommunikationsmedien fehlen. Sie befinden sich fast alle in der Hand von wenigen Gruppen und dahinter stehen Banken. Deshalb fehlt uns eine Berichterstattung, die frei von ökonomischen Interessen und von Machtinteressen ist.
Die Manipulation ist sehr stark. Eine Lüge, die immer wieder wiederholt wird, wird letztendlich oft geglaubt. Die 40 Jahre nach der 40-jährigen Diktatur reichen nicht aus, um in Spanien in der Bevölkerung eine wirkliche demokratische Mentalität zu haben. Man lebt weiter in Angst. Für viele Leute ist es weiter normal, dass Menschen von der Polizei verprügelt werden, weil es so auch unter Franco war. Deshalb wird auch nicht stark hinterfragt, warum die Katalanen für ein Referendum verprügelt wurden. In anderen Ländern wäre das sicher undenkbar. Es liegt noch eine lange Wegstrecke vor uns.
"Sie werden uns nicht kleinkriegen"
Haben sie trotz der massiven Repression Hoffnungen und könnte es sein, dass der Prozess gegen die Katalanen auch positive Effekte in der spanischen Gesellschaft zeitigt, da ja alle live im Fernsehen sehen können, um welche Farce es sich handelt und keine Beweise für die schweren Anschuldigungen vorgelegt werden können?
Txell Bonet.: Letztlich ordnen sich alle Verhältnisse. Die Sachen passieren nicht umsonst. Repression hat oft einen gegenteiligen Effekt. So wurde im vergangenen Jahr auf der Kunstausstellung Arco in Madrid ein Kunstwerk des katalanischen Künstlers Santiago Sierra zensiert. Dieses Kunstwerk hat danach erst eine ganz besondere Aufmerksamkeit erhalten. Man hat genau den umgekehrten Effekt von dem erreicht, was man eigentlich erreichen wollte.
Im Fall meines Partners ist das sehr ähnlich. Am Tag der großen Demonstrationen am 20. September 2017 hat niemand im Internet nach Jordi Cuixart gesucht. Er hatte auch dabei mit Jordi Sànchez eine vermittelnde Rolle eingenommen, letztlich lösten sie die Versammlung auf. Erst als er dafür wegen eines angeblichen Aufruhrs inhaftiert wurde, explodierten die Suchanfragen. Sie wurden erst durch das Gefängnis bekannt. Die Kulturorganisation, der er vorsteht, die noch in der Franco-Diktatur vor allem zur Unterstützung der katalanischen Sprache gegründet wurde, hat die Zahl der Mitglieder seit der Inhaftierung verdoppelt. Als mein Mann vom Staatsanwalt im Prozess befragt wurde, traten Òmnium Cultural am Tag darauf 10.000 neue Mitglieder bei. Mit der Kriminalisierung wird nur erreicht, dass die Organisation noch stärker unterstützt wird, auch wenn sie nicht angenehm ist.
Ist es nicht erstaunlich, dass alle Angeklagten gefragt werden, ob sie Mitglied in der Kulturorganisation sind? Nach meinen Erfahrungen im Baskenland, wo Parteien und Organisationen reihenweise verboten wurden, riecht das förmlich nach einem möglichen Verbot. Verurteilt man den Präsidenten wegen Rebellion oder Aufruhr, ist wohl das Verbot seiner Organisation schon angedacht.
Txell Bonet.: Die Organisation macht weiter eine gute Arbeit, die Mitglieder bezahlen ihre Beiträge und das konnte mit den Inhaftierungen nicht verhindert werden. Zudem führt mein Partner aus dem Gefängnis Òmnium Cultural weiter. Und die Organisation war in der Diktatur schon einmal verboten und man hat auch damals Mittel und Wege gefunden, um weiter zu machen. Sie werden uns nicht kleinkriegen.
Ist man in Katalonien besorgt, dass sich das andalusische Modell bei den Wahlen durchsetzen könnte, also die ultrakonservative Volkspartei (PP) mit der rechts-neoliberalen Ciudadanos (Cs) unter Unterstützung von VOX in ganz Spanien regiert, womit die die Repression sicher noch stärker würde? PP und Cs sprechen längst davon, Katalonien unter dauerhafte Zwangsverwaltung nach § 155 stellen zu wollen, das öffentliche-rechtliche Fernsehen zu kontrollieren ... VOX will die Autonomie ja sogar komplett abschaffen.
Txell Bonet.: Das ist natürlich kein angenehme Vorstellung, aber die Tatsache, dass diese Regierung diese Neuwahlen zu diesem Zeitpunkt ansetzen ließ, hat vielleicht damit zu tun, dass sie ein relatives Vertrauen darin hat, sie auch zu gewinnen. Man muss da sehr vorsichtig sein. Aber auch wenn das kommen würde, gäbe es eine Reaktion darauf. Auch die katalanische Sprache war viele Jahre verboten und wir haben sie lebendig erhalten. Ich bin all den Menschen sehr dankbar, die das geschafft haben, als ich noch nicht einmal geboren war. Und auch wenn die Repression stärker wird, müssen wir kämpfen. Erfolge stellen sich nicht sofort ein. Man muss ein Langstreckenläufer sein. Obwohl ich unter der Repression leide, sehe ich mich angesichts der starken Solidarität als eine vom Glück begünstigte Person. Ich sehe eher die positive Seite.
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